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Antidiskriminierungsstelle: Neue Umfrage zur Altersdiskriminierung

25.03.2025 - von Hanne Schweitzer

Heute stellt Ferda Ataman, die Unabhängige Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung eine neue Umfrage zur Diskriminierung wegen des Lebensalters vor. Auf die Reaktion gewisser Medien darf man gespannt sein. Als Ende Februar die CDU/CSU der Bundesregierung in einer Kleinen Anfrage 551 Fragen zur Finanzierung von Nichtregierungsorganisationen stellte, war das ein guter Anlass für Ulf Poschardt, dem Herausgeber von WELT, Politico und Business Insider, um auf Nichtregierungsorganisationen loszugehen. Sein Vorwurf: Sie seien dabei, "die Koordinaten gesellschaftlicher Debatten nach links zu verschieben." Wie die meisten Journalisten hierzulande gehört Poschardt zu denen, die auf dem rechten Auge blind sind und das Lied nicht kennen, mit dem Dieter Süverkrüp in den 60iger Jahren pfiffig auf Diffamierungen von rechts reagiert hat: „Und dann zieht der Kommunist die Unterwanderstiefel an und dann geht er an sein illegales Untertagwerk ran“...

Poschardt gab sich in seiner Polemik in der WELT nicht mit dem Runterputzen der von ihm links georteten NGO-Kultur zufrieden. Er tat auch noch kund, warum die FDP nicht mehr in den Bundestag gekommen war: "Ein Grund für die krachende Niederlage der FDP war auch, dass man den Vorturnern dieser Kultur in der Regierung Raum gab – so zum Beispiel mit einer Hass-und-Hetze-Expertin wie Ferda Ataman." Poschardt macht seine Verachtung des Amts und der Person Ferda Ataman ungeniert öffentlich. Ferda Ataman wurde 2022 vom Deutschen Bundestag für fünf Jahre zur Unabhängigen Bundesbeauftragten gewählt.
Diskriminierung, Hass und Hetze, der bundesrepublikanische Mißklang im März 2025.


Repräsentative Umfrage der Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) im März 2025 zeigt:
Benachteiligungen wegen des Alters vor allem im Arbeitsleben und im Gesundheitsbereich
Mehr als 8.600 Fälle wegen Altersdiskriminierung bei Antidiskriminierungsstelle eingegangen. Künftige Bundesregierung muss sich stärker für Antidiskriminierung und gegen Benachteiligungen wegen des Alters engagieren

45 Prozent der Menschen in Deutschland über 16 Jahren haben in ihrem Leben schon einmal Altersdiskriminierung erlebt. Bei den über 65-Jährigen war es jede dritte befrage Person (35 Prozent). Das sind die zentralen Ergebnisse einer aktuellen repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts GMS im Auftrag der Antidiskriminierungsstelle des Bundes.

Die Hälfte der Bevölkerung in Deutschland ist heute älter als 45 Jahre - eine Gruppe, die demographisch eher zunimmt. Der Umfrage zufolge erleben sie Benachteiligung vor allem im Arbeitsleben: 39 Prozent berichten von Altersdiskriminierungen im Zusammenhang mit Erwerbstätigkeit. 27 Prozent der Befragten erleben Altersdiskriminierung im Gesundheitsbereich, 24 Prozent bei Geschäften und Dienstleistungen. Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt haben 22 Prozent der Befragten erlebt. Auch die Digitalisierung führte laut Befragten zu Benachteiligungen (11 Prozent).

„Die Umfrage zeigt: Altersdiskriminierung ist ein größeres Problem, als uns bewusst ist“, sagte die Unabhängige Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung, Ferda Ataman, am Dienstag in Berlin. „Sie betrifft vor allem jüngere und ältere Menschen. Zwar ist Altersdiskriminierung gesetzlich verboten, aber das weiß kaum jemand. Die meisten Menschen machen die Diskriminierungserfahrungen mit sich alleine aus, statt sich Beratung zu holen und sich zu wehren." Ataman forderte ein gesellschaftliches Umdenken im Umgang mit Altersdiskriminierung: „Wir müssen über die negativen Altersbilder in unserer Gesellschaft reden: Noch immer glauben Menschen, ältere Kollegen am Arbeitsplatz seien eine Belastung.
Das ist Unsinn und schadet der Wirtschaft", sagte Ataman.

Die Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen (BAGSO), Dr. Regina Görner, sagte zu den Ergebnissen der Umfrage: „Dass so viele sich gerade im Gesundheitsbereich wegen ihres Alters diskriminiert fühlen, macht mich sehr betroffen, denn als kranker Mensch ist man ja ohnehin beeinträchtigt und immer abhängig von den Dienstleistern im Gesundheitswesen. Es gibt aber auch neue Diskriminierungserfahrungen durch die Digitalisierung: Wenn die Technologie - im Übrigen nicht nur für Ältere! - schlecht zugänglich ist, baut sie zusätzliche Hürden auf, insbesondere wenn analoge Angebote in vielen Lebensbereichen einfach gestrichen werden und Kommunikation nur noch über das Internet möglich ist. Dass man sich Hilfe suchen muss in Feldern, die man früher ohne fremde Unterstützung problemlos bewältigt hat, empfinden viele Ältere zu Recht als massive Rücksichtslosigkeit und als Entwertung ihrer Lebensleistung. Das kommt jetzt überall noch hinzu und wird ja mit dem Grundsatz "digital only" sogar zum politischen Programm erhoben. Das können wir als BAGSO nicht hinnehmen!"

Ataman und Görner riefen die künftige Bundesregierung dazu auf, sich stärker für Antidiskriminierung und gegen Benachteiligungen wegen des Alters zu engagieren. Konkret schlug die Unabhängige Bundesbeauftragte der künftigen Regierung vor, einen Nationalen Aktionsplan Antidiskriminierung vorzulegen, der Maßnahmen auch gegen Altersdiskriminierung bündelt. Darüber hinaus plädierte Ataman dafür, das AGG zu novellieren, um die Rechte von Betroffenen zu stärken. Außerdem sollten die Interessen und Grundrechte älterer Menschen bei der Digitalisierung und der Nutzung von Künstlicher Intelligenz konsequent geschützt werden. Ataman riet in diesem Zusammenhang dazu, öffentliche und private Dienstleistungen weiterhin auch analog anzubieten und entsprechende Forderungen der Seniorenorganisationen ernst zu nehmen. Zudem sollte das Verbot von Altersdiskriminierung im Grundgesetz verankert werden.

Für die repräsentative Befragung durch das Meinungsforschungsinstitut GMS wurden 2.004 Menschen in Deutschland befragt. Befragungszeitraum: 11. bis 16. März 2025, Methode: CATI Dual Frame Festnetz/Mobilfunk.


Was tun gegen Altersdiskriminierung?
Aus Sicht der Unabhängigen Bundesbeauftragten für Antidiskriminierung sollte die künftige
Bundesregierung klar und deutlich gegen Altersdiskriminierung eintreten und aktiv werden.
Folgende Maßnahmen sind dazu konkret notwendig:

1
Die Bundesregierung sollte ein umfassendes Paket zur Bekämpfung von Altersdiskriminierung im Rahmen eines Nationalen Aktionsplanes Antidiskriminierung vorlegen. Gegenstand des Aktionsplans ist auch eine Überprüfung der Regelungen, die Diskriminierungen aufgrund des Alters im Berufsalltag und in Ehrenämtern rechtfertigen.

2
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) muss reformiert werden. Um Diskriminierungen auf dem Arbeitsmarkt entgegenzuwirken, gehören die Möglichkeiten für Mindest- und Höchstaltersgrenzen auf den Prüfstand. Auch der Schutz vor Altersdiskriminierung bei der Wohnungssuche sollte gestärkt und altersbedingte Ablehnungen bei Kreditvergaben oder KfZ-Versicherungen müssen transparenter begründet werden.

3
Das Verbot von Altersdiskriminierung ist im Grundgesetz zu verankern. In Art. 3 Grundgesetz sollte „Lebensalter“ als Diskriminierungsgrund genannt und geschützt werden. Dies hat unter anderem zur Folge, dass alle gesetzlichen Regelungen einer kritischen diskriminierungssensiblen Prüfung unterzogen werden müssten.

4
Die Frist zur Geltendmachung von Ansprüchen im AGG muss auf zwölf Monate verlängert werden. Das gibt von Altersdiskriminierung Betroffenen mehr Zeit zur Beratung und Information als die bisherige, deutlich zu kurze Zweimonatsfrist.

5
Menschen vor digitaler Diskriminierung schützen: Die Interessen und Grundrechte älterer Menschen sind bei der Digitalisierung und der Nutzung von Künstlicher Intelligenz konsequent zu wahren. Dazu müssen die Forderungen der Senior*innenorganisationen ernst genommen und in Entwicklungen einbezogen werden. Um Teilhabe für alle zu sichern, sollten öffentliche und private Dienstleistungen weiterhin auch analog angeboten werden. Außerdem sollten Diskriminierungen durch automatisierte Entscheidungsprozesse („digitale Diskriminierung“) ausdrücklich als Anwendungsbereich ins AGG aufgenommen werden


|Altersdiskriminierung – Zu jung für Verantwortung, zu alt für Innovationen?
Deutschlandfunk unter: Link

Quelle: WELT, 13.3.2025, Büro gegen Altersdiskriminierung, ADS