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Versorgungsausgleich: Für Verstorbene zahlen?

01.01.2008 - von Hanne Schweitzer

Wie das manchmal so geht. Im Februar 1983 werden die Eheleute Hans und Lotte R. nach 28 Jahren rechtskräftig geschieden. Vom Amtsgericht wird ein Versorgungsausgleich durchgeführt. Wie die meisten Männer, so hat auch Herr R. während der gemeinsamen Ehejahre höhere Rentenanwartschaften erworben, als seine geschiedene Ehefrau. Nach dem 1977 von der sozial-liberalen Koalition eingeführten neuen Eherecht wird deshalb die Hälfte seiner höheren Rentenanwartschaften auf dem Rentenkonto seiner Ex-Ehefrau gutgeschrieben.
Einen Monat nach der Scheidung wird Herr R. in den Ruhestand versetzt. Von seiner Pension in Höhe von 868,-Euro werden nun Monat für Monat 375,-Euro (oder 30,21%) zugunsten seiner Ex-Ehefrau abgezogen. Das ist viel Geld, aber schließlich haben sie viele Jahre gemeinsam gelebt und gewirtschaftet und die Kinder großgezogen. Herr R. findet das ganz in Ordnung.
Jahre gehen ins Land. Eines Tages erfährt Herr R. durch Zufall, dass seine Ex-Ehefrau bereits 1991 verstorben ist.
Wie alle überraschenden Todesnachrichten ist das erst mal ein Schock. Später beginnt er sich zu wundern. Wie kann das sein? Arbeiten die Behörden so schlampig? Warum werden ihm jeden Monat 375 Euro abgezogen? Für seine Exfrau, die nicht mehr lebt. Wo ist das Geld geblieben, wer hat es eingesteckt?
Herr R. wendet sich ans Amt. Dort erfährt er, dass alles mit rechten Dingen zugeht. Die monatlichen Abzüge für den Versorgungsausgleich sind in Ordnung. Und dass er in den letzten Jahren annähernd 45.000 Euro für seine Frau gezahlt hat, das ist auch in Ordnung.
Ein Richter äußert Verständnis für das Unverständnis von Herrn R. und rät ihm ab, einen Prozess zu führen. Der Grund: Der Versorgungsausgleich gilt ein für allemal, ob tot oder lebendig. So stehe es nun mal im Gesetz. Er könne diesen Paragraphen zwar auch nicht verstehen, aber wie gesagt, Gesetz ist nun mal Gesetz, da seien ihm die Hände gebunden. Nur dann, wenn die Verstorbene gar nicht oder nicht länger als zwei Jahre eine Rente aus dem Versorgungsausgleich bezogen habe, würde seine monatliche Kürzung entfallen.
Das Büro Stoiber, an das sich Herr R. in seiner Not wendet, gratuliert ihm sogar. Herr R. solle doch stolz sein, dass er ein so guter Steuerzahler sei.
So zynisch reagiert man im Bundesministerium des Innern nicht. Herr R. bekommt schriftlich vom Ministerium erklärt: „Die Leistungen werden grundsätzlich auch gemindert, wenn an den Ausgleichsberechtigten keine Listungen mehr zu erbringen sind, weil er verstorben ist. Hierbei ist zu bedenken, dass die Kürzung gleichsam der Beitrag ist, den Sie dafür zu leisten haben, dass der Rentenversicherungsträger der Ex-Ehefrau Versicherungsschutz gewährt.“
Wieso "gewährt", fragt sich Herr R., meine Ex-Frau ist vor 13 Jahren verstorben. Verstorbene brauchen doch keinen Versicherungsschutz! Und was hat mein Versorgungsausgleich mit dem Versicherungsschutz zu tun? Der Gegenwert des Versorgungsausgleichs wurde doch auf dem Rentenkonto meiner Exfrau gutgeschrieben. Das Rentenkonto gibt es aber doch nicht mehr. Mit welchem Recht bereichert sich der Staat an unserem Versorgungsausgleich?
Es findet kein Ausgleich von Person zu Person statt“, erläutert ihm das Bundeseisenbahnvermögensamt, das jeden Monat seine Pension überweist und die 375 Versorgungsausgleich einbehält. Es sei die Rentenversicherung der verstorbenen Ex-Ehefrau, die vom Dienstherrn des Herrn R. den Ausgleich fordere.
Herr R. kann das nicht verstehen. Deshalb sucht er dringend Menschen in einer ähnlichen Situation für eine gemeinsame Klage.

Link: http://www.altersdiskriminierung.de/themen/artikel.php?id=2401
Quelle: Büro gegen Altersdiskriminierung