25.01.2010
Humboldt Forum Recht hat einen Beitrag von Professor Hans F. Zacher zum Thema "Universale Menschenrechte und die Wirklichkeit der globalen Welt - Das Beispiel der Kinderrechte -" veröffentlicht. Der Beitrag stellt positiv verfasste Kinderrechte dar und befasst sich insbesondere mit deren gesellschaftlichem Kontext;
Hans F. Zacher verfolgt bei seinen Ausführungen einen sozio-rechtlichen Ansatz und betont dabei die Grenzen, denen das Recht bei der Verwirklichung von Kinderrechten begegnet: Die Werte, die Kinderrechte meinen, werden weithin durch Lebensvollzüge verwirklicht, die das Recht nur marginal steuern kann. Letztlich sind es die Einzelnen und die Gemeinschaften, welche der Verwirklichung der Kinderrechte Gestalt geben, sie erfüllen oder sich ihnen verweigern.
Wo Kinderrechte also wirksam gestaltet werden sollen, ist das tatsächliche Umfeld des Kind-Seins grundlegend zu beachten: die besondere Distanz zwischen dem Kind und dem Recht; die Komplexität der Verhältnisse, in denen sich die Entwicklung des Kindes und seiner Rechte vollzieht (von der Individualität der Personen Mutter und Vater bis zur Anonymität der Gesellschaft und der Institutionen als Miterzieher); die Variabilität und Labilität der Verhältnisse, insbesondere der Beziehungen des Kindes zu den Eltern, die mit Blick auf den Zentralbegriff des „Kindeswohls“ zu betrachten sind; die Migrationsprobleme, die sich ergeben, wenn Kinder oder Eltern gemeinsam oder getrennt Grenzen überschreiten.
Der Autor stellt nach dem Aufriss der sozio-kulturellen Problemlage die Versuche einer grundrechtlichen Antwort dar. Dabei ist das Kind als spezifisches Subjekt von Grund- und Menschenrechten eine sehr späte Erscheinung. Die Versuche, eine universale Antwort zu geben, gehen bis in die 1920er Jahre zurück und kulminieren im Übereinkommen über die Rechte des Kindes von 1989; die dort enthaltenen Kinderrechte umfassen u.a. das Recht auf Leben, auf Identität und auf einen „angemessenen Lebensstandard“, daneben klassische Freiheitsrechte, Schutzrechte, Diskriminierungsverbote sowie Schutz bei transnationaler Wanderung und Trennung.
Das Übereinkommen ist nicht darauf angelegt, unmittelbar als innerstaatliches Recht zu gelten, die Staaten sind vielmehr völkerrechtlich verpflichtet, die „Rechte“ durch die innerstaatliche Praxis, insbesondere im innerstaatlichen Recht zu verwirklichen. Im Ergebnis bleibt die eigentliche Verantwortung dafür, ob die universale Ordnung der Kinderrechte greift, damit bei den einzelnen Staaten (vertiefend wird das Phänomen der Re-Partikularisierung angesprochen). Sie entscheiden darüber, ob sie dem Übereinkommen beitreten, vor allem aber: Sie entscheiden darüber, wie die Kinderrechte durch die Politik, durch das Recht und durch die administrative Praxis verwirklicht werden sollen und werden können.
Die Aufgabe, so Hans F. Zacher abschließend, das Gelingen und das Misslingen zu vermessen und die Vision einer Optimierung zu entwerfen, bleibt. Das Berichts-, Beratungs- und Empfehlungssystem des Übereinkommens muss gerade dieses Ziel verfolgen. Die Rechtsvergleichung ebenso wie die vergleichenden Sozialwissenschaften sollten das System dabei begleiten und ergänzen. Es kann schließlich auch nicht nur darum gehen, das rechtliche Instrumentarium zu verbessern. Die Wirklichkeit, in der Kinder aufwachsen, hängt von Verhältnissen ab, die Recht allein nicht herstellen, steuern und bewahren kann: Universale Menschenrechte werden mit universalem Recht allein nicht verwirklicht werden.
Den Aufsatz können Sie unter Linkabrufen. Für Fragen und Anregungen steht Ihnen das Humboldt Forum Recht jederzeit gern zur Verfügung. Link
Auf Einladung der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen
und Jugend, Kristina Köhler, treffen sich am Mittwoch, 27. Januar 2010 gut 50
Kinderschutz-Experten und -Expertinnen aus Ländern, Kommunen zu einem ersten Fachgespräch, um die Rahmenbedingungen für ein neues Kinderschutzgesetz abzustecken.
Erstveröffentlichung auf dieser Seite am 25.1.2010
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