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Pflichtjahr für Boomer-Senioren: Rentner an die Drohnen?

Foto: H.S.

23.08.2025 - von Hanne Schweitzer

Er ist Politikberater, er ist Professor für Makroökonomie an der Humboldt-Universität zu Berlin, und er ist Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Nun hat Marcel Fratzscher eine Idee des CDU Generalsekretärs Carsten Linnemann aufgegriffen: Er fordert: "Rentner sollten ein verpflichtendes soziales Jahr machen".

Der Ökonom fordert, die Alten stärker in die Pflicht zu nehmen. Rentner würden zu wenig arbeiten. Die Babyboomer hätten den Generationenvertrag gebrochen und würden die Kosten auf die Jungen abwälzen wollen, sagte er gegenüber dem Spiegel. Er fordert: "Rentner sollten ein verpflichtendes soziales Jahr machen".

Warum? Weil Rentner zu wenig arbeiten. Weil die Alten stärker in die Pflicht genommen werden müssen. Weil die Boomer, die zwischen 1946 und 1964 geboren wurden, den Generationenvertrag gebrochen haben weil sie keine Kinder haben wollten. Und nun fehlen Renteneinzahler und Arbeitskräfte. "Wieso sollten ausschließlich die Jungen für diese Lebensentscheidungen der Babyboomer geradestehen? Die Boomer selbst verweigern sich seit 20 Jahren dieser Verantwortung."

Das bisschen was die Alten an Pflegearbeit oder Kinderbetreuung machen, die paar Stündchen ehrenamtlicher Arbeit in Sportvereinen, im freiwilligen sozialen Jahr, in Pflegeheimen, Krankenhäusern oder bei der Freiwilligen Feuerwehr, das sind peanuts, das ist Pillepalle, das erwähnt Fratzscher nicht. ALles muss anders werden.

Wer den Generationenvertrag bricht, und Kosten auf die jüngere Generation abwälzen will, soll Buße tun und ein "verpflichtendes soziales Jahr" ableisten. Die Boomer, so Marcel Fratzscher, könnten sich "beispielsweise im Sozialbereich, aber auch bei der Verteidigung" nützlich machen! "Sie könnten beispielsweise technische Untersützung leisten."

Schließlich hätten früher hätten sechs Beitragszahler eine Rentnerin oder einen Rentner mit ihren Beiträgen zur Rentenversicherung abgesichert, bald würden es aber (wegen der kinderlosen Babyboomer), nur noch zwei sein. Und als ob in diesem Land nie über die Einführung einer Maschinensteuer debattiert worden wäre, "vergisst" der Professor zu erwähnen, dass trotz der Verringerung der Arbeitsplätze der Produktionsfortschritt durch die Automatisierung enorm gestiegen ist. Allerdings wurde und wird vom Profit, der durch Maschinenarbeit erzielt wird, nichts an die Rentenkasse überwiesen.

Der Landesvorsitzende des „Seniorenverbandes öffentlicher Dienst Baden-Württemberg“, Lautensack, bezeichnete den Vorstoß von Marcel Fratzscher als "dümmlich". Er wies darauf hin, dass in seinem Bundesland weit mehr als ein Drittel der Senioren ehrenamtlich tätig sind und in der Altersgruppe zwischen 65 und 74 sogar fast jeder Zweite.

Die Grünen sind anderer Meinung. Katharina Schulze, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bayerischen Landtag, fordert einen sechsmonatigen „Freiheitsdienst“ als Pflicht für alle zwischen 18 und 67 Jahren und zwar in den Bereichen Wehrdienst, Bevölkerungsschutz oder Gesellschaftsdienst.

„Ein Pflichtjahr bedeutet für mich, dass ein Notfall existiert. Das heißt: Deutschland wird in eine kriegerische Auseinandersetzung verwickelt, eine riesige Naturkatastrophe oder technische Katastrophe findet statt.“ Mit diesen Worten stellte der Soziologe Klaus
Hurrelmann in einem Interview mit dem NDR klar, worum es bei seiner Forderung, dass Seniorinnen und Senioren am Ende ihres Arbeitslebens einen Pflichtdienst leisten sollen, tatsächlich geht, schreibt Ulrike Frölich in der UZ.

Quelle: Euronews