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Psychotherapeuten: Videogespräche werden vergütet, Telefongespräche nicht

Foto: H.S.

16.07.2020 - von Gabriele Späh, Psychologische Psychotherapeutin

Ende März 2020 gab es in der Corona-Krise noch keine einheitliche Regelung in den Bereichen der Kassenärztlichen Vereinigungen darüber, ob PsychotherapeutInnen psychotherapeutische Leistungen per Telefon anbieten und abrechnen dürfen. So stand insbesondere eine Benachteiligung älterer Menschen im Raum, aber auch all jener, die nicht an digitaler Technik interessiert sind, nicht über die technischen Möglichkeiten verfügen und/oder dafür kein Geld übrig haben.

Das zweite Quartal 2020:
Bundesweit bestand im 2. Quartal die Möglichkeit, sogenannte Psychotherapeutische Gespräche (PTG) per Telefon, allerdings in einem geringen Umfang von max. 200 Minuten/Quartal, durchzuführen und abzurechnen. Dies galt jedoch nur für „bekannte“ PatientInnen, Neu-PatientInnen konnten so nicht versorgt werden. (1)

Diese telefonischen Leistungen wurden allerdings schlechter vergütet als Therapiesitzungen, so dass sich durchaus nicht unerhebliche Einkommenseinbußen ergeben haben für jene BehandlerInnen, die die Telefonkonsultation vermehrt eingesetzt haben.

Genehmigte Therapiesitzungen durften weiterhin nicht per Telefon stattfinden, sondern nur per Video. Sogar Erstgespräche und Probatorik konnten per Video stattfinden. Die noch im 1. Quartal geltende Begrenzung auf 20% der Gesamtleistungen wurde vorerst aufgehoben.

Das dritte Quartal 2020
Der Kassenärztliche Bundesverband (KBV) und der GKV-Spitzenverband haben den Einsatz von Videotherapien in unbegrenztem Umfang auf das dritte Quartal 2020 ausgedehnt. Nicht verlängert wurden Sonderregelungen zur Telefonkonsultation (Psychotherapeutische Gespräche). Nach Aussage der KBV haben die sinkenden Infektionszahlen dazu geführt, die telefonischen Therapien nicht weiter zu fördern. Denn, so der KBV in einer Pressemitteilung: „Wir wollen, dass die Patienten in die Praxen kommen und dringende Behandlungen, Kontrollen, Impfungen oder Früherkennungsuntersuchungen nicht länger aufschieben“.
Dazu Dieter Adler vom Berufsverband DPNW (Deutsches Psychotherapeuten Netzwerk): „Eigentlich ist es unlogisch, die Videotherapien weiterhin zu ermöglichen, die Telefontherapie aber nicht. Denn nicht alle Patienten haben die technischen Möglichkeiten oder eine gute Internetanbindung, um sich digital in Behandlung zu begeben. Ein Telefon hat hingegen jeder und kann dieses auch leicht bedienen.“ (2)

Alle Patienten, v. a. die älteren, die aus Schutzgründen nicht in die Praxis kommen können und nicht über die technischen oder persönlichen Voraussetzungen verfügen, sich in eine Videotherapie einzuschalten, sollten aber ausreichend versorgt werden können, ggf. auch per Telefon. Gerade für die älteren PatientInnen, wie auch für Menschen in schwierigen Verhältnissen, ist eine Videosprechstunde aus verschiedenen Gründen nicht möglich. Gerade die Älteren, selbst wenn sie einen PC besitzen, können sich nicht vorstellen, über dieses Medium mit ihrem Psychotherapeuten zu kommunizieren, das Telefon ist ihnen deutlich vertrauter.

Ich habe in der Praxis z.B. drei PatientInnen über 80 Jahre, die weder ein Smartphone noch einen PC besitzen.

Quellen:
(1) Link
(2) Link

Quelle: kbv.de, fair-news.de