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Was tun, Herr Müntefering?

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22.01.2019 - von Hartmut Jeromin

Da sitzen über 150 Senioren aus über 100 Verbänden und…halt, so wird das nichts! Sie wurden ja geladen und erschienen freiwillig, geladen von einer (ihrer) „Dachorganisation“, der BAGSO. Diese hat einen Haushalt in 2018 von 2,7 Mio €. Hat also Einnahmen und Ausgaben. Sie hat auch einen Vorstand, einen Expertenrat und sehr viele ehrenamtlich Mitwirkende. Und keine ganz unerfahrenen Sozialpolitiker im Vorstand…

Und sie hatten ja auch einen guten Bericht sowie gutes Programm für ihre Jahrestagung gemacht. Ich konnte viel lernen. Aber: In großen Abschnitten meines Lebens hatte ich nicht mitzubestimmen, nicht einmal mitzuwirken. Ich wurde einfach immer nicht gefragt. In entscheidenden Parametern ist das auch heute noch so, der Staat bestimmt, ich erlebe die Folgen. Bei der Rentengesetzgebung, bei der Gesundheitsgesetzgebung, Pflegegesetzgebung u.s.f.

Ich konnte nicht mitbestimmen. Das machen Andere für mich und nicht zu knapp, d.h. für mich schon. Wenn ich nur an die Besteuerung der Altersrente denke und ihre kalte Progression. Oder auch: Im Sozialtopf waren 2016 900 Mrd €, eingezahlt zu je einem Drittel von den Beteiligten –Unternehmern, Arbeitnehmern und dem Staat. Er zahlte also ca. 300 Mrd € ein mit der einen Hand, entnahm dem System aber gleichzeitig mit der anderen Hand an Steuern 770 Mrd €, will besagen von dem am Wirtschaftskreislauf Beteiligten. Vom Sozialsystem müssen z.Zt. 7,8 Mio Menschen in der Mindestsicherung versorgt werden, 21 Mio Rentner, 72 Mio in den Krankenversicherungen, 72 Mio in der Pflegeversicherung und 2,8 Mio. Arbeitslose. Und da wird wohl immer das Geld knapp sein. Und deshalb denke ich sofort auch an die versicherungsfremden Leistungen aus dem Sozialsystem. Wer wird je die Aufwendungen für Asylanten von den Verursachern dieser Fluchten zurückfordern und wieder in die richtigen Kassen füllen?

Und da legte Herr Müntefering nun seine Auffassung von Solidarsystemen dar: Jeder hilft sich selbst und anderen. Sehr liberal oder gar neoliberal? Also helfen und sich helfen lassen. Vom Staat nicht immer nur verlangen. Also die Defizite des Sozialstaates kostenneutral von den Senioren reparieren lassen? Der Staat sorgt dabei nur für Gleichheit, Gerechtigkeit, Gemeinnutz, und Rechtssicherheit? Schön wär‘s!

Nun plädieren Regierende schon lange für das Subsidiaritätsprinzip. Will heißen, es wird dort entschieden, wo die Sachkunde am größten ist, wo noch keine übergeordnete Instanz nötig wird. Natürlich nur in Randangelegenheiten und wenn es einer bestimmten Klientel nützte. Dadurch entstehen die neuen Formen der sozialen Kontakte. Denn der Mensch braucht zuvörderst den Menschen (Müntefering). Mag sein, aber wir leben nun schon etliche Zeit in arbeitsteiligen Sozialbezügen, sowohl im Arbeitsleben als auch davor und danach! Mitwirkung reicht nicht, das zeigt die Praxis. Ethik allein macht es eben auch nicht, da braucht es schon Kampf.

Und aus diesem Grunde kann ich mir vorstellen, dass über viele Themen der Gesellschaft eben die jeweils Betroffenen selbst bestimmen, also selbstbestimmt! Und wer sollte über Rentenfragen besser entscheiden, als die Rentner. Ganz gerecht und demokratisch! Es wäre den Versuch wert. Denn Lebenserfahrung ist durch nichts zu ersetzen! Der erste Schritt: Die Sozialwahl schafft das Gremium. Dann: Es gibt sich Regeln. 1. §: Alle Menschen sind gleich. Berechtigt und verpflichtet! 2. §: Niemand darf benachteiligt werden. 3 §: Frauen, Kinder Kranke, Alte zuerst. Letzter §: Jedem nach seinen Leistungen, wenn nötig, nach seinen Bedürfnissen. Ja, so könnte es gehen. Also, Herr Müntefering? Und dafür würde ich auch wieder nach Bonn reisen…

Das bricht der Demokratie keinen Zacken aus der Krone. Weil: Das Kapital, der Kapitalismus braucht die Demokratie nicht wirklich, es nutzt sie nur. Mittels z.B. Lobbyisten. Und Ministern. (s. M. Wissmann) Und „Dachorganisationen“. Und ein Seniorenparlament schafft aus Lebenserfahrung heraus ein Mindestmaß an Solidarität und Gerechtigkeit. Das ist für jede zivilisierte und sozial funktionierende Gesellschaft erforderlich. Und so könnte ein „Schuh“ daraus werden, Herr Müntefering. Und dann kann ich mir auch wieder Humanismus in diesen Bezügen vorstellen, meint Hartmut Jeromin in seinem 77. Lebensjahr.

Quelle: Hartmut Jeromin