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Älterendiskriminierung schon durch Gesundheits-Struktur-Gesetz von 1992

Köln, 2015 Foto: H.S.

22.06.2017 - von Albrecht Goeschel

Wer glaubt, die Diskriminierung der Älteren sei erst mit solchen Täuschungsmanövern wie der Riester-Rente etc. gekommen, der irrt. Wie es typisch ist für den so genannten Sozialstaat wurden die schlimmsten Gemeinheiten scheibchenweise, schrittweise, schleichend schon viel früher gestartet.

In diesem Zusammenhang muss unbedingt vom „Gesundheits-Struktur-Gesetz“ (GSG) des Jahres 1992 geredet werden. Dieses Gesetz war die bisher übelste Schreibtischtat das damaligen Gesundheitsministers Seehofer (CSU). Eifrig mitgeholfen bei dieser Verbesserung der „Sozialen Gerechtigkeit“ hat, wie üblich, die SPD.

Für die Älteren waren zwei Dinge besonders negativ:
Erstens war diese „Reform“ der Startschuss für die spätere Eliminierung der regionalen autonomen Orts-, Innungs- und Betriebskrankenkassen und deren Umwandlung in landesweite oder auch länderübergreifende Kassenkonzerne. Da war es dann bald Schluss mit der „Versichertennähe“.

Der zweite, noch schlimmere Schlag gegen die älteren Versicherten war die Eliminierung des Finanzausgleiches der vormaligen Krankenversicherung der Rentner.Statt dessen wurde ein so genannter allgemeiner „Risiko-Struktur-Ausgleich“ (RSA) für die gesamte Gesetzliche Krankenversicherung eingeführt. Die krankenversicherten Rentner und Rentnerinnen wurden dadurch deutlich schlechter gestellt.

Bis 1992 wurden die Krankheitskosten der Rentnerversicherten unter allen Krankenkassen ausgeglichen. Auf diesem Wege trugen Kassen mit relativ niedrigeren Rentnerkosten die Ausgaben von Kassen mit relativ höheren Rentnerkosten mit. Dieser Finanzausgleich sorgte dafür, dass alle Rentnerversicherten die notwendigen Gesund-heitsleistungen ohne besonderen Spardruck erhielten.

Der Risiko-Struktur-Ausgleich und sein Zweck
Der allgemeine Risiko-Struktur-Ausgleich hatte eine gänzlich andere Aufgabe: Er diente nicht der Sicherstellung der Leistungen für eine besonders leistungsbedürftige Versichertengruppe, sondern er diente der Aufrechterhaltung der privilegierten und längst obsoleten Sonderstellung der bundesweiten Ersatzkassen. Deren Existenz war Ursache für die zunehmenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten im Bereich der regionalen Orts-, Innungs- und Betriebskrankenkassen. Der „RSA“ diente zur Sicherstellung angeblicher Chancengleichheit zwischen den Kassenarten. Trotz immer neuer Änderungen an diesem RSA hat er diese Chancengleichheit zwischen den Kassenarten nicht und zwischen deren Versicherten schon gar nicht bewirkt. Er war und ist in Wahrheit nur ein Dauernebel, hinter dem Krankenkassenfunktionäre ungesehen Fürstengehälter einsacken und immer wieder diverse Betrugsmanöver von Krankenkassen zur Erhöhung von Ausgleichszahlungen bekannt werden. Von seiten gerade älterer Versicherter nehmen gleichzeitig die Klagen über Leistungsverweigerungen und Leistungsverschlechterungen der Krankenkassen kontinuierlich zu.

Der VDK-Bayern und seine Frau Mascher
Was die Sache für die älteren Versicherten besonders erschwert: In den 1990er Jahren war vor allem der Sozialverband VdK Bayern ein scharfer Kritiker der deutschen Gesundheits- und Sozialpolitik. Später, nach dem die Miterfinderin der Riester-Rente und auch der Mütter-Maut, Ulrike Mascher, „Vorsitzende“ des VdK Bayern und 2008 dann auch noch „Präsidentin“ des VdK Deutschland geworden war, verwandelte sich der VdK in eine willfährige Hilfstruppe der Angela Merkel (CDU) und ihres GroKo-Regimes. Mascher, die 10 Jahre als Betriebsratsvorsitzende bei der Allianz, und vier Jahre als Staatssekretärin beim SPD-Parteikollegen, Walter Riester, geschafft hatte, war maßgeblich am Design der Riester-Rente beteiligt.

Früher, vor Mascher, anno 1993 zum Beispiel, durfte auf dem jährlichen VdK-Forum im Tutzinger Schloss am Starnberger See, die Eliminierung des Rentnerfinanzausgleichs zu Gunsten der Ersatzkassenprivilegien noch kritisiert werden. Nützte aber nichts. Die wirtschaftlichen Vorteile der Ersatzkassen wurden so gut konserviert, dass sie sich bis heute gehalten haben. Ein knappes 1/4 Jahrhundert!

Albrecht Goeschel
Schlechte Risiken oder Zielgruppe für den Wettbewerb? Die Bedeutung der Älteren für Struktur und Konkurrenz der Krankenkassen Link
In:
Sozialverband VdK Bayern (Hrsg):
Die Organisationsreform der Krankenkassen: Eine Notwendigkeit und eine Herausforderung für die Älteren
München 1993

Albrecht Goeschel - Schlechte Risiken