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KFZ-Alterszuschläge: Staatssekretär Kelber, SPD, bekommt Post

Marrakesch, 2016, Foto: H.S.

14.02.2017 - von Dr. B. + Staatssekretär Kelber

In der Bundesregierung gibt es seit 2013 den Posten eines für den Verbraucherschutz zuständigen Parlamentarischen Staatssekretärs im "Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz" (BMJV). SPD-Mitglied Ulrich Kelber, Bundestagsabgordneter mit Wahlkreis in Bonn, ist seit vier Jahren der ranghöchste Verbraucherschützer (!) der Republik. An den Alterszuschlägen der Versicherungen findet er jedoch nichts auszusetzen und zuständig dafür ist er auch nicht.

Lesen Sie Auszüge aus der Korrespondenz zwischen dem staatlich beauftragten Verbraucherschützer Kelber und dem von ihm zu schützenden Verbraucher, Dr. B.

2.12.2016: Dr. B. an den Parlamentarischen Staatssekretär Kelber
Betreff: Alterszuschläge bei Versicherungen


Sehr geehrter Herr Parlamentarischer Staatssekretär Kelber!
Es geht mir um die für verschiedene Versicherungsarten erhobenen Alterszuschläge: Die HUK-Coburg (ebenso wie andere Versicherungen offensichtlich) hatte weder Ihre Versicherungsnehmer darüber informiert, noch ist sie in der Lage, Alterszuschläge mit Hilfe von Statistiken (z.B. des Statistischen Bundesamtes) zu belegen.

Mit E-Mail vom 15.11.2016 hatte ich Ihnen die Korrespondenz zwischen mir und der HUK-Coburg vom 6.-13.11.2016 zukommen lassen. Mit E-Mail vom 26.11.2016 hatte ich Ihnen mein Schreiben vom 26.11.2016 an die HUK-Coburg sowie das Schreiben der HUK-Coburg vom 17.11.2016.

Zwar habe ich von Ihnen bzw. von Ihrem Büro noch nichts vernommen, ich gehe aber begründet davon aus, dass Sie beide E-Mails bekommen habe. Als attachment übersende ich Ihnen das Schreiben der HUK-Coburg vom 28.11.2016.

Die Quintessenz der bisherigen Kommunikationmit der HUK-Coburg ist ganz offensichtlich:
1.
Der HUK-Coburg ist es eindeutig nicht gelungen, selbst mit Hilfe ihr genehmer statistischer Quellen einen inhaltlichen Beleg für die von ihr erhobenen Alterszuschläge zu präsentieren, bzw. diese inhaltlich/finanziell zu begründen.
2.
Deshalb weigert sich die HUK-Coburg nunmehr expressis verbis, statistische Belege oder auch nur öffentlich zugängliche statistische Quellen (z. B. des Statistischen Bundesamtes) aufzuführen. Es ist also offensichtlich,dass auch die HUK-Coburg weiß, dass die Alterszuschläge inhaltlich nicht zu begründen sind.
3.
Alles dies bezieht sich nicht nur auf die Kfz-Haftpflichtversicherung:
3.1.
Alterszuschläge erhebt die HUK-Coburg auch bei Unfallversicherungen. Statistische Begründungen hierfür verweigert die HUK-Coburg expressis verbis.
3.2.
In der Kaskoversicherung erhebt die HUK-Coburg ebenfalls Alterszuschläge. Statistische Begründungen werden natürlich nicht geliefert. Hier allerdings wird es geradezu grotesk: Die Erhebung von Alterszuschlägen sogar in der Teilkaskoversicherung lässt sich noch nicht einmal theoretisch rechtfertigen. Aufgrund der von der Teilkaskoversicherung abgedeckten Schadensarten ist davon auszugehen, dass es hier gar keine altersbedingte Schadenhäufigkeit geben kann. Allenfalls könnte dies für nächtliche Unfälle mit Haarwild gelten - allerdings fahren Versicherungsnehmer mit zunehmendem Alter bei Dunkelheit immer weniger nachts, sodass der bereits tagsüber zu beobachtende geringere Schadensverlauf (vgl. meine E-Mail an HUK-Coburg vom 13.11.2016) mit zunehmendem Alter bei dieser Schadensart noch viel deutlicher (in Form von deutlich geringeren Schadenszahlen) auftritt.

Bei der Teilkaskoversicherung wird noch offensichtlicher als bereits bei anderen Versicherungsarten, dass Alterszuschläge mit dem realen Schadensverlauf nichts zu tun haben, sondern lediglich der Erzielung zusätzlicher - nicht gerechtfertigter - Einnahmen dienen. Wie bereits in meinem Schreiben vom 13.11.2016/III.8. an die HUK-Coburg ausgeführt: „In einer Zeit, in der Versicherungsunternehmen einen heftigen Wettbewerb mit möglichst niedrigen Basistarifen austragen, drängt sich angesichts einer solchen inhaltlich völlig fehlgeschlagenen Vorgehensweise der der Verdacht auf, dass Versicherungen generell über die Erhebung von weniger öffentlichkeitswirksamen, sogar geschickt versteckten Zuschlägen zu zusätzlichen Einnahmen gelangen wollen - auch wenn die Unfallstatistiken dies gar nicht hergeben!“

Von Ihnen als dem in der Bundesregierung zuständigen Parlamentarischen Staatssekretär für Verbraucherschutz erhoffe ich mir eine inhaltliche Antwort, bzw. auch Aktivitäten in dieser Ihrer Funktion. Denn die von Versicherungen vorgebrachten Begründungen für Alterszuschläge vermögen einer näheren Überprüfung in keinerlei Hinsicht standzuhalten.

Vielen Dank im Voraus für Ihre Bemühungen!
Mit freundlichen Grüßen
Dr. B.


6.12.2016: Staatssekretär Kelber an den bei der HUK KFZ-Versicherten Autofahrer, Dr. B.
Betreff: Ihre E-Mails vom 15.11.2016, 26.11.2016 sowie 02.12.2016 an PSt Kelber bzgl. "von Versicherungen erhobene Alterszuschläge"


Sehr geehrter Herr Dr. B.,
vielen Dank für Ihre E-Mails vom 15. November 2016, 26. November sowie 2. Dezember 2016; Sie beklagen „Alterszuschläge“ in der Kfz-Haftpflichtversicherung. Ihre Verärgerung kann ich nachvollziehen; allerdings ist das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz nicht in einer Position, einzugreifen. Es gehört grundsätzlich nicht zu den Aufgaben des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz, Rechtsauskünfte oder rechtliche Ratschläge zu erteilen oder bei Rechtsstreitigkeiten in sonstiger Weise behilflich zu sein. Dies ist vielmehr den Angehörigen von rechtsberatenden Berufen, insbesondere den Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten vorbehalten. Besteht Streit zwischen zwei Vertragsparteien, etwa über die Rechtmäßigkeit einer Prämienkalkulation, der sich nicht außergerichtlich beilegen lässt, so ist letztlich der nach der jeweiligen Verfahrensordnung vorgesehene Rechtsweg zu beschreiten. Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat auf den Ausgang eines solchen Verfahrens – aufgrund der in der Verfassung verankerten Unabhängigkeit der Gerichte – keinen Einfluss. Vor diesem Hintergrund bitte ich um Verständnis, dass ich Ihnen in der von Ihnen geschilderten Angelegenheit nicht konkret behilflich sein kann.

Zur Rechtslage kann ich Ihnen Folgendes mitteilen: Die Prämienkalkulation in der Kfz-Haftpflichtversicherung ist nicht gesetzlich geregelt; es ist den Unternehmen überlassen, welche Parameter sie im Rahmen der Prämienkalkulation berücksichtigen möchten. Die Unternehmen dürfen auch das Alter des Versicherungsnehmers/Fahrers bei der Prämienkalkulation berücksichtigen; insbesondere für junge Fahrer ergeben sich relativ hohe Prämien.

Gewisse Grenzen, soweit es um die Berücksichtigung des Alters geht, ergeben sich aus dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG), das eine Diskriminierung wegen des Alters verbietet (§§ 19, 20 AGG). „Alterszuschläge“ allein deswegen, weil der Versicherungsnehmer ein bestimmtes Alter hat, sind unzulässig. Zulässig ist allerdings eine unterschiedliche Behandlung, wenn „diese auf anerkannten Prinzipien risikoadäquater Kalkulation beruht, insbesondere auf einer versicherungsmathematisch ermittelten Risikobewertung unter Heranziehung statistischer Erhebungen“. Die Versicherungsunternehmen verweisen auf derartige Statistiken.

Ich entnehme den Anlagen zu Ihrer E-Mail, dass Sie sich bereits zur Aussagekraft und Relevanz von einschlägigen statistischen Erhebungen – kritisch – geäußert haben. Diese Bedenken zu prüfen, ist wie gesagt Aufgabe der Gerichte. Ob Sie den Rechtsweg beschreiten sollten,könnten Sie zunächst mit einem Fachanwalt für Versicherungsrecht erörtern.

Auch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat gewisse Prüf- und Eingriffsbefugnisse; die BaFin haben Sie bereits eingeschaltet. Schließlich können Verbraucherzentralen Verstöße gegen gesetzliche Vorgaben – hier einen möglichen Verstoß gegen das AGG – aufgreifen und abmahnen. Für eine individuelle Beratung können Sie sich bspw. an die Verbraucherzentrale NRW (Beratungsstelle Bonn) unter
folgender Adresse wenden: ...
Ferner besteht die Möglichkeit, die Schlichtungsstelle des jeweiligen Versicherungsunternehmens – hier der HUK-Coburg – unter folgender Adresse anzurufen: ...
Mit freundlichem Gruß
unleserlich


15.1.2017: Dr. B. an den Parlamentarischen Staatssekretär Kelber
Betreff: von Versicherungen erhobene Alterszuschläge


Sehr geehrter Herr Parlamentarischer Staatssekretär Kelber!
Auf meine E-Mail vom 7. Dezember 2016 - als Antwort auf den unter Ihrem Namen versandten (offensichtlich weitgehend standardisierten) Brief vom 6.12.2016 - habe ich keine Antwort erhalten.

Ob mich das wundert? Nein! Absolut nicht! Ob Sie meine E-Mails vom 15.11.2016/26.2016/2.12.2016 und vom 7.12.2016 überhaupt zu sehen bekommen haben, sowie diese heutige zu sehen bekommen werden - da bin ich mir nicht so sicher.

Weitgehend ausschließen kann ich aber, dass Sie sich eine meiner E-Mails überhaupt durchgelesen haben - denn das hat ja offensichtlich noch nicht einmal die Person getan, die das unter Ihrem Namen verfasste Schreiben vom 6.12.2016 erstellt hat.

Dass Sie aber die ungerechtfertigte Erhebung von Alterszuschlägen in auch nur halbwegs relevantem Umfang interessiert - das allerdings kann ich mir aufgrund Ihrer bisherigen Reaktion kaum vorstellen. Ob Versicherungsunternehmen Sie mehr interessieren als große betroffene Bevölkerungsgruppen - ob dem so ist, bzw. warum dem so ist, das wäre sicherlich eine für breite Teil der Öffentlichkeit interessante Frage.

Die teilweise recht drastischen Formulierungen in meinem Freundes- und Bekanntenkreis zu Ihrem Schreiben vom 6.12.2016 möchte ich hier nur sehr begrenzt aufführen:

Es fiel allerdings mehrmals der Hinweis, dass ich eben nicht mit unternehmerischen Interessengruppen konkurrieren könne, die (z.B. über die SPD-Agentur „Network Media GmbH.“**; vgl. Bonner „General Anzeiger“, ZDF etc.) bestimmten Politikern - wie der Presse unwidersprochen zu entnehmen war - als so genanntes Sponsoring „relevante“ Beträge als Gegenleistung für einen Gesprächstermin oder ein „Arbeitsessen“ bezahlen würden. Das sei für bestimmte Politiker offensichtlich relevanter, als sich ein Schreiben auch nur genau anzusehen, das einen nicht geringen Teil der Wahlbevölkerung betreffe. Andererseits war man/frau dankbar, dass durch „bestimmte“ Politikerreaktionen die Wahlentscheidung bei der anstehenden Bundestagswahl 2017 etwas erleichtert würde. Vielleicht interessiere manche Parteien und Politiker auch nicht, dass weitere Wähler so frustriert würden, dass sie mit einem Protestwahlverhalten reagierten?

Ich habe mich immer dagegen gewandt, Politiker als „politische Klasse“ bzw. als „abgehoben“ zu bezeichnen. Aber manchmal wird einem das von Politikerseite doch sehr erschwert! Ihre Antwort spricht ja nun wirklich Bände.

Wie bereits in meiner E-Mail vom 7.12.2016 (vorletzter Absatz) ausgeführt: Sie können nicht auf der einen Seite auf einer Veranstaltung der Friedrich-Ebert-Stiftung „deutliche Worte“ finden zu der in der Bevölkerung teilweise vorhandenen Unzufriedenheit mit „denen da oben“ (das zu beklagen ist ja nun wirklich leicht!) - und dann ein Verhalten zum Ausdruck bringen, das jeden Populisten ob der Bestätigung seiner Vorurteile zu einem befriedigten Lächeln (und der Hoffnung auf weitere Wählerstimmen) veranlassen würde.

Warum macht es manchen Politikern eigentlich nichts aus, Wähler nicht nur von der eigenen Partei zu „entfernen“, sondern auch noch eine Bestätigung der Argumente von Populisten gleich mitzuliefern. Rational verstehen kann ich das nicht - vielleicht sollte ich das auch gar nicht?!

Ich erkenne bei der Frage der Alterszuschläge gewisse Parallelen zur von der Bundesregierung geplanten (Teil-)Privatisierung der Autobahnen - bei der ja wiederum Versicherungen zum Zuge gekommen wären! Und wiederum würde dies zu negativen finanziellen Konsequenzen für die Autofahrer führen, bei finanziellen Vorteilen nur für wenige unternehmerische „Anbieter“. Dass privat finanzierte Autobahnen und ähnliche Projekte den Steuerzahlern bzw. motorisierten Nutzern zusätzliche Kosten aufbürden im Vergleich zu vollständig öffentlich finanzierten - darauf wurde von Wirtschaftswissenschaftlern (und zwar überzeugten Marktwirtschaftlern!) spätestens seit ca. 1990 wiederholt hingewiesen, und ähnlich deutlich hatte sich der Bundesrechnungshof (BRH) im November 2016 geäußert.

Nach dem starken öffentlichen Protest dagegen ist eine generelle bzw. zumindest weitgehende Übertragung neuer Bau-, Ausbau- und Reparaturprojekte zwar erst einmal vom Tisch. Aber die daraufhin ins Auge gefasste Konstruktion von regionalen „Autobahngesellschaften“ (oder vielleicht auch einer einzigen, nationalen?) läuft nicht umsonst nach weit verbreiteter Medienmeinung letztlich auf eine (Teil-) Privatisierung - also eine bloße Modifikation des ursprünglichen, formell aufgegebenen Plans - hinaus.

In dem unter Ihrem Namen verfassten Schreiben vom 6.12.2016 waren mir bekanntlich „Vorschläge / Hilfestellungen“ unterbreitet worden, deren Erfolglosigkeit nun wirklich altbekannt ist, und wozu ich mich in einigen Fällen in meinen vorhergehenden Schreiben sogar bereits entsprechend geäußert hatte! Wie oben ausgeführt, war mein Freundes- und Bekanntenkreis ob so viel „Sachbezogenheit“ Ihres Schreibens vom 6.12.2016 „zutiefst beeindruckt“!

Inzwischen habe ich auch das Ergebnis der BaFin-„aufsichtsrechtlichen Prüfung“ (Schreiben vom 23.12.2017) bekommen. Es war sogar noch viel indiskutabler ausgefallen als zweifellos zu befürchten war:

Die für die „aufsichtsrechtliche Prüfung“ zuständige Frau Steffen reduzierte die Funktion der BaFin darauf, dass seitens der Versicherungsunternehmen alleine die „dauernde Erfüllbarkeit der Verträge gesichert“ sein muss - schön, das einmal so offen zu hören!
In meinem Schreiben vom 2.01.2017 an Frau Steffen/BaFin führte ich zwei Schlussfolgerungen auf, die sich aufgrund ihrer eigenen (!) entsprechenden Ausführungen für mich ergaben:
1.
Frau Steffen saß oder sitzt noch im Aufsichtsrat einer Versicherung, und hat die Alterszuschläge offensichtlich mit abgesegnet. Das aber heißt nichts anderes, als dass das Aufsichtsratsmitglied Steffen den Alterszuschlägen der Versicherungen zugestimmt hat - und nunmehr als Bafin-aufsichtsrechtliche Prüferin Steffen dem zustimmt, was sie das Aufsichtsratsmitglied Steffen eines Versicherungsunternehmens mit beschlossen hat. Sie kontrolliert sich also letztendlich selbst und trifft eine Kontrollentscheidung über das eigene Verhalten - rechtlich ein Unding! Hätte man mir so etwas vor Erhalt von Frau Steffens „aufsichtsrechtlicher Prüfung“/Schreiben vom 23.12.2016 gesagt, ich hätte es in Deutschland nicht für möglich gehalten - wohl aber in einer Parallelwelt oder ….
2.
Die letztendliche Nicht-Unterrichtung der Versicherungsnehmer über die Erhebung von Alterszuschlägen hat sie offensichtlich ebenso mitgetragen - und wiederum hält sie das Versicherungsverhalten und ihre Absegnung in ihrer Funktion als Aufsichtsratsmitglied für BaFin-aufsichtsrechtlich völlig in Ordnung. Bestimmte … lassen grüßen (vgl. vorstehend). Diesen - begründeten - Vermutungen von mir hat Frau Steffen (bisher) nicht widersprochen! Ansonsten erging sie sich in „inhaltlich alles andere als konkreten Formulierungen“ - deren Grundprinzipien mir allerdings schon aus meinem wirtschaftswissenschaftlichen Grundstudium vertraut sind, und deren Verletzung ich ja gerade der HUK-Coburg vorgeworfen hatte (was Frau Steffen aber entweder nicht bemerken wollte oder nicht zu bemerken vermochte, auf das sie auf jeden Fall nicht einging).

Mit freundlichen Grüßen
Dr. B.


16.1.2017: Dr. B. an den Parlamentarischen Staatssekretär Kelber
Betreff: Alterszuschläge bei Versicherungen:


Sehr geehrter Herr Parlamentarischer Staatssekretär Kelber!
Leider habe ich Ihre hinterlassene Nachricht auf meiner Mailbox gerade erst abgehört.
Mir vorzuwerfen, ich hätte

  • - Sie unter der Gürtellinien angegriffen,
  • - altbekannte Vorurteile gegen Politiker abgelassen,

  • das finde ich schon sehr merkwürdig - und es wird dem Inhalt meiner E-Mails an Sie nicht im mindesten gerecht. Und dann noch der Vorwurf, ich habe nur deshalb so überzogen reagiert, weil ich ‘mal meinen Willen nicht kommen habe - das muss sich in der Parallelwelt abgespielt haben.

    Es ging - wie meinen E-Mails zu entnehmen war - nicht um meinen Willen, und es ging noch nicht einmal primär um mich. Vielmehr ging es um alle diejenigen, die ungerechtfertigte Alterszuschläge bei ihren Versicherungen bezahlen. Und die wirklich drastischen Reaktionen aus meinem Freundes- und Bekanntenkreis hatte ich wohlweißlich weg gelassen.

    Interessant ist für mich natürlich, dass Sie sofort nach Erhalt meines gestrigen Schreibens versucht haben mich anzurufen - nachdem mein Schreiben vom 7.12.2016 völlig ohne Antwort blieb.

    Am liebsten wäre es mir, Sie würden mir schriftlich antworten (worauf ich ja schon lange genug warte!). Dann kann ich auch besser die Reaktion in meinem Freundes- und Bekanntenkreis austesten.
    Telefonisch am besten zu erreichen bin ich übrigens über meinen Festnetzanschluss.
    Mit freundlichen Grüßen
    Dr. B.


    22.1.2017: Dr. B. an den Parlamentarischen Staatssekretär Kelber
    Betreff: Alterszuschläge bei Versicherungen


    Sehr geehrter Herr Parlamentarischer Staatssekretär Kelber!
    Ihr mir zugemailtes Schreiben vom 20.01.2017 musste ich zwei Mal lesen, bevor ich den Inhalt glauben konnte! Die Reaktionen in meinem Freundes- und Bekanntenkreis bestanden aus Verwunderung, Fassungslosigkeit, Empörung und Zynismus. Manche Kommunikationen mit Politikern sind nun ‘mal ebenso „leer-reich“ wie lehrreich.

    Nach unserem überwiegend entspannt verlaufenden, trotz Ihres Flughafen-Aufenthaltes recht ausführlichem Telefonat vom 16.01.2017 schien es mir so, als ob ich auf meine vergangenen Schreiben endlich eine inhaltliche Antwort bekäme. Und wenn ich mich an dieses Telefonat recht erinnere, hatten Sie ja den sehr formalen Charakter Ihres Schreibens vom 6.12.2016 damit erklärt, dass Sie mir zunächst einmal alle formalen Möglichkeiten aufzeigen müssten. Das galt Ihrer Meinung nach sogar unter dem Aspekt, dass ich mehrere dieser Möglichkeiten bereits in meinen vorhergehenden Schreiben abgehandelt hatte.

    Und dann erhielt ich so etwas wie Ihr o.g. Schreiben vom 20.01.2017 …
    Wozu wir am 16.01.2017 überhaupt miteinander telefoniert haben, erschließt sich mir unter inhaltlichen Aspekten nicht (abgesehen von der Übermittlung Ihrer „deutlichen Verärgerung“ über meine E-Mails vom 15. und 16.01.2017).

    Politisch bin ich sehr enttäuscht von Ihnen in Ihrer Funktion als
  • - Parlamentarier („Die Interessen des deutschen Volkes …“) sowie als MdB für Bonn,
  • - für Verbraucherschutz (!) zuständiger Parlamentarischer Staatssekretär im „Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz“(!)/BMJV.


  • Die Interessen der Versicherungswirtschaft trotz deren misslungener statistischer Absicherung über die Interessen der sehr großen Gruppe älterer Kfz-Halter sowie über deren Interesse an fairen bzw. nachvollziehbaren Versicherungsbeiträgen so offen zu stellen - das hat sicherlich etwas „Besonderes“ an sich!

    Ich bin aber auch menschlich zutiefst enttäuscht von Ihnen - und zwar wegen der in meinen Augen großen Diskrepanz zwischen unserem konstruktiv verlaufenen Telefonat vom 16.01.2017 und Ihrem Schreiben vom 20.01.2017.

    Was unsere evtl. zukünftige Kommunikation angeht, bitte ich Sie daher,
  • - von hinterlassenen Nachrichten auf meiner Mailbox/auf meinem Anrufbeantworter sowie von Telefonaten mit mir Abstand zu nehmen - denn Ergebnis war lediglich die Artikulation Ihrer „deutlichen Verärgerung“ über meine E-Mails sowie ein Telefonat, das leider keine Entsprechung fand in Ihrem o.g. Schreiben vom 20.01.2017.
  • - von Schreiben mit der „Inhaltsschwere“ derer vom 6.12.2016 und 20.01.2017 ebenfalls Abstand zu nehmen; Schreiben mit einem konkreten Eingehen auf meine diversen Schreiben an Sie würde ich natürlich gerne erhalten; aber wenn dies weiterhin nicht möglich sein wird, dann sollten wir uns die Zeit und die „Verwunderung“ über weitere Schreiben von Ihnen besser ersparen.

  • Vom Ergebnis her hätten Sie doch Ihre beiden Schreiben vom 6.12.2016 und 20.01.2017 leichter und kürzer folgendermaßen zusammenfassen können:

    „Die Erhebung von Alterszuschlägen durch Versicherungen halte ich für gerechtfertigt. Dass Versicherungen dafür keine statistischen Belege anführen können, ist demgegenüber irrelevant. Dass das BaFin für nichts zuständig ist und alles von Versicherungen Kommende absegnet, unterstütze ich ebenfalls.“

    Die „personelle Verflechtung“ im BaFin* z. B. in der Person von Frau Steffen als Aufsichtsratsmitglied eines Versicherungsunternehmens sowie als BaFin-aufsichtsrechtliche Prüferin (sie kontrolliert letztlich sich selbst!) hatten Sie im Telefonat vom 16.01.2017 bereits damit gerechtfertigt, dass Bundesbehörden nun einmal Personal mit Fachkenntnissen brauchten. Ja, so kann man es sicherlich auch formulieren - hört sich wirklich „gut“ an, und ist garantiert sehr „verbraucherfreundlich“!

    Sicherlich gilt eine solche „verbraucherfreundliche“ Rechtfertigung von Ihrer Seite auch für andere Arten der „personellen Verflechtung“, wie sie die derzeitige Bundesregierung praktiziert: z.B. die Abordnung von Angestellten von Wirtschaftsverbänden etc. in die Ministerien und deren dortige inhaltliche Mitarbeit.

    Ihr letzter Absatz von S. 1 und Ihr erster Absatz von Seite 2 sind besonders „prädikatsverdächtig“:
  • - Im letzten Absatz von Seite 1 fassen Sie meine bisherige Argumentation kurz zusammen.
  • - Im ersten Absatz von Seite 2 stellen Sie die Rechtslage dar - die mir bekanntlich nicht unbekannt ist.

  • Meinen Sie wirklich, ich hätte Sie nur deshalb angeschrieben, um mir nicht unbekannte Darlegungen nunmehr als zwei Zusammenfassungen übersandt zu bekommen??? Dass diese beiden reinen Zusammenfassungen auch noch etwa die Hälfte Ihres Brieftextes ausmachen - was soll der mündige Bürger dazu sagen?

    Ob es Diskrepanzen zwischen Ihrer Zusammenfassung der Rechtslage und meiner Widerlegung der statistischen „Begründungen“ seitens der Versicherungen gibt - darauf gehen Sie mit keinem Wort ein.

    Ihren Satz „Dass der Gesetzgeber tätig werden muss, halte ich nicht für erforderlich.“ steht also weitgehend zusammenhanglos im Raum. Irgendwie macht aber Ihr gesamtes Schreiben vom 20.01.2017 einen zusammengewürfelten Eindruck, dem ganz einfach ein roter Faden fehlt. Nach inhaltlichen Aspekten sucht man sowieso vergebens.

    Sofern ich Sie in unserem Telefonat vom 16.01.2017 richtig verstanden habe, werden Sie bzw. Ihre Partei eine parlamentarische Initiative zur Einführung der (mir bereits seit den 1970er Jahren aus den USA bekannten) Verbands- bzw. Gruppenklage („class action suit“) ergreifen. In Ihrem Schreiben vom 20.01.2017 findet sich aber auch dazu leider nichts.

    Auf die von der Bundesregierung - und damit auch von Ihrer Partei - eingeleiteten verschiedenen Maßnahmen zur (Teil-)Privatisierung der Autobahnen sind Sie leider ebenfalls nicht eingegangen:
  • - Hier ist ja die zusätzliche finanzielle Belastung der Autofahrer nur ein Aspekt.
  • - Der andere Aspekt aber ist, dass sowohl Wirtschaftswissenschaftler (und zwar ausgewiesene Marktwirtschaftler!) als auch der Bundesrechnungshof (BRH) sich explizit gegen die zusätzliche Belastung des Bundeshaushaltes (und damit aller Steuerzahler!) ausgesprochen haben.

  • Gemäß dem letzten Absatz Ihres o.g. Schreibens fühlen Sie sich - als für Verbraucherschutz (!) zuständiger Parlamentarischer Staatssekretär im „Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz“(!)/BMJV - offenbar nicht zuständig für Angelegenheiten, die nachgeordnete Behörden anderer Ministerien (hier: BaFin) betreffen; und dies gilt offensichtlich sogar dann, wenn es sich um Verbraucherangelegenheiten im engeren Sinne handelt.

    Für mich stellt sich dadurch die Frage: Wofür genau sind Sie denn zuständig? Nur das Ministerium bzw. den Herrn Bundesminister gegenüber dem Deutschen Bundestag vertreten? Oder gibt es da vielleicht doch noch etwas mehr?

    Wie bereits in meiner E-Mail vom 7.12.2016 ausgeführt, gibt es in Deutschland keine weit verbreitete Politikverdrossenheit, wohl aber eine nicht irrelevante Verdrossenheit über Politiker und Parteien. Und für diese können die Bürger in wissenschaftlichen Umfragen (die Sie sicher auch kennen!) konkrete Sachgründe nennen. Es ist also primär eine Unzufriedenheit mit den Output-Leistungen des politischen Systems, die an den politischen Entscheidungsträgern - Parteien und Politikern - festgemacht wird.

    Die Vernachlässigung großer Bevölkerungsgruppen oder sogar der Bevölkerungsmehrheit zugunsten von Versicherungen und sonstiger „Interessen“ bei den Alterszuschlägen der Versicherungen und der (Teil-)Privatisierung der Autobahnen sind nur zwei Fälle.

    Dass bei Teilen der Bevölkerung aus dieser Vernachlässigung sowie aus dem Erkennen immer größerer Einkommensunterschiede zwischen unteren und oberen Einkommensgruppen (auch hierüber gibt es wissenschaftliche Untersuchungen, die Ihnen vermutlich nicht unbekannt sind) eine starke Unzufriedenheit mit „denen da oben“ wächst, darf Sie doch nicht wirklich verwundern. Zumindest in der Wissenschaft wird eine solche mögliche Reaktion schon lange in Überlegungen ebenso wie in Publikationen eingeschlossen.

    Ein Protestwahlverhalten bzw. die Unterstützung populistischer Organisationen bei Teilen der Unzufriedenen - und die Unzufriedenheit geht über die Zahl der Wähler populistischer Parteien weit hinaus! - darf also niemanden verwundern.

    Warum seitens vieler Politiker über Unzufriedenheit der Wähler, Protestwahlverhalten und Populismus immer wieder in herausgehobener Weise geklagt wird, aber gleichzeitig die von großen oder sogar von mehrheitlichen Bevölkerungsgruppen wahrgenommenen und auch artikulierten Missstände nicht beseitigt werden, sondern sogar noch neue politische Aktionen wie (Teil-)Privatisierung der Autobahnen und explizite Tolerierung der (durch keine Statistik belegten!) Alterszuschläge von Versicherungen hinzukommen

    - nun ja, vielleicht muss ich das glücklicherweise auch nicht verstehen!?
    Mit freundlichen Grüßen
    Dr. B.

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    *
    Wer die eingeschränkte Funktion der BaFin durchgesetzt hat ist derselbe, der das Desaster an der Spitze des seinerzeit geschaffenen Bundesgesundheitsamtes (BGA; 1952 - 1994) geschaffen hatte, und für die entsprechende (= Industrie konforme) Besetzung der Leitungsstelle sorgte: die jeweilige Bundesregierung (evtl. unter Beteiligung des Gesetzgebers Deutscher Bundestag). Diese Art von Behörden leisten eben das, was sie auch qua Gesetz bzw. qua Beschluss der Bundesregierung und qua Besetzung der Spitzenposition leisten sollen - und das kann eben manchmal zwischen fast nichts und herzlich wenig liegen.

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    Gegen Zahlung von 3.000 bis 7.000 Euro können Unternehmen oder andere Interessierte, Treffen mit SPD-Ministern, Staatssekretären und Parteifunktionären buchen. Organisiert werden die Termine mit SPD-Spitzenpolitikern über die SPD-Agentur Network Media GmbH (NWMD). Nach Frontal-21-Recherchen nahmen Justizminister Heiko Maas, Arbeitsministerin Andrea Nahles, Umweltministerin Barbara Hendricks, Familienministerin Manuela Schwesig, der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Oppermann, SPD-Generalsekretärin Katarina Barley, der Staatssekretär im Wirtschaftsministerium Matthias Machnig und der SPD-Bundestagsabgeordnete Hubertus Heil an Gesprächen mit dem SPD-Parteimagazin "vorwärts" teil.
    22.11.2016 ZDF Frontal 21 exclusiv.

    Link: KFZ-Alterszuschläge: HUK-Vorstandsprecher bekommt Post