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Diskriminierung: Umfrage der ADS 2016

Whittier, 2012 Foto: H.S.

19.04.2016

„Diskriminierung ist alles andere als ein Nischenthema“, sagte die Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, Christine Lüders, anlässlich der Vorstellung der Ergebnisse einer Umfrage zum Thema Diskriminierung.

Besonders häufig sind Benachteiligungen im Job
Fast die Hälfte der Befragten (48,9 Prozent), die Diskriminierung erlebt haben, berichten von Benachteiligung im Arbeitsleben. Das sind die zentralen Ergebnisse der umfassenden wissenschaftlichen Erhebung „Diskriminierung in Deutschland“ der Antidiskriminierungsstelle des Bundes.

Befragung basiert auf zwei Säulen
1. In einer repräsentativen Umfrage des Bielefelder Forschungsinstituts SOKO Institut für Sozialforschung und Kommunikation wurden rund 1.000 Personen ab 14 Jahren bundesweit telefonisch befragt. Diese Ergebnisse geben einen Überblick darüber, wie verbreitet Diskriminierung hierzulande ist.

2. In einer umfassenden schriftlichen Betroffenenbefragung, die von Anfang September bis Ende November 2015 lief, konnten überdies alle in Deutschland lebenden Menschen ab 14 Jahren über selbst erlebte oder beobachtete Diskriminierungserfahrungen berichten. Mehr als 18.000 Personen haben sich beteiligt und knapp 17.000 selbst erlebte Diskriminierungssituationen beschrieben. Die Umfrage wurde gemeinsam mit dem Berliner Institut für empirische Integrations- und Migrationsforschung (BIM) der Berliner Humboldt-Universität durchgeführt. Die Betroffenenbefragung ist die größte, die es bislang in Deutschland zu diesem Thema gegeben hat.

Ergebnisse der Repräsentativbefragung: Altersdiskriminierung am häufigsten
Befragt nach Diskriminierungen aufgrund eines der im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz genannten Merkmale (Alter, Behinderung, ethnische Herkunft, Geschlecht, Religion/Weltanschauung, sexuelle Identität), geben 31,4 Prozent der Befragten an, in den vergangenen zwei Jahren Benachteiligungen erlebt zu haben.
Wenn auch die vom Gesetz nicht geschützten Merkmale, etwa die „soziale Herkunft“, der Familienstand oder das Aussehen, hinzugezählt werden, berichten 35,6 Prozent von Diskriminierungserfahrungen.

Alter: Benachteiligungen aufgrund des Alters werden am häufigsten erlebt: Etwa jede siebte Person (14,8 Prozent) gibt an, hier Erfahrungen gemacht zu haben.
Geschlecht: Aufgrund des Geschlechts bzw. der Geschlechtsidentität wurde laut Befragung fast jede zehnte Person diskriminiert (9,2 Prozent).
Religion: Aufgrund der Religion oder Weltanschauung gaben (8,8 Prozent) Diskriminierungserfahrungen an.
Ethnische Herkunft: Aufgrund der ethnischen Herkunft berichteten 8,4 Prozent über Diskriminierung.
Behinderung Wegen einer Behinderung gaben 7,9 Prozent an, Diskriminierung erlebt zu haben.
Sexuelle Orientierung: Wegen ihrer sexuellen Orientierung berichteten 2,4 Prozent aller Befragten über Diskriminierung.

Ergebnisse der Betroffenenbefragung: Hohes Diskriminierungsrisiko im Arbeitsleben wegen des Alters und des Geschlechts
Die Teilnehmenden konnten ausführlich einzelne Diskriminierungserfahrungen schildern. Diskriminierung kommt in allen Lebensbereichen vor, besonders häufig jedoch beim Zugang zu Beschäftigung und am Arbeitsplatz. Von Benachteiligungen in diesem Bereich berichteten fast die Hälfte (48,9 Prozent) der Menschen, die in den vergangenen zwei Jahren Diskriminierung erlebt haben. Ein vertiefender Blick auf die Betroffenenbefragung zeigt, das Diskriminierungen im Arbeitsleben vergleichsweise häufig aufgrund des Lebensalters sowie des Geschlechts vorkommen.

Wegen ihrer sexuellen Orientierung oder aus rassistischen Gründen werden Menschen hingegen überdurchschnittlich häufig in der Öffentlichkeit und im Freizeitbereich diskriminiert: etwa auf der Straße, in öffentlichen Verkehrsmitteln oder in Sportvereinen.

Menschen mit Behinderungen oder Beeinträchtigungen gaben häufiger als andere Diskriminierungserfahrungen im Gesundheits- und Pflegebereich an.

Wer Diskriminierung erlebt, nimmt das nicht einfach hin Rund sechs von zehn Betroffenen (59,6 Prozent) haben auf Diskriminierung reagiert, etwa indem sie versuchten, öffentlich auf Diskriminierung aufmerksam zu machen oder Beratungsangebote genutzt haben. „Knapp zehn Jahre nach Inkrafttreten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes ist es höchste Zeit für eine rechtliche Stärkung der Menschen, die Diskriminierung erleben. Auch sollten wir jetzt eine Fortentwicklung des gesetzlichen Diskriminierungsschutzes in den Blick nehmen,“ sagte Lüders. Sie regte ein eigenes Klagerecht für Diskriminierungsverbände sowie für die Antidiskriminierungsstelle an: „Es muss endlich möglich sein, Betroffene vor Gericht effektiv zu unterstützen – wie es in vielen anderen europäischen Ländern längst möglich ist.“

Diskriminierungen haben Auswirkungen
Bisher ist nur wenig darüber bekannt, welche Auswirkungen Diskriminierungserfahrungen haben. Wie die Betroffenenbefragung zeigt, führen viele Benachteiligungserlebnisse zu seelischen Belastungen und Misstrauen, aber auch zu mehr Aufmerksamkeit gegenüber Diskriminierungen insgesamt.

Daten noch nicht vollständig ausgewertet
Ausführlicher gehen sie in den Bericht an den Deutschen Bundestag ein, den die Antidiskriminierungsstelle 2017 gemeinsam mit den Beauftragten der Bundesregierung vorlegen wird. In dem Bericht werden auch Handlungsempfehlungen für Politik und Praxis formuliert.

Link: EU: Ja zu mehr Diskriminierungsschutz
Quelle: PM ADS Berlin, 19. April 2016