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Daimler: 100. Ausgabe der Betriebszeitung alternative

31.10.2011 - von Prof. Dr. Wolfgang Däubler

Es gibt nicht viele Betriebszeitungen in der Republik. Das Schreiben ist nicht jedermanns Sache. Betriebsräte sind oft so mit Arbeit überhäuft, dass der Acht-Stunden-Tag zu einer
schönen Utopie wird. Und würde man überhaupt etwas bewirken?

Die alternative zeigt, dass es doch geht. Man kann Probleme aufgreifen und sie in die betriebliche Öffentlichkeit bringen. Wenn man die Kollegen hinter sich weiß, kann man auch eine kräftige Sprache wählen; deutliche Kritik erschüttert in den Köpfen der Leser („der traut sich das―) ein wenig die betriebliche Hierarchie.

Stoff gab es genug. Ich kam mit der alternative zum ersten Mal beim Datenschutz in Berührung. Es ging um die „Runden Tische―, wo u. a. das ausgebreitet wurde, was der Einzelne seinem Gruppenleiter in einem Vier-Augen-Gespräch erzählt
hatte. Das Fernsehen wollte berichten – ich muss gestehen, dass ich der Sache nicht viel Aussicht auf Erfolg gab. Aber die Sendung kam, und die Stuttgarter Zeitung brachte
gleichzeitig einen großen Artikel.

Erstaunlich, denn sie war nicht gerade dafür bekannt, sich besonders intensiv um Arbeitnehmerinteressen zu kümmern. Die Aufsichtsbehörde hüllte sich zunächst in Schweigen – na ja, sie untersteht dem Innenministerium, dachte ich, das ist ungefähr so, wie wenn man sich über den Teufel bei seiner Großmutter beschwert.

Doch es kam anders. Als Daimler die „Runden Tische― nicht wirklich ändern wollte, erging ein Bescheid, der die Firma zu einem Neuanfang zwang. Allerdings hatte es sehr lange
gedauert – die Aufsichtsbehörde bestand aus ganzen zwei Personen, die rund um die Uhr mit dem Fall Lidl befasst waren. Erst als dieser abgearbeitet war, konnte man sich um die „Runden Tische“ kümmern.

Ich erzähle das Beispiel in vielen Betriebsräteschulungen, um anderen Mut zu machen. Bei den „Verhaltensrichtlinien“ ist es ähnlich – der GBR hat ihnen die Giftzähne gezogen. Dies ging nicht durch Verhandeln im stillen Kämmerlein. Auch
da war die „Alternative― aktiv und sorgte für Gesprächsstoff und das nötige Problembewusstsein bei den
Kollegen.

Auf die nächsten 100 Ausgaben!


(Wolfgang Däubler, Professor für Arbeitsrecht,
ist d e r juristische Experte mit gewerkschafts– und arbeitnehmerfreundlicher Rechtsauffassung und Verfasser von
Standardwerken zum Arbeitskampf– und Betriebsverfassungsrecht.)

Link: Daimler: Jubliäumszahlung uneinheitlich…
Quelle: alternative 100

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