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Altersdiskriminierung: Landratskandidat ficht Wahl an

12.02.2010 - von Hanne Schweitzer

Gute Voraussetzungen, seine Nichtwahl wegen Altersdiskriminierung anzufechten, hat der Rechtsanwalt Schroer. Der über 60 Jährige hatte sich um den Posten eines Landrats in Pinneberg beworben, konnte aber nicht ein einziges Vorstellungsgespräch führen. Er ist älter, als die willkürlich festgelegte Altersgrenze für LandratskandidatInnen. Nun fordert er Schadenersatz und Schmerzensgeld und für eine Anfechtung der Landratswahl hält er sich bereit. Hintergrund:
In Pinneberg wurde ein neuer Landrat oder eine Landrätin als Kommunalaufsichtsbehörde gesucht. Insgesamt hatten 29 Bewerber und Bewerberinnen ihre Unterlagen zur Teilnahme am Auswahlverfahren für die Direktwahl eingereicht. Zum Landrat kann gewählt werden, wer die Wählbarkeit zum Deutschen Bundestag und die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Union besitzt. Ausserdem gilt für die Direktwahl eine Altersgrenze. Bewerber um das Amt müssen am Wahltag mindestens 27 Jahre alt sein, und dürfen bei der Erstwahl nicht älter als 60 Jahre alt sein. So steht es in § 57 der Gemeindeordnung für Schleswig-Holstein in der Fassung vom 28. Februar 2003.

Paragraf 57 und die darin enthaltene Altersgrenze fochten den Bewerber Hansjoachim Schröer nicht an. Der 65Jährige Rechtsanwalt mit Kanzlei in Pinneberg hatte sich trotz seiner 65 Lebensjahre als Landrat beworben. Für ihn sind die Qualitäten und Kennntisse eines Kandidaten wichtiger, als das Alter. Die Frage, die es zu klären gilt lautet: Ist diese Altersgrenze rechtswidrig und vor dem Hintergrund des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes altersdiskriminierend?

Universitätsprofessor Dr. Professor Igl zitiert dazu in seinem Gutachten "Altersgrenzen und gesellschaftliche Teilhabe", erstellt im Auftrag des BMFSFJ Juni 2009, den Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz. Der hat sich über Altersgrenzen für kommunale Wahlbeamte wie folgt geäußert: "Allerdings ist der Gesetzgeber nicht gehindert, eine einmal getroffene Einschätzung hinsichtlich der Erforderlichkeit einer Altersgrenzenregelung zu überdenken. Hierfür mögen neuere Erkenntnisse der Medizin und Altersforschung einen Anlass bieten. Entsprechende Schlussfolgerungen sind jedoch nicht verfassungsrechtlich zwingend vorgegeben, zumal die Festlegung von Altersgrenzen nicht nur durch die Erwägung bestimmt werden muss, eine kontinuierliche und effektive Amtsführung zu gewährleisten. Vielmehr ist ebenso die Absicht zulässig, einer Überalterung entgegenzuwirken und innovatives Handeln zu fördern wie auch Zukunftschancen Jüngerer
in den Blick zu nehmen (vgl. BVerfGE 67, 1 [17]; 71, 255 [269]). Welche der angesprochenen und nicht notwendigerweise abschließenden Aspekte bei einer
eventuellen Neubewertung in den Vordergrund gerückt werden sollen, obliegt der Entscheidung des Gesetzgebers."
Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz, Beschl. vom 02.1.2006,Az.: VGH B 27/06, VGH A 28/06, Rdnr. 29, zitiert nach juris.de.

Link: http://www.altersdiskriminierung.de/themen/artikel.php?id=3173
Quelle: diverse

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