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+ LSV Bremen: Schluss mit Krieg in Afghanistan

12.10.2009 - von Gerd Feller

Viele Seniorinnen/Senioren haben, wie ich, den 2. Weltkrieg erlebt und in böser Erinnerung behalten. Wäre es nicht an der Zeit, dass sich alle Landesseniorenvertretungen öffentlich und nachdrücklich gegen dieses irrsinnige
Abenteuer aussprechen und einen Strategiewechsel verlangen, nämlich einen möglichst schnellen Abzug des Militärs aus Afghanistan, die Verstärkung wirtschaftlicher und humaner Hilfe sowie die stärkere Einbeziehung des afghanischen Volkes? Die Hilfe zur Selbsthilfe in Afghanistan wird kaum durch Militärgewalt funktionieren.
Packen wir es an, mischen wir uns endlich ein!

Immer häufiger ist die Bundeswehr in Afghanistan in Kämpfe mit den Talibans verwickelt. Die einen greifen mit Guerilla-Taktik an, die anderen verteidigen sich, wie sie es gelernt haben, offen mit den Waffen und Strategien des Heeres und der Luftwaffe. Immer häufiger sterben nicht nur Guerillas und Bundeswehrsoldaten, sondern auch Zivilpersonen. Trotzdem meint der Verteidigungsminister Jung (Jahrgang 1949), das alles habe noch nichts mit Krieg zu tun und könne auch nicht so genannt werden.

Diese Naivität kann nur bei Mitgliedern einer Generation herrschen, die den Krieg selbst nicht erlebt hat, sich anscheinend auch wenig historisch mit dem Thema befasst, sonst müsste sie wissen, dass in Kriegen immer auch die Zivilbevölkerung betroffen ist. Oder wird über die unvermeidbaren Kriegsumstände aus politischen und ökonomischen Gründen nicht gesprochen? Hat der Herr Jung
irgendwann einmal den Bürgern/Bürgerinnen die Risiken eines Krieges erklärt, mal offen zugegeben, worauf sich Deutschland in Afghanistan wirklich einlässt und wohin das
führen könnte? Will man dem Volk weismachen, man könne alle Gegner zielgenau ausschalten und die Zivilisten dabei schonen, obgleich man kaum noch zwischen Zivilist und Guerilla zu unterscheiden vermag und es keine Fronten mehr gibt, aus denen Zivilisten im günstigsten Fall fliehen könnten?

Hat man aus den beiden Weltkriegen, aus Korea, Vietnam und dem Irak nichts gelernt?

Was ist eigentlich bis jetzt erreicht worden? Es wird stets nur davon gesprochen, wie dringend die Afghanen uns brauchen und wie erfolgreich der Bundeswehreinsatz sei. Die
Wirklichkeit sieht doch anders aus. Die humanitäre Hilfe kommt zu kurz, die Projekte lassen sich unter den bedrohlichen Umständen nicht zügig weiterführen, die regionalen War-Lords nutzen die Situation zur Verstärkung der eigenen Macht, die Regierenden dulden die Korruption und Herr Karsai kritisiert plötzlich die angebliche Fehleinschätzung der Lage durch die Truppenführung, die Zahl der Opfer auf allen Seiten steigt, viele Afghanen distanzieren sich bereits von ihren Helfern oder verweigern deren Unterstützung, die USA fordern mehr Truppen, und dies Elend bezahlen wir teuer mit unseren Steuergeldern.

Aber das genügt noch nicht.
Jetzt ermitteln Staatsanwälte gegen die Bundeswehr, weil in diesem Irrsinn leider wieder einmal Zivilisten - Männer, Frauen und Kinder - getötet wurden, und die politisch
Verantwortlichen erregen sich im warmen und angstfreien Heimatstübchen über die katastrophalen Vorgänge in Afghanistan. Ein Aufschrei, den ich bisher bei den US-amerikanischen Bombenangriffen auf Taliban-Stellungen mit vielen zivilen, unbeteiligten Opfern vermisst habe.

Und die Verbündeten in der Nato, die sich über die jüngsten Ereignisse ereifern, sollten auch lieber den Mund halten, bevor ihre eigenen „Kollateralschäden“ ans Tageslicht geraten. Weniger der UNO, vielmehr unserer Bündnispflicht in einer Nato, die sich mit der unmittelbaren Verteidigung ihrer Mitgliedsstaaten nicht mehr zufrieden gibt und meint, alle Krisenherde der Welt mit Militäreinsatz befrieden zu können, verdanken wir schließlich das Dilemma. Ach so, ich habe wohl ganz vergessen, dass sich die Nato und Deutschland angeblich am Hindukusch verteidigen müssen.

Müssen sie das wirklich?
Und wenn ja, dann demnächst auch noch weiter östlich oder südlich? Da sich alles globalisiert, warum dann nicht auch die Aktivitäten unseres Militärs, oder?

Wer in der Politik den Krieg weiterhin als politische Lösung akzeptiert, statt aufgrund der Erfahrungen im 20. Jahrhundert auf andere Strategien zu setzen, der sollte wenigstens mit der widerlichen Heuchelei von Mitgefühl und mit der Selbstgerechtigkeit aufhören und auch darauf verzichten, ausgerechnet denen, die vor Ort unter undurchsichtigen Verhältnissen ihr Leben riskieren und dabei vielleicht Fehler machen, die alleinige Verantwortung zuzuschieben. Die Schuld liegt ausschließlich bei denjenigen Politikern, die solche Kriege für notwendig heißen, wenn ihnen weiter nichts einfällt, und bei den Unternehmen, die daran verdienen.

Zur Diskussion gestellt vom verantwortlichen Redakteur des DURCHBLICK, Gerd Feller. DURCHBLICK ist das Mitteilungsblatt der Landesseniorenvertretung Bremen, Nachrichten nicht nur für die Delegierten der Senioren-Vertretung in der Stadtgemeinde Bremen und des Seniorenbeirates der Seestadt Bremerhaven.
Durchblick alt=http://www.bremen.de/Seniorenvertretung-
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Link: Offener Brief des Büros gegen Altersdiskriminierung an EU ...
Quelle: DURCHBLICK Nr. 117 – Oktober 2009