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Ärztekammer: medizinische Leistungen rationalisieren

19.05.2008 - von Hanne Schweitzer

"Es ist inzwischen so, daß wegen der strikten Ausgabenbegrenzung nicht mehr alles für alle bezahlbar ist. Das heißt, eine Form von Rationierung medizinischer Leistung ist unumgänglich", sagte der Präsident der Bundesärztekammer, Jörg-Dietrich Hoppe, der Tageszeitung Die Welt.

Aus aktuellem Anlass sei hier daran erinnert, wer bzw. was die Bundesärtzekammer überhaupt ist: Sie ist ein privater, nicht rechtsfähiger Verein. Mitglieder sind die Landesärztekammern, und denen müssen alle Ärzte eines Bundeslandes ZWANGSWEISE angehören. Es handelt es sich also bei der Bundesärztekammer um ein unsauberes Gemenge aus privatem und öffentlichem Recht. Und was von der Bundesärztekammer bzw. ihrem Präsidenten - in den Medien daherkommt mit Donnerhall, bedarf eigentlich nur der Aussage aus dem Märchen `Des Kaisers neue Kleider´: "Aber er hat ja gar nichts an", um die Aufgeblasenheit dieser Organisation zu belegen, die demokratisch nicht legitimiert ist.

Der Präsident der Bundesärtekammer Hoppe gestand vorab, um das Vereinstreffen gut in den Medien zu plazieren was vor allem die älteren PatientInnen schon lange gemerkt haben: Es gibt eine "heimliche Rationierung", und das schon lange. Bisher, so Hoppe, hätten die Ärzte (selbstlos, wie sie nun mal von Natur aus sind), versucht, die Rationierung zu kompensieren. "Die Politik und die Kassen dürfen nicht länger behaupten, die Patienten bekämen die notwendige Versorgung, und in Wirklichkeit wird dieses Notwendige dem Finanzierbaren angepaßt. Das machen wir nicht mehr mit", betonte der Präsident und folgerte, dass es Zeit sei, über Rationierungen bei der Gesundheitsversorgung "offen zu diskutieren".

Ein Gesundheitsrat, so Hoppe, solle Empfehlungen ausprechen für die Prioritäten bei der medizinischen Versorgung. Er möchte dies auf dem Deutschen Ärztetag abstimmen lassen, der in Ulm am 20.5.08 beginnt.

In der Rheinischen Post vom 19.5.08 wird Hoppe dahingehend zitiert, dass schon jetzt ein großer Teil der an Demenz erkrankten Menschen ganz bewußt nicht optimal versorgt. So gebe es bereits Medikamente, die ein Fortschreiten der Demenz verzögern könnten. "Doch diese Mittel sind sehr teuer, und die Kassen bezahlen sie nicht. Viele ältere Menschen bekommen damit nur eine Sauber-und-satt-Pflege."

Wie die Junge Welt am 19.5.08 schrieb, stieß Hoppes Vorstoß beim Verein demokratischer Ärztinnen und Ärzte auf Kritik. Immerhin! Die Forderung des Präsidenten der BUndesärztekammer nach einer Rationalisierung sei "eine Bankrotterklärung der Ärzteschaft gegenüber ihren Patienten". Die Standesverbände sollten aufhören, ihre Eigeninteressen "als Wohl der Versicherten und Patienten auszugeben". Der Verein demokratischer Ärztinnen und Ärzte fordert den Ärztetag auf, sich für einen umfassenden Leistungskatalog für alle Versicherten einzusetzen und den sogenannten IgeL-Katalog medizinisch sinnvoller, aber privat zu bezahlender Leistungen abzuschaffen. Er fordert auch eine Debatte darüber, warum in den letzten 10 Jahren die Zahl der niedergelassenen Ärzte bundesweit zwar um 26 Prozent angestiegen ist, aber trotzdem in vielen Regionen fast schon so etwas wie ein Versorgungsnotstand bestehe.

Link: http://www.altersdiskriminierung.de/themen/artikel.php?id=2529
Quelle: Junge Welt, 19.5.08

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