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VdK: Sozialstaat ist finanzierbar !

21.01.2025 - von VdK

VdK-Forderungen,
Einnahmenanalyse Sozialversicherungssystem und steuerpolitisches Konzept

Der Sozialverband VdK steht seit 75 Jahren für soziale Gerechtigkeit, vertritt die Interessen seiner
Mitglieder und macht Vorschläge, um den Sozialstaat zu verbessern. Er fordert seit jeher konkrete
und umsetzbare Reformen, um die soziale Spaltung im Land zu überwinden. Die Absicherung gegen
unvorhersehbare Lebensrisiken und die Stabilisierung der sozialen Daseinsvorsorge sind als
politischer Auftrag zu verstehen. Menschen sind nicht selbst für schlechte Startbedingungen, Armut
oder Einsamkeit, Krankheit und Behinderung verantwortlich. Es ist eine Gemeinschaftsaufgabe,
allen eine selbstbestimmte Teilhabe an der Gesellschaft zu ermöglichen. Das ist, ausweislich des
Grundgesetzes, Aufgabe des Staates. Der VdK hat an der Ausgestaltung des Sozialstaates
maßgeblich mitgewirkt. Elementar für einen starken Sozialstaat sind finanziell gut ausgestattete
Sozialversicherungen und Existenzsicherungsleistungen sowie ausreichend finanzielle Spielräume,
um Investitionen in Daseinsvorsorge und Infrastruktur zu ermöglichen. Grundpfeiler dieses
Sozialstaats werden aktuell vermehrt infrage gestellt.

Wie die Finanzierung eines umfassenden und funktionierenden Sozialstaats möglich ist, hat der VdK
in Kooperation mit Fiscal Future ermittelt. Im Rahmen der Kooperation konnte nachgewiesen
werden, dass der Sozialstaat – entgegen anderslautender Unkenrufe – sehr wohl eine Zukunft hat.
Neben den sozialpolitischen Kernforderungen des VdK ist das eine zentrale Nachricht, die wir in den
Bundestagswahlkampf 2025 hineintragen.

VdK-Forderungen
Der Sozialverband VdK stellt in diesem Wahljahr vier sozialpolitische Forderungen in den
Vordergrund:

1. Eine gute Rente für Alle einführen
2. Die Armut allen Alters bekämpfen
3. Die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen verwirklichen
4. Eine einheitliche und solidarische Kranken- und Pflegeversicherungen umsetzen

Diese vier zentralen Forderungen stehen exemplarisch für Maßnahmen, die nicht nur das Leben der
mehr als 2,3 Millionen Mitglieder des VdK signifikant verbessern würden. In seinem
Forderungspapier zur Bundestagswahl 2025 legt der VdK eine Vielzahl an konkreten
Reformvorschlägen in den Bereichen Kinderarmut, Arbeitsmarktpolitik, Grundsicherung,
Frauenarmut, Alterssicherung, Gesundheitspolitik, Pflegepolitik sowie Teilhabepolitik für Menschen
mit Behinderungen und Barrierefreiheit vor.

VdK-Faktenblatt
Der Sozialstaat ist finanzierbar

Der Sozialverband VdK nimmt mit großer Sorge zur Kenntnis, dass der Sozialstaat und vor allem
die Arbeitslosen-, Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung in Schieflage geraten ist Politische
Entscheidungen führen zu finanziellen Herausforderungen in den Systemen, die über
Leistungskürzungen oder Beitragssteigerungen zu Lasten von Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmern und Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern aufgefangen werden müssen. Ein zentraler
Mechanismus dieser unsozialen Politik ist die Auslagerung gesamtgesellschaftlicher Aufgaben in die
Sozialversicherungen. Es hat sich als ein Muster in den vier Sozialversicherungen herausgestellt,
politisch gewünschte Leistungen nicht, wie es eigentlich sachgerecht wäre, durch den
Bundeshaushalt zu finanzieren, sondern den Beitragszahlerinnen und Beitragszahlern aufzubürden.

Wir haben deshalb berechnet, welche Auswirkungen die sachgerechte Finanzierung dieser
Leistungen durch den Steuerzahler hätte. An dieser Stelle darf nicht dem Missverständnis
aufgesessen werden, dass die Gruppe der Steuerzahlenden deckungsgleich mit der der
Beitragszahlenden sei. Während die Gruppe der Beitragszahlenden aus gesetzlich versicherten
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und ihren Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern besteht, sind
Steuerzahlerinnen und Steuerzahler auch Beamtinnen und Beamte, Politikerinnen und Politiker,
Selbstständige, Unternehmen und alle, die sich über die Umsatzsteuer an der Finanzierung des
Gemeinwohls in Deutschland beteiligen. Das gerechte Heranziehen von großen Vermögen und
Kapitalerträgen muss darüber hinaus verwirklicht werden, damit auch sie ihren Beitrag an der
Finanzierung der gesamtgesellschaftlichen Aufgaben leisten. Die Finanzierung
gesamtgesellschaftlicher Ausgaben aus Beitragsmitteln benachteiligt die einfache arbeitende
Bevölkerung zulasten von tendenziell privilegierten Gruppen in Deutschland.
Sozialversicherungen

Der Sozialverband VdK hat in Zusammenarbeit mit Fiscal Future die Ausgaben und Einnahmen der
Sozialversicherungen eingehend analysiert. Ziel der Untersuchung war es, Ausgaben zu
identifizieren, die aus der Übernahme von gesamtgesellschaftlichen Aufgaben durch die
Sozialversicherungen und ihrer Beitragszahlenden resultieren. Häufig werden diese als
„versicherungsfremde Leistungen“ bezeichnet. Darunter sind Leistungen zu verstehen, die nicht in
direkter Beziehung zur Beitragszahlung stehen und demnach auf der Grundlage politischer
Entscheidungen zur Förderung politisch gewünschter Ziele geleistet werden. Der VdK betrachtet
diese Aufgaben als gesamtgesellschaftliche Aufgaben.

Deutsche Rentenversicherung
Insgesamt wurden zuletzt von der Rentenkasse – nach einer von Fiscal Future fortgeschriebenen
Aufstellung der Deutschen Rentenversicherung1 – gesamtgesellschaftliche Aufgaben in Höhe von
108,2 Milliarden Euro übernommen. Zum Ausgleich dessen wurden Bundeszuschüsse in Höhe von
84,3 Milliarden Euro gezahlt. Daraus ergibt sich eine Unterfinanzierung von jährlich 23,9 Milliarden
Euro. Diese Unterfinanzierung hat zur Folge, dass die gesetzlich Versicherten 1,5 Prozent höhere
Beiträge zahlen als nötig, um den Status quo zu finanzieren. Der VdK spricht sich dafür aus, diese
Mittel stattdessen dafür zu nutzen, höhere Renten zu zahlen oder bessere Reha-Angebote für die
Versicherten zu machen.

1 DRV, Abschätzung der nicht beitragsgedeckten Leistungen und Gegenüberstellung mit den
Bundeszuschüssen Link
bund.de/SharedDocs/Dokumente/01_Bundesmittel_und_zuschuesse/DRV_2021_Nicht_Beitragsgedeckte_L
eistungen.html

Bei den gesamtgesellschaftlichen Aufgaben handelt es sich unter anderem um
Kindererziehungszeiten, Anrechnungszeiten von Mutterschutz- und Ausbildungszeiten. Aus Sicht
des VdK sind das politische Errungenschaften, die keinesfalls in Zweifel gezogen werden sollen –
allein die Finanzierung aus Beitragsmitteln wird durch den VdK problematisiert. Die Berechnungen
zeigen, dass Beitragssatzstabilität durch eine gerechte Verteilung gesamtgesellschaftlicher
Aufgaben möglich ist, entgegen apokalyptischer Szenarien, die das deutsche Rentensystem dieser
Tage fortlaufend umwehen.

Gesetzliche Krankenversicherung
Die Beitragszahlenden in der gesetzlichen Krankenversicherung übernehmen aktuell
gesamtgesellschaftliche Aufgaben in Höhe von 54,3 Milliarden Euro. Zum Ausgleich fließen dazu
16,5 Milliarden Euro an Bundeszuschüssen. Die Unterfinanzierung beträgt also 37,7 Milliarden Euro.
Dieser Betrag allein macht 2,21 Beitragssatzpunkte der in den vergangenen Jahren kontinuierlich
gestiegenen Krankenkassenbeiträge aus. Beitragssteigerungen, die Versicherte insbesondere
angesichts von Rufen nach Leistungskürzung anstatt -ausweitung immer seltener verstehen.
Im Einzelnen handelt es sich dabei zum Beispiel um gesamtgesellschaftlich wünschenswerte
familienpolitische Leistungen wie die Beitragsfreiheit von Angehörigen, Leistungen für
Schwangerschaft und Mutterschaft oder Krankenhausinvestitionen, die eigentlich durch die
Bundesländer finanziert werden sollten. Aus der Sicht des VdK allesamt sinnvolle Aufwendungen,
deren einseitige Übernahme durch die Versicherten und Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber aber
kritikwürdig ist.

Soziale Pflegeversicherung
Während, wie oben gezeigt, die Renten- und Krankenkasse zwar mit Bundeszuschüssen bedacht,
aber unterfinanziert werden, muss die Soziale Pflegeversicherung aktuell gänzlich ohne einen
Bundeszuschuss auskommen – entgegen der gesetzlichen Grundlage. Das, obwohl auch durch sie
gesamtgesellschaftliche Aufgaben finanziert werden. Insgesamt sind das 9,2 Milliarden Euro
jährlich, die eine kontinuierliche Belastung der Beitragszahlenden von 0,48 Prozent ausmacht. Hinzu
kommen Kosten in Höhe von 6 Milliarden Euro zur Bewältigung der Corona-Pandemie, die, entgegen
anderslautender Versprechungen, nie zurückgezahlt wurden.
Bei den fortlaufenden gesamtgesellschaftlichen Kosten handelt es sich zum Beispiel um die
Rentenversicherungsbeiträge von Pflegepersonen. Der VdK unterstützt diese Leistung zur
Unterstützung pflegender Angehöriger, begreift die Förderung der Pflege durch Angehörige aber als
gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die demnach aus dem Bundeshaushalt zu finanzieren wäre.

Arbeitslosenversicherung
Auch die Arbeitslosenversicherung wurde zur Zeit der Corona-Pandemie herangezogen, um starke
Mehrbelastungen abzufedern. Eine wichtige arbeitsmarkt- und wirtschaftspolitische Maßnahme war
der erleichterte Zugang zum Kurzarbeitergeld. Dadurch entstanden hohe Ausgaben. Die Rücklagen
der Bundesagentur für Arbeit wurden komplett aufgebraucht, und der Bund musste Finanzmittel
zuschießen. Nun fordert der Bund Rückzahlungen in Höhe von 5,2 Milliarden aus der
Arbeitslosenversicherung und verhindert damit eine erneute Rücklagenbildung. Aus Sicht des VdK
war die erhöhte Inanspruchnahme von Kurzarbeitergeld während der Pandemie eine
gesamtgesellschaftliche Aufgabe und wurde daher zu Recht (teilweise) aus Steuermitteln finanziert.

Der VdK fordert daher, dass der Bund die Rückzahlungsforderungen in Höhe von 5,2 Milliarden Euro
an die Bundesagentur für Arbeit zurücknimmt und somit dazu beiträgt, dass eine sichere und stabile
Rücklagenbildung erneut erfolgen kann. Das ist in Zeiten der Modernisierung der Wirtschaft
besonders wichtig. Außerdem drohen sonst auch in diesem Zweig der Sozialversicherung bei der
nächsten arbeitsmarktpolitischen Krise Beitragserhöhungen. Eine Rückzahlung würde eine
Abwälzung gesamtgesellschaftlicher Aufgaben auf die Beitragszahlenden darstellen.
Die Übernahme aller gesamtgesellschaftlicher Aufgaben durch den Haushalt von Bund und Ländern
hätte massive positive Auswirkungen auf Unternehmen und Beschäftigte. Bei einem Bruttolohn von
3500 Euro pro Monat finanzieren der Beschäftigte und seine Chefin aktuell gesamtgesellschaftliche
Leistungen in Höhe von jeweils 73,50 Euro monatlich über die Sozialabgaben, die eigentlich von
Bund und Ländern aus Steuereinnahmen finanziert werden müssen. Würden diese zu Unrecht
erhobenen Beiträge wegfallen, ergäbe sich eine jährliche Ersparnis von je 882 Euro für den
Beschäftigten und seine Arbeitgeberin – zusammen also 1764 Euro.

Steuern
Die oben beschriebenen Belastungen der Sozialversicherungen sind aus der Sicht des VdK dringend
zu korrigieren, um das Vertrauen der Menschen in den Sozialstaat zu stärken. In der Tat wäre eine
Entlastung von gesetzlich versicherten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sowie ihrer
Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber mit Mehrkosten für den Bundeshaushalt, sowie teilweise der
Landeshaushalte verknüpft. Damit diese sozial gerecht verteilt werden, hat der Sozialverband VdK
ergänzende steuerpolitische Vorschläge. Diese werden hier formuliert und in ihrer fiskalischen
Wirkung bewertet. Belegt werden kann dadurch, dass diese Entlastungen der Beitragszahlenden
möglich sind.

Die steuerpolitischen Reformvorschläge des VdK führen zu Mehreinnahmen für alle staatlichen
Ebenen von bis zu 100 Milliarden Euro. Außerdem werden kleine und mittlere Einkommen und
Gruppen wie Menschen mit Behinderungen in Höhe von 35 Milliarden Euro entlastet.
Diese 100 Milliarden Euro Mehreinnahmen bei der Umsetzung aller steuerpolitischen Vorschläge
des VdK können nicht nur genutzt werden, um die oben angesprochene gerechtere Verteilung
gesamtgesellschaftlicher Aufgaben aus den Sozialversicherungen abzudecken. In Verbindung mit
der VdK-Forderung zu einer Reform der Schuldenbremse wären zudem Mittel frei, um dringend
notwendige Investitionen in die soziale Infrastruktur, die Daseinsvorsorge vor Ort, Barrierefreiheit
oder eine sozial gerechte Klimatransformation zu tätigen.

Die steuerpolitischen Forderungen des VdK im Einzelnen
Der VdK fordert eine sozial gerechte Ausgestaltung der Erbschaftssteuer. Diese sollen nicht für
„Oma Ernas Häuschen“ gelten, sondern auf anderer Ebene greifen. Der VdK schlägt vor,
Ausnahmen bei der Erbschaftssteuer zu beseitigen und dafür den Freibetrag auf 2 Millionen Euro
zu erhöhen. Basierend auf der aktuellen Steuerstatistik ergeben sich durch die Abschaffung der
Ausnahmen – vor allem für Betriebsvermögen und wenige hundert sehr große Erbschaften und
Schenkungen – Mehreinnahmen von 5 bis 10 Milliarden Euro, je nach Schätzung. Aus dem erhöhten
Freibetrag ergeben sich wesentliche Mindereinnahmen von schätzungsweise 1 bis 3 Milliarden Euro.
Das erhöhte Aufkommen käme den Ländern zugute.

Der VdK schlägt zudem vor, die Vermögenssteuer in verfassungskonformer Form wieder
einzuführen. Vermögen ab 5 Millionen Euro sollen dabei mit einem Prozent und Vermögen über 100
Millionen Euro mit zwei Prozent besteuert werden. Eine solche Steuer hätte nach unserer Schätzung
Einnahmen von etwa 40 Milliarden Euro zur Folge und würde lediglich etwa 300.000 Erwachsene
betreffen (ca. 0,5 Prozent). Basierend auf dem tatsächlichen Marktwert der Vermögen wären die
Einnahmen um etwa 10 Milliarden Euro höher. Erhebungskosten und mögliche Ausweichreaktionen
vermindern die Mehreinnahmen. Als Alternative schlägt der VdK die Erhebung einer
Vermögensabgabe vor. Die Wiedereinsetzung der Vermögenssteuer würde einseitig Milliardäre und
Multimillionäre zu ihrem gerechten Anteil an der Finanzierung des Gemeinwesens heranziehen. Die
Einnahmen würden dabei ebenfalls den Ländern zur Verfügung stehen.

Die steuerpolitische Bevorteilung von Digital-Konzernen muss beendet werden.
Eine Digitalsteuer nach französischem Vorbild sollte eingeführt werden. Das würde in Deutschland je nach
Ausgestaltung Einnahmen von schätzungsweise 2 bis 8 Milliarden Euro einbringen. Die
Mehreinnahmen würden zu gleichen Teilen Bund und Ländern zufließen.

Im Bereich der Einkommenssteuer fordert der VdK eine Reform. Diese soll sozial gerechter
werden. Wir schlagen vor, den Grundfreibetrag auf das soziokulturelle Existenzminimum anzuheben
und dafür hohe Einkommen stärker zu besteuern. Angelehnt an den Vorschlag des Deutschen
Gewerkschaftsbundes würde das eine Anhebung des Grundfreibetrags auf 15.100 Euro bedeuten.
Zudem sollte der Spitzensteuersatz von 49 Prozent ab 87.000 Euro und ein zusätzlicher
Reichensteuersatz von 52 Prozent ab 140.000 Euro gelten. Der Vorschlag würde untere und mittlere
Einkommen um etwa 25 Milliarden Euro entlasten und hätte Mindereinnahmen von etwa fünf
Milliarden Euro zur Folge. Diese werden durch die vom VdK ebenfalls vorgeschlagene Abschaffung
der pauschalen Abgeltungsteuer kompensiert.

Der VdK fordert die Einführung einer Finanztransaktionssteuer, die mit einem niedrigen Steuersatz
und einer breiten Bemessungsgrundlage angesetzt werden soll. Der VdK schlägt vor,
Finanztransaktionen mit 0,1 Prozent und Derivate mit 0,01 Prozent zu besteuern. Übliche
Finanzgeschäfte von Privathaushalten sollen dabei selbstverständlich ausgenommen werden. Diese
Steuer hätte nach unseren Schätzungen das Potenzial 25 Milliarden Euro zu heben, die dem Bund
zuflössen.

Eine gezielte Entlastung von Menschen mit kleinen Renten und Einkommen möchte der VdK durch
eine Reform der Umsatzsteuer erreichen. Der VdK schlägt vor, den ermäßigten Steuersatz der
Mehrwertsteuer von sieben Prozent auf weitere Medizinprodukte, Hygieneartikel, Getränke und
andere Dinge des täglichen Bedarfs zu erweitern und Medikamente und pflanzliche Lebensmittel
ganz von der Steuer zu befreien. Das kostet je nach Ausgestaltung schätzungsweise 5 bis 15
Milliarden Euro. Die Streichung der Ermäßigung für Zucker oder Luxusartikel wie Kaviar und
Froschschenkel könnten das zumindest teilweise kompensieren.

Die Bekämpfung von Steuerflucht und -hinterziehung muss verstärkt werden. Der Steuervollzug
muss effektiv ausgestaltet und die Personalausstattung in den Finanzbehörden verbessert werden.
Einige Schätzungen beziffern den Umfang von Steuerhinterziehung auf 100 bis 125 Milliarden Euro.
Allerdings lässt sich nur ein Teil der Steuerhinterziehung mit vertretbarem Aufwand verhindern. Aus
diesem Grund schätzt der VdK die zu realisierenden Mehreinnahmen auf 25 Milliarden Euro. Die zu
erwartenden Mehreinnahmen kämen zu einem Drittel dem Bund und zu zwei Dritteln Ländern und
Kommunen zugute.

Die Beispiele zeigen auf, wie sich die finanziellen Gestaltungsmöglichkeiten aller staatlichen Ebenen
verbessern könnten. Das wäre möglich, wenn endlich gerecht besteuert würde und insbesondere
Milliardäre und Multimillionäre einen gerechten Beitrag leisten würden. Zusätzliche Spielräume für
Investitionen böte die Reform der Schuldenbremse.
Übersicht: Gesamtgesellschaftliche Aufgaben in den Sozialversicherungen
Rentenversicherung
Krankenversicherung
Pflegeversicherung
Arbeitslosenversicherung Summe
Gesamtgesellschaftliche Leistungen in
Mrd. € 108,2 54,3 9,2 (+6)*
/
171,7
Bundeszuschüsse in Mrd. € 84,3 16,5 - 100,8
Unterfinanzierung in Mrd. € 23,9 37,7 9,2 (+6)* 5,2** mind. 70,8
Beitragssatzwirkung für Beschäftigte und Arbeitgeber in Prozentpunkten
-1,5 -2,21 -0,48
/
-4,19
Faustformel: Ein Beitragssatzpunkt entspricht x Mrd. € 16,1 17,03 19,1
* einmalige Refinanzierung von Pandemiekosten
** Die Gesamtausgaben der BA für Kurzarbeitergeld in den Jahren 2020 und 2021 beliefen sich auf
42,3 Milliarden Euro. Die BA startete in die Corona Zeit mit einer Rücklage von 26 Milliarden Euro,
diese wurden aber durch die erhöhten Ausgaben für das Kurzarbeitergeld schnell aufgebraucht. Der
Bund musste Mittel im zweistelligen Milliardenbereich zuschießen. Nun fordert der Bund, bis 2027
Rückzahlungen in Höhe von 5,2 Milliarden von der BA.

Übersicht: Steuerpolitischer Vorschlag des Sozialverband VdK
Mehreinnahmen Zusätzlicher Ausgleich
Bund Länder Kommunen*
Erbschaftsteuer 5 5
Vermögensteuer 40 40
Digitalsteuer 5 2,5 2,5
Einkommensteuer 0 25
Finanztransaktionsteuer 25 25
Umsatzsteuer** -5 10 -2,5 -2,5
Steuerhinterziehung 25 8 15 2
Gesamt 100 35 35,5 62,5 2
in Mrd. Euro
* Die finale Verteilung zwischen Bund, Ländern und Kommunen ist Verhandlungssache.

Quellen Rentenversicherung
- Deutsche Rentenversicherung 2023, Abschätzung der nicht beitragsgedeckten Leistungen
und Gegenüberstellung mit den Bundeszuschüssen Link
bund.de/SharedDocs/Dokumente/01_Bundesmittel_und_zuschuesse/DRV_2021_Nicht_Beitragsgedeckte_Leistungen.html
- Faustformel: Link
Fakten/Kennzahlen-zur-Finanzentwicklung/kennzahlen-zur-finanzentwicklung_node.html
Gesetzliche Krankenversicherung
- Link
IKKen/2024_08_22_Gutachten_Identifikation_und_Quantifizierung_versicherungsfremder_
Leistungen.pdf
- Link
spitzenverband.de/media/dokumente/presse/pressekonferenzen_gespraeche/2024/202405
24_pg_iges_gutachten/05_Gutachten_IGES_GKV-Ausgaben_von_ALG-II-
Beziehern_2024-05-21.pdf
- Link
spitzenverband.de/media/dokumente/presse/pressemitteilungen/2013/Faktenblatt_Ausgabe
n_versicherungsfremde_Leistungen__2013-03-04.pdf
- Link
freibetrages-in-der-gesetzlichen/236860
- Link
GKV/Finanzergebnisse/KJ1_2023_Internet.pdf
- Link
spitzenverband.de/media/dokumente/krankenversicherung_1/krankenhaeuser/budgetverha
ndlungen/orientierungswert/2022_12_01_Vereinbarung_Veraenderungswert_2023_KHEntg
G.pdf
- Link
ads/3.4.7._Bestandsaufnahme_im_Krankenhaus/2022_DKG_Bestandsaufnahme_KH-
Planung_und_Investitionsfinanzierung.pdf
- Link
nd_Verordnungen/GuV/P/Referentenentwurf_Patientendaten-Schutzgesetz__PDSG.pdf
Für weitere geringe Leistungen wurden weiterführende Quellen verwendet, die aus Platzgründen nicht aufgelistet werden.
Soziale Pflegeversicherung
- Link
2a/20240930-download-gutachten-pflegekassen.pdf
- Link
richt-Anlage_2-IGES-
Bericht_Stellschrauben_der_langfristigen_Finanzentwicklung_der_SPV_ger.pdf
- Link
- Link
Pflegeversicherung/Zahlen_und_Fakten/Zahlen-Fakten_Pflegeversicherung.pdf
Arbeitslosenversicherung
- Link
besonders-haeufig-vom-erhoehten-kurzarbeitergeld/
- Link
und-wirtschaftsfuehrung-der-ba-2020-volltext.pdf?__blob=publicationFile&v=1
- Link
in-milliardenhoehe-gefaehrdet-ruecklagenaufbau
Steuern
- Erbschaftssteuer: Stefan Bach (DIW) schätzt die möglichen Mehreinnahmen langfristig
sogar auf 10 Milliarden Euro (Stefan Bach, 2025), weitere Details: Netzwerk Steuergerechtigkeit, 2024
- Vermögenssteuer: Aktuelle Schätzungen zum Erhebungsaufwand: Stefan Bach, 2024, detailliertes Simulationsmodell für Aufkommensschätzung auf Anfrage erhältlich
- Abgeltungssteuer: Fortschreibung mit höherem Zinssatz basierend auf DIW (2017)
- Digitalsteuer: Weitere Details zur französischen und anderen Digitalsteuern unter EU Tax Observatory (2023), Einnahmen in Frankreich ca. 1,25 Millionen Euro nach geplanter Erhöhung des Steuersatzes. Detaillierte Schätzung zu den vier großen Digitalkonzernen (Alphabet, Meta, Apple, Microsoft, Amazon) in Deutschland im Jahrbuch Steuergerechtigkeit 2024 und im laufend aktualisierten Arbeitspapier
- Finanztransaktionssteuer: WIFO, 2019
- Umsatzsteuer: Zum Weiterlesen FES, 2024
- Steuerhinterziehung: Gesamtschätzung z.B. hier und Schätzungen zu Umsatzsteuerkarussellen hier, zu anonymen Offshore-Konten hier, zu Schwarzarbeit hier, hier und hier, zu Kassenbetrug hier und hier.

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Quelle: VdK