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17.10.2024 - von Bundesfinanzministerium
Zwei FDP-geführte Ministerien, das für Finanzen (Lindner) und das für Bildung (Strack-Watzinger) haben die Weichen für die Zeit nach dem Ende der Ampelregierung gestellt. Dazu ließen sie einen Gesetzentwurf ausarbeiten, der tatsächlich im Bundestag diskutiert werden soll.
Referentenentwurf des Bundesministeriums der Finanzen:
Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Finanzbildung - Änderung des Gesetzes über die Ausprägung einer 1-DM-Goldmünze und die Errichtung der Stiftung „Geld und Währung“
(Finanzbildungsstärkungsgesetz)
A. Problem und Ziel
Finanzielle Bildung ist eine Grundvoraussetzung für kompetente ökonomische Teilhabe in modernen, marktwirtschaftlich verfassten Gesellschaften. Sie befähigt Bürgerinnen und Bürger, ihr ökonomisches Umfeld einzuschätzen, sich in diesem Umfeld zu verorten und auf dieser Basis potenzielle Chancen und Risiken verantwortlich abzuwägen sowie informierte Entscheidungen treffen zu können. Die individuellen Entscheidungen sind dabei höchst unterschiedlich und ändern sich im Lebensverlauf. Sie beginnen mit dem ersten Taschengeld, setzen sich über den Start ins Arbeitsleben sowie der möglichen Gründung einer Familie fort und reichen bis zu Entscheidungen für die Zeit nach der Erwerbstätigkeit.
Das Niveau der finanziellen Bildung in Deutschland ist aktuell noch ausbaufähig. Zwar schneidet Deutschland in Studien zur finanziellen Bildung im internationalen Vergleich gut ab, dennoch zeigen sich auch deutliche Lücken beim Finanzwissen in Deutschland. Die OECD hat am 13. Mai 2024 eine Bestandsaufnahme der finanziellen Bildung in Deutschland veröffentlicht („Finanzbildung in Deutschland – Finanzielle Resilienz und finanzielles Wohlergehen verbessern“), die sowohl das Niveau als auch das Angebot finanzieller Bildung in Deutschland darstellt.
Auf dieser Grundlage identifiziert die Studie der OECD eine Reihe von Themenbereichen, in denen es in Deutschland einer Stärkung der finanziellen Bildung bedarf. Insbesondere dokumentiert die OECD in ihrer Studie Unterschiede in der finanziellen Bildung zwischen soziodemografischen Gruppen – z.B. Frauen, Personen mit Migrationshintergrund sowie finanzschwache Haushalte weisen hier im Durchschnitt geringeres Kompetenzniveau auf –, die zeigen, dass die Frage nach finanzieller Bildung in Deutschland auch eine Frage nach Chancengerechtigkeit ist. Diese Erkenntnisse spiegeln sich auch in dem Vorschlag der OECD für eine Finanzbildungsstrategie für Deutschland wider, die die OECD am 24. September 2024 veröffentlicht hat.
Die in der Bestandsaufnahme der OECD insofern formulierte Notwendigkeit einer Stärkung der finanziellen Bildung in Deutschland findet sich auch an anderer Stelle. So betont aktuell etwa der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung in seinem Jahresgutachten 2023/24 „Wachstumsschwäche überwinden – in die Zukunft investieren“ die Bedeutung einer Stärkung der finanziellen Bildung, auch um dadurch eine höhere Beteiligung der Haushalte am Kapitalmarkt zu ermöglichen.
Auf europäischer Ebene hat der Europäische Rat am 14. Mai 2024 Schlussfolgerungen zur Stärkung der finanziellen Bildung in den Mitgliedstaaten beschlossen. In den Schlussfolgerungen unterstreicht der Rat die Bedeutung finanzieller Bildung und ermutigt die Mitgliedstaaten, Maßnahmen zur Stärkung der finanziellen Bildung in Deutschland zu ergreifen.
In diesem Umfeld haben das Bundesministerium der Finanzen und das Bundesministerium für Bildung und Forschung im Jahr 2023 (!) die Initiative Finanzielle Bildung auf den Weg gebracht (Link.
Im Rahmen der Initiative hat die OECD aufbauend auf der Bestandsaufnahme aus dem Mai 2024 Empfehlungen für eine nationale Finanzbildungsstrategie für Deutschland vorgelegt, die wesentliche Maßnahmen zur Stärkung der finanziellen Bildung in Deutschland aufzeigen wird. Über den Prozess der Strategieerarbeitung hinaus wurde im Rahmen der Initiative mit dem Launch der Website Link eine erste Finanzbildungsplattform geschaffen, auf der Angebote öffentlicher Akteure im Bereich der finanziellen Bildung gebündelt und adressatengerecht bereitgestellt werden und die weiter ausgebaut werden soll.
In die Arbeiten und Projekte der Initiative sind eine Vielzahl zivilgesellschaftlicher und öffentlicher Stakeholder eingebunden. So haben neben diversen Bundes- und Landesministerien insbesondere auch die Deutsche Bundesbank, die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht und die Deutsche Rentenversicherung Bund bisher ihre Angebote und Expertise in die Initiative Finanzielle Bildung einfließen lassen.
Damit von den im Rahmen der Initiative Finanzielle Bildung angestoßenen Arbeiten ein langfristiger Impuls für eine Stärkung der finanziellen Bildung in der Bevölkerung ausgeht, braucht es dauerhafte Strukturen. Dazu soll eine Organisation geschaffen werden, die die Bemühungen zur Stärkung der finanziellen Bildung ab dem Jahr 2025 weiter fortsetzt, nachhält und weiterentwickelt. Eine derartige Organisation besteht bislang in Deutschland nicht.[/b]
Dabei liegen die Aufgaben der Organisation insbesondere darin, dass in Deutschland im Bereich der finanziellen Bildung bestehende Engagement zusammenzubringen und im Dialog und in Zusammenarbeit mit den Stakeholdern eine langfristige Erhöhung des finanziellen Bildungsniveaus in Deutschland zu erreichen. Zu diesem Zweck soll die Organisation die Umsetzung von Maßnahmen zur Förderung der finanziellen Bildung sowohl in der breiten Bevölkerung koordinieren, als auch gezielt in bestimmten, als besonders förderbedürftig identifizierten Bevölkerungsgruppen und Themengebieten fördern. Mit Blick auf die derzeit zu beobachtenden Unterschiede zwischen den Geschlechtern soll damit insbesondere auch die wirtschaftliche Eigenständigkeit von Männern und Frauen gefördert werden. Zudem soll die Organisation bei bestehenden Lücken im Angebot der finanziellen Bildung auch eigene Angebote anstoßen können.
Durch Kampagnen und Veranstaltungen soll die Organisation zudem das Bewusstsein für die Bedeutung finanzieller Bildung in der Bevölkerung erhöhen und dabei insbesondere auch Bevölkerungsgruppen mit einer schwachen Finanzbildung in den Blick nehmen. In ihre Arbeiten soll die Organisation die Stakeholder der finanziellen Bildung angemessen miteinbinden, um die dort bereit vorhandene Expertise zum Wohl der gesamten Bevölkerung zu bündeln und gleichzeitig die Vernetzung zwischen den Akteuren zu stärken. Neben den Ländern bezieht sich dies sowohl auf andere öffentliche als auch auf private Akteure der finanziellen Bildung.
B. Lösung
Für die Einrichtung einer solchen Organisation stellt sich ein Anschluss an die Stiftung „Geld und Währung“ als geeignetste und wirtschaftlichste Option dar. Dafür bedarf es jedoch Anpassungen an Ausrichtung sowie Organisationsstruktur der Stiftung, die in diesem Referentenentwurf dargestellt sind. Im Ergebnis wird eine Stiftung „Finanzbildung, Geld und Währung“ geschaffen, die zu der beabsichtigten langfristigen und tiefgreifenden Stärkung der finanziellen Bildung in Deutschland beitragen kann und gleichzeitig auch mit Blick auf ihren bisherigen Stiftungszweck, das Bewusstsein der Öffentlichkeit für die Bedeutung stabilen Geldes zur erhalten und zu fördern, weiterhin aktiv bleibt.
C. Alternativen
Eine bessere / solide finanzielle Bildung führt zu informierten finanziellen Entscheidungen der Bürgerinnen und Bürger und steigert insofern das finanzielle Wohlergehen. Darüber hinaus kann eine Stärkung der finanziellen Bildung in der Bevölkerung aber auch zu mehr gesamtwirtschaftlichem Wachstum beitragen, etwa durch eine höhere Bereitschaft und Fähigkeit zur Partizipation am Kapitalmarkt. Ein Verzicht auf eine Stärkung der finanziellen Bildung hingegen bedeutet ungenutzte Chancen für mehr individuelles Wohlergehen, Wohlstand sowie Wachstum.
Die derzeitige Stiftung „Geld und Währung“ bietet gute Voraussetzungen, um die Aufgaben im Bereich der finanziellen Bildung in etablierten Strukturen fortzuführen. Insbesondere kann die Stiftung als eigenständige, dauerhafte Einrichtung das Engagement der verschiedenen Stakeholder im Bereich finanzielle Bildung gut vernetzen, bündeln und darauf aufbauend gezielt ergänzen. In dieser Stiftung agieren bereits jetzt mit dem Bundesministerium der Finanzen und der Deutschen Bundesbank wichtige Akteure auf dem Gebiet der ökonomischen und finanziellen Bildung zur Förderung des öffentlichen Bewusstseins der Öffentlichkeit für die Bedeutung stabilen Geldes, sodass Synergien genutzt werden können. Alternativ müsste für diese Funktion eine neue Einrichtung geschaffen werden. Dies wäre aufgrund der mit einer solchen Neugründung einhergehenden zusätzlichen Aufwände jedoch weitaus unwirtschaftlicher.
D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand
Der jährliche finanzielle Mehrbedarf der Stiftung wird auf 9 Mio. € geschätzt; er ist Gegenstand des jährlichen Haushaltsaufstellungsverfahrens. Die Finanzierung erfolgt hälftig aus den Einzelplänen 08 und 30.
Für ministerielle Aufgaben (u.a. Begleitung des Aufbaus der Stiftung, Vorbereitung der Arbeiten des Stiftungsrates, Prüfung der Haushaltspläne der Stiftung, Aufgaben im Zusammenhang mit der Rechtsaufsicht) werden im Bundesministerium der Finanzen bis zu zwei Stellen im höheren Dienst benötigt. Im Bundesministerium für Bildung und Forschung werden bis zu 0,5 VZÄ im höheren Dienst benötigt.
Der Mehrbedarf an Sach- und Personalmitteln ab dem Jahr 2025 soll finanziell und stellenmäßig in den Einzelplänen des Bundesministeriums der Finanzen und des Bundesministeriums für Bildung und Forschung ausgeglichen werden. Für das Personal der Stiftung werden dabei nicht die in den Einzelplänen des Bundesministeriums der Finanzen und des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vorgesehene Stellen in Anspruch genommen.
E. Erfüllungsaufwand
E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger
Für Bürgerinnen und Bürger entsteht kein Erfüllungsaufwand.
E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft
Für die Wirtschaft entsteht kein Erfüllungsaufwand.
E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung
Für ministerielle Aufgaben (u.a. Begleitung des Aufbaus der Stiftung, Vorbereitung der Arbeiten des Stiftungsrates, Prüfung der Haushaltspläne der Stiftung, Aufgaben im Zusammenhang mit der Rechtsaufsicht) werden im Bundesministerium der Finanzen bis zu zwei Stellen im höheren Dienst benötigt. Diese Stellen werden innerhalb der bestehenden Personalansätze geleistet. Im Bundesministerium für Bildung und Forschung werden bis zu 0,5 VZÄ im höheren Dienst benötigt. Diese Stellen werden innerhalb der bestehenden Personalansätze geleistet.
Für Länder und Kommunen entsteht kein Erfüllungsaufwand.
F. Weitere Kosten
Es entstehen keine weiteren Kosten.
Bearbeitungsstand: 02.10.2024 13:48
Hervorhebungen H.S. Die Finanzbildungsstrategie der OECD für Deutschland wurde am 24.9.2024[/b]veröffentlicht.
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