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Österreich: Gegen die Online Only-Politik + für das Recht auf analoge Zugangsmöglichkeit

Foto: H.S.

Österreich - 23.05.2024 - von H.S.

Ein Leben ohne Internet ist für die meisten heutzutage unvorstellbar, aber viele ältere Menschen leben noch immer komplett analog und wollen das auch nicht ändern. Diese analoge Lebensart wird ihnen jedoch zusehends schwer gemacht. Immer mehr Amtswege und sonstige Erledigungen sind nur noch online möglich. Pensionistenvertreter in Österreich wollen das ändern. Deshalb gibt es die Initiative des Pensionistenverbands und des Seniorenrats gegen die „Online-Only“-Politik und für das Recht auf analoge Zugangsmöglichkeiten. Peter Kostelka, Präsident des Pensionistenvereins (PVÖ), der die Interessen von 280.000 Mitgliedern vertritt, sagt dazu: „Altersdiskriminierung ist kein Kavaliersdelikt. Ältere Menschen werden regelrecht ausgeschlossen und zurückgelassen. Das darf nicht sein“.

Besonders kritisiert wird die „Online-Only“-Politik der öffentlichen Hand. Dazu nennt Kostelka einige Beispiele, deren Reihe sich fast endlos fortsetzen ließe. „Der Reparatur-Bonus ist nur online beantragbar, der Handwerker-Bonus ist nur online zu lukrieren, die Förderung für den Heizungstausch bekommt man nur nach einem aufwendigen Online-Antrag und wenn man Geld bei der Republik veranlagen möchte, braucht man sogar die ID-Austria-App auf einem Smartphone neuester Generation“, zählt Kostelka auf und fordert von der Regierung, „tunlichst als Vorbild aufzutreten und nicht als schlechtes Beispiel.“

Anders als in Deutschland beschränkt sich die Ablehnung der Zwangsdigitalisierung in Österreich nicht auf die Seniorenszene. Auch der Chef der Sozialdemokratischen Partei Österreichs, Andreas Babler, forderte im April dieses Jahres das Recht auf ein analoges Leben. Behördenangelegenheiten oder der Kauf von Tickets sollten weiter an einem Schalter möglich sein. Sämtliche Dienste der kritischen Infrastruktur sollten vor Ort abgewickelt werden können. Dazu zählen Strom- und Gasanbieter, Post-Partner, Banken und Versicherungen. Um das zu ermöglichen, schlägt Babler die Errichtung eigener Servicestellen in den Gemeinden vor.

Der überparteiliche Runde Tisch, der mit Vertretern der Volksanwaltschaft, von Antidiskriminierungsstellen, vom Österreichischen von Banken- und Versicherungen und auch Experten aus den Bereichen Altersforschung, Konsumentenschutz sowie IT und Digitalisierung besetzt ist, hat sich unlängst getroffen, um über diese Art von Altersdiskriminierung zu sprechen und nach praktischen Lösungsmöglichkeiten zu suchen.

Der Präsident des Pensionistenvereins fordert eine Änderung der Verfassung. Niemand soll wegen seines Alters diskriminiert und vom gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen werden. Ebenso sieht das die Präsidentin des Seniorenrats, die ÖVP-Politikerin Ingrid Korosec. Der Kronezeitung gab sie zu Protokoll: „Mit der Digitalisierung erfahren wir ganz neue und gravierende Formen der Diskriminierung, die besonders häufig ältere Menschen trifft. Das können wir nicht akzeptieren. Dagegen müssen wir sofort reagieren - auch als Gesellschaft insgesamt.“

Von den Impfanmeldungen während der Corona-Pandemie, über den Reparaturbonus, Handwerkerbonus und Förderungen für den Heizungstausch bis zum neu aufgelegten Bundesschatz – all dies kann nur online bzw. über ein Smartphone beantragt werden. Hier gibt die öffentliche Hand ein ganz schlechtes Beispiel ab. Wir haben als Pensionistenverband nichts gegen die Digitalisierung, aber nicht alle Menschen haben einen Computer, haben Internet, haben ein Smartphone und auch die notwendigen Kenntnisse. Diese Menschen werden aber von diesen Förderungen ausgeschlossen!" Der Pensionistenverband Österreichs fordert, alle Zugänge wieder zu öffnen, damit man auch persönlich oder handschriftlich derartige Förderungen einreichen kann. "Wir fordern ein Recht auf ein analoges Leben!", unterstreicht der PVÖ-Generalsekretär.

Der Auftakt zum Runden Tisch gegen Altersdiskriminierung war ein voller Erfolg

Auf Einladung des Österreichischen Seniorenrates fand das überparteiliche Expertengespräch zu den Themen Altersdiskriminierung und im Besonderen zur Diskriminierung durch Digitalisierung statt. Andreas Wohlmuth, Generalsekretär des unabhängigen Pensionistenverbandes Österreichs hob hervor, dass man Digitalisierung nicht ablehne, aber der aktuell oft praktizierten „Online Only“-Vorgehensweise eine Absage zu erteilen ist und es – wo immer möglich - ein Recht auf analoge Alternative geben muss. Wohlmuth betonte, dass Altersdiskriminierung täglich stattfindet. Überall. In der Gesellschaft, in der Wirtschaft, besonders in der Finanzwirtschaft, in der öffentlichen Verwaltung, in der Arbeitswelt. In der Politik. Was es deshalb braucht, ist ein Diskriminierungsverbot aufgrund des Alters in unserer Bundesverfassung! Es ist das Recht älterer Menschen, das sie nicht diskriminiert werden", so Wohlmuth.

Im Spätsommer soll dazu ein umfassender Forderungskatalog fertig sein. Dieses „Anti-Diskriminierungspaket“ soll Teil der Regierungsverhandlungen der neuen Regierung werden.

Quelle: Pensionisten-Verband Österreichs