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26.04.2024 - von Lars Peters
Die Regierung schafft es nicht, einen Haushalt aufzustellen, der wirksame Schritte gegen Wohnungsnot Bildungskrise, Pflegenotstand und für einen funktionierenden und bezahlbaren ÖPNV enthält. Der Einfluss der Reichen auf Politik und Demokratie ist groß. So dreht sich die Diskussion seit Wochen um Sozialleistungen wie Bürgergeld und Kindergrundsicherung. Die Partei Die Linke richtet den Blick auf die Reichsten und hat auf der heutigen Parteivorstandssitzung einen Antrag zur Wiedereinführung der Vermögenssteuer gefasst:
Dazu die Vorsitzende der Partei Die Linke, Janine Wissler:
»Kein einzelner Mensch braucht Milliarden.
Die Allgemeinheit braucht die Milliarden, um Kitas, Brücken, Schulen, Klimaschutz und all die anderen gemeinsamen Aufgaben zu finanzieren (Pflege!).
Wer nur noch 999 Millionen hat, hat immer noch mehr Geld als ein einzelner je sinnvoll ausgeben kann im Leben.«
Der Vorsitzende der Linken, Martin Schirdewan sagt:
»Eine faire Besteuerung mit dem Ziel, den Reichtum von einer Handvoll Milliardäre auf die Breite der Gesellschaft im Land umzuverteilen, ist einer der besten Wege, um gegen die Ungleichheit beim Wohlstand vorzugehen. Die Reichen stärker zu besteuern, ist in der Zeit von wachsenden Ungleichheiten zwingend notwendig. Die aktuelle Diskussion über die Schuldenbremse verdeutlicht das starke Bedürfnis nach Investitionen.«
Der Einfluss der Reichen auf Politik und Demokratie:
Die öffentliche und politische Diskussion dreht sich seit Wochen um Kürzungen von Sozialleistungen, damit mehr Geld in Aufrüstung fließen kann. Statt ein gutes Leben für Alle, wird darüber diskutiert, ob Geld für „Kanonen oder Butter“ reicht (eine Frage, die 1936 von Rudolf Hess aufgeworfen wurde).
Noch im Februar schlug Christian Lindner (FDP) als Reaktion auf die selbstverschuldete Haushaltskrise vor, die Sozialleistungen für drei Jahre einzufrieren.
Wir stellen uns gegen diese Angriffe auf den Sozialstaat! Nur wenn wir den Sozialstaat stärken, ermöglichen wir ein gutes Leben für Alle.
Dafür muss Vermögen in der Gesellschaft umverteilt werden: Von oben nach unten und von privat zu öffentlich!
Das kosten uns die Reichen:
Die Bundesregierung führt die Diskussion um den Haushalt vor allem über Kürzungen. Die Debatte wird bestimmt von der Frage, was uns die Armen und der Sozialstaat kosten: Jeder Euro beim Bürgergeld, der Kindergrundsicherung und den Sozialleistungen für Geflüchtete wird doppelt umgedreht. Aber was kosten uns eigentlich die Reichen? Nach Schätzung der University of London gehen den EU-Staaten jährlich rund 825 Milliarden Euro durch Steuerflucht verloren, Deutschland alleine 125 Milliarden Euro. Die EU spricht dagegen nur von 160-190 Milliarden Euro. Ein deutliches Zeichen, dass die Transparenz bei Vermögen bisher nicht ausreicht. Das gilt besonders für das Vermögen der Superreichen: Öffentlich sind nur Schätzungen ihrer Vermögen bekannt, die häufig weit von der Realität abweichen. Erst kürzlich hat das Netzwerk Steuergerechtigkeit aufgezeigt, dass die deutschen Milliardär*innen mindestens 1.400 Milliarden besitzen. Im Vergleich zu den bisher angenommenen 900 Milliarden ein Plus von 55 Prozent. Deswegen unterstützen wir ein einheitliches EU-Vermögensregister, das den Besitz und die Bewegung von größeren Vermögen erfasst.
Die EU-Mitgliedstaaten sollen im Kampf gegen Steuerhinterziehung und -flucht eine Taskforce aufbauen und stärken. Denn jede*r Steuerfahnder*in bringt 1 Mio. Euro mehr ein, als sie*er kostet. So kann Finanzkriminalität als Geschäftsmodell der Reichen konsequent verfolgt werden.
Die Europäische Union ist eine Union der Ungerechtigkeit:
Oxfam schätzt, dass die fünf reichsten Europäer ihr Vermögen seit 2020 um mehr als drei Viertel gesteigert haben, von 244 auf 429 Milliarden Euro (+76%). Das ist zusammengenommen ein Zuwachs von 5,7 Millionen Euro pro Stunde. Inzwischen besitzt das reichste 1 Prozent in Europa fast die Hälfte des gesamten Vermögens (47%). Ein großer Teil dieses Vermögens ist als Betriebsvermögen an Unternehmen gebunden. Dadurch profitieren die Reichen besonders stark, wenn Konzerne Gewinne auszahlen. Alleine die 40 Dax-Konzerne schütten in diesem Jahr 53,8 Milliarden Euro an Dividenden aus, ein historischer Höchstwert. Und wer profitiert besonders? Die Reichen, denen die Anteile der Dax-Konzerne gehören!
Millionär*innen und Milliardär*innen machen mit Krieg und Krisen Profite:
Immer mehr Menschen wissen nicht, wie sie durch den Alltag kommen sollen. Die Gewinne der Reichen gehen auf Kosten der Allgemeinheit: Sie profitieren von hohen Mieten, schlechten Arbeitsbedingungen und niedrigen Löhnen, von schwachen Umweltstandards und davon, dass sie die Marktmacht haben, um die Preise hochzusetzen.
Reichtum als Klimakiller:
Die Reichen verbrauchen Unmengen an Ressourcen und verschärfen mit ihrem Luxuskonsum die Klimakrise. Das reichste 1 Prozent in Europa verbraucht 14-Mal mehr CO2 als Personen, die zu den unteren 50 Prozent gehören. Alleine 125 Milliardär*innen verursachen so viele Emissionen wie ganz Frankreich – 393 Millionen Tonnen jährlich.
Superreiche am Gemeinwohl beteiligen:
Trotz des riesigen Reichtums werden Millionär*innen und Milliardär*innen nicht gerecht an der Finanzierung des öffentlichen Lebens beteiligt. Schlupflöcher in Gesetzen laden zur Steuerflucht ein: Milliardär*innen zahlen durchschnittlich nur zwischen 0 bis 0,5 Prozent Steuern auf ihr Vermögen. Dasselbe gilt für Einkommen: Während Beschäftigte in Deutschland durchschnittlich 43 Prozent Steuern und Sozialabgaben zahlen, werden Millionär*innen mit 24 Prozent belangt. Gerechtigkeit heißt, dass Beschäftigte nicht mehr Steuern zahlen müssen als Superreiche, denen ganze Krankenhäuser oder Straßenblocks gehören. Es wird Zeit, Superreiche fair am Gemeinwohl zu beteiligen.
Vermögen gerecht besteuern:
In vielen Ländern wurde die Vermögensteuer in den vergangenen Jahrzehnten ausgesetzt oder abgeschafft. Nur wenige europäische Länder erheben noch Steuern auf Vermögen (z.B. Frankreich, Schweiz, Spanien, Luxemburg, Norwegen). In Deutschland wird seit 1997 die Vermögensteuer nicht mehr erhoben, obwohl sie in der Verfassung ausdrücklich vorgesehen ist. Das hatte die Bundesregierung unter Helmut Kohl (CDU) gemeinsam mit der FDP beschlossen. Wir wollen die Vermögensteuer in Deutschland und allen EU-Ländern (wieder-)einführen. Oxfam berechnet, dass eine EU-weite Vermögensteuer von 2 bis 5 Prozent jährlich 286 Milliarden Euro einbringen könnte – zum Vergleich: Um die Armut in der EU abzuschaffen, wären 135 Mrd. Euro nötig. Eine Umverteilung, die für mehr Geschlechtergerechtigkeit sorgt, denn 87% aller Milliardär*innen sind Männer.
Um die Vermögensteuer europaweit einzuführen, schlägt die Initiative Tax The Rich eine EU-Richtlinie vor. Diese muss von der Europäische Kommission eingebracht und vom Rat der Europäischen Union und dem EU-Parlament gemeinsam erlassen werden. Wir unterstützen einen verbindlichen Rahmen durch den die Vermögensteuer in allen EU-Ländern (wieder-)eingeführt wird.
Die Einnahmen der Vermögensteuer in Deutschland würden direkt in die Länderhaushalte fließen und könnten für dringend benötigte Lehrkräfte, Erzieher*innen, Pflegekräfte und Sozialarbeiter*innen genutzt werden. Mit dem Geld wollen wir die Krisen in Bildung, Kita und bezahlbarem Wohnen, Gesundheit, Pflege und ÖPNV überwinden – und schaffen öffentlichen Reichtum für Alle.
Vermögenssteuer einführen, Milliardäre abschaffen:
Wir wollen nicht allen Menschen ihr Vermögen wegnehmen. In Deutschland sieht das Grundgesetz eine Vermögensteuer vor. Die Linke will sie wiedereinführen und progressiv gestalten: 1% Prozent bei 1 Million Euro Netto-Vermögen, 5 Prozent ab 50 Millionen Euro.
Niemand braucht Milliarden Euro und niemand hat Milliarden Euro aufgrund der eigenen Leistung. Deswegen fordern wir zusätzlich einen Sondersteuersatz, die Milliardärsteuer. Vermögen ab 1 Milliarde Euro wollen wir mit 12 Prozent jährlich besteuern. Damit fände bei den derzeitigen Renditeerwartungen der Milliardär*innen von etwa 10 Prozent tatsächlich Umverteilung statt. Das Ziel: Superreiche gerecht besteuern, sodass wir Milliardär*innen langfristig abschaffen!
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