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21.03.2023
Als Antwort auf den Synthesebericht des Weltklimarats schlägt Lorenz Gösta Beutin, stellvertretender Vorsitzender der Partei DIE LINKE, ein 100-Milliarden-Programm für Klimaschutz und sozialen Ausgleich vor:
Die notwendigen Investitionen dürfen nicht weiter in die Zukunft verschoben werden. Besonders in den Bereichen Verkehr sowie Gebäude und Wärme ist eine massive Beschleunigung des Tempos notwendig. Statt Pseudodebatten über synthetische Kraftstoffe zu führen oder ein Tempolimit weiter mit aberwitzigen Argumenten zu verzögern, brauchen wir eine radikale Verkehrswende, die sich nicht auf den reinen Wechsel der Antriebstechnik verlässt, sondern den massiven Ausbau von Bus und Bahn in den Mittelpunkt stellt. Dass die Bahn in einem immer erbarmungswürdigeren Zustand ist, ist eine politische Entscheidung, deren Ausdruck die Verschiebung des sogenannten Deutschlandtakts von 2030 auf 2070 ist. Hier brauchen wir sofort Milliardeninvestitionen für Reaktivierung von Strecken, Anbindung ländlicher Regionen, Ausbildung von Personal, pünktliche und zuverlässige Verbindungen und bezahlbare Ticketpreise.
Gerade Gebäude- und Wärmeversorgung sind sensible Bereiche, in denen es rasch zu sozialen Verwerfungen kommt. Wenn jetzt über den schrittweisen Austausch von Öl- und Gasheizungen gesprochen wird, der klimapolitisch längst überfällig ist, so muss dieser zwingend verbunden sein mit sozialen Ausgleichsmaßnahmen für einkommensschwache Haushalte. Für die 60 Prozent der deutschen Haushalte, die zur Miete wohnen, bedeutet das: Energiepolitische Maßnahmen dürfen nicht zur Verdrängung führen, energetische Sanierungen und Austausch von Heizungssystemen müssen warmmietenneutral erfolgen. Hier muss dringend die Gesetzeslage geändert werden.
Zentrale Pfeiler des deutschen Klimaschutzes bleibt die Energiewende. Der Ausbau von Windkraft und Photovoltaik muss beschleunigt, der Kohleausstieg 2030 endlich bindend festgeschrieben werden, inklusive des Strukturwandels in den betroffenen Regionen. DIE LINKE setzt hier vor allem auf öffentliches und genossenschaftliches Engagement sowie Energie in Bürgerhand. Wenn den Menschen vor Ort die Energie gehört, die dort produziert wird, wenn sie und die Kommunen von den Erträgen profitieren, stärkt das die Identifikation mit einer gelingenden dezentralen Energiewende. Dazu gehört auch, dass die Strom- und Wärmenetze wieder in öffentliche Hand kommen als Teil öffentlicher Daseinsvorsorge.
Vom Klimawandel profitieren am stärksten die Reichen und Konzerne, die sich auch in der Vergangenheit die Taschen auf Kosten der Zukunft der Menschheit vollgemacht haben. Sie müssen besonders in die Pflicht genommen werden. Gelingender Klimaschutz muss mit einem Mehr an sozialer Gerechtigkeit einhergehen. Neben dem Abbau fossiler Subventionen, dem Verzicht auf den Neubau fossiler Infrastruktur gehört dazu auch die Einführung einer echten Übergewinnsteuer, um die Gewinne der großen Konzerne abzuschöpfen, die sich an den Folgen des Ukraine-Kriegs bereichern. Auch eine Vermögensabgabe bleibt ein Gebot der Stunde.
Die übergroße Mehrheit der Bevölkerung spricht sich für mehr Klimaschutz aus. Die Politik muss jetzt die Weichen stellen, will sie nicht die Grundlagen unseres Zusammenlebens verspielen. Der Synthesebericht des IPCC zeigt: Wenn jetzt nicht gehandelt wird, wird ein Wenden auf dem `Highway in die Klimahölle`, wie António Guterres es treffend nannte, immer schwerer. Dafür braucht es jetzt sofort massive Investitionen und klare, gerechte Regeln, aus denen sich niemand rauskaufen kann.
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