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INFLATION gab es schon im ALTEN ROM

Foto: H.S.

21.09.2022 - von Hanne Schweitzer

In Trier, wo zwischen 269 und 388 n.Chr. immerhin acht römische Kaiser residierten, laufen noch bis zum 27. November drei Ausstellungen über den Untergang des Römischen Reichs¹. Dort erfährt man unter anderem, dass sich das Römische Imperium im 3. Jahrhundert n.Chr. in seiner bis dahin größten Krise befand. Es galt, die angespannte innen- und außenpolitische Situation durch Reformen zu beruhigen. Zuerst führte Kaiser Diokletian deshalb eine neue Herrschaftsform ein, die Tetrarchie. Vier Personen herrschten nun über das Imperium. Danach folgte eine Steuerreform - auch der Landbesitz wurde nun reichsweit besteuert, eine Heeresreform, die zur Aufteilung in Feldheere und Grenzheere führte, eine Verwaltungsreform - deren Folge die Verkleinerung der Provinzen sowie die Einteilung in Diözesen war, dazu kam die Trennung des zivilen vom militärischen Sektor.

Um die Inflation zu bekämpfen, wurde 294 n.Chr. eine Münzreform durchgeführt. Überall im Reich prägte man neue, einheitliche Münzen und führte ein neues Währungssystem ein. Die Inflation hielt an. Sieben Jahre später, 301 n.Chr. verabschiedeten Diokletian und seine drei Mitregenten den Erlass eines Höchstpreisedikts. (Edictum (Diocletiani) De Pretiis Rerum Venalium)².

Das Edikt galt für das ganze Römische Reich. Darin waren die Preise für mehr als 1.000 Güter und Dienstleistungen festgesetzt. So gut wie alle landwirtschaftlichen Produkte waren in Diokletians Liste aufgeführt: Wein, Öl, Früchte, Gemüse, Essig, Honig, Gewürze, auch Fleisch, Fisch oder Salz. Der Maximalpreis betraf sowohl die Menge bzw. das Gewicht der Güter als auch ihre Qualität.
Penibel aufgelistet wurden auch die Erzeugnisse der Handwerker. Dazu gehörte Kleidung, Leinen, Seide, Wolle, Holz, spezielles Holz für das Wageninnere, Gold, Sitzmaterialien, Gegenstände aus Glas, Metall, Tonzeug, Medikamente, Schmuck oder Tierhäute in verschiedenen Güteklassen. Für Leinen zum Beispiel, lag der Höchstpreis pro Pfund je nach Qualität zwischen 72 und 200 Silbermünzen.
Die Höhe der Arbeitslöhne richtete sich nach der Wertschätzung der Dienstleistung und ob es sich um Sklaven, Freie oder Patrizier handelte. Ziegenhirten z.B., Sklaven, wie viele Dienstleister, bekamen die niedrigsten Höchstpreislöhne.
Die in Stein gemeißelten Festpreise für Waren und Löhne wurden auf öffentlichen Plätzen des Römischen Reichs in lateinischer oder griechischer Sprache zur Kenntnisnahme für alle Römer und Untertanen Roms aufgestellt. Für Zuwiderhandlungen waren schwere Strafen vorgesehen - bis hin zum Tod.

Nicht bekannt ist, wie groß die Höchstpreislistenkommission des Imperium Romanum gewesen ist, von der die umfangreiche Verordnung ausgearbeitet wurde. Wie lange sie für ihre Aufgabe brauchte, ist auch nicht überliefert.
Etwas genauer sind wir über das Heute informiert. In Berlin kündete der Bundeskanzler am 15. September 2022 eine "schnelle Lösung" für das „Preisproblem“ an. Eine Expertenkommission wurde gebildet. Sie besteht aus 24 Mitgliedern und wird von drei Oberexperten geleitet: einer Wirtschaftsweisen, einem Gewerkschaftsvorsitzenden, und dem Präsidenten des Bundesverbands der Deutschen Industrie. Im Oktober soll die Kommission ihre Vorschläge (!) zum "Preisproblem" vorlegen. Dabei geht es nicht um 1.000 Güter und Dienstleistungen sondern nur um eines: Gas.


¹ Der Untergang des Römischen Reiches - Landesausstellung in Trier,
25. Juni – 27. November 2022
Webseite: Link

² Edictum de pretiis rerum venalium
Textus:
Diokletians Preisedikt
ed. Siegfried Lauffer, Berlin 1971
Link

³ Höchstpreisedikt: Link

4 Diokletianspalast in Split: Link

Quelle: Büro gegen Altersdiskriminerung