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Die Stimme Pflegebedürftiger + ihrer unmittelbaren Unterstützer ist vergleichsweise leise

Foto: H.S.

23.05.2023 - von Dr. P. Müller

Über den „Pflegenotstand“ wird seit Jahrzehnten viel geredet. Auch am unabhängigen Dresdner „Runden Tisch der Senioren, Behinderten und Vorruheständler“ (RT) ist PFLEGE immer wieder Gegenstand diverser Verbesserungsbemühungen; so konnten kürzlich die Ergebnisse der durch ihn 2022 initiierten „Wunschzettel“-Aktion vorgelegt werden – mehr unter: Link

Unter dem Motto „Gute Pflege ist machbar“ hatte der RT in Absprache mit einem partnerschaftlichen Pflegedienst zum Tag der Pflegenden am 12. Mai in die Räume vom Pflegeimpuls-Team „Frieda“ in die Dresdner Friedrichstadt eingeladen. Die in der „Wunschzettel“-Aktion und vielen anderen beklagten Mängel kamen erneut zur Sprache. Wegen dieser Nöte hatte sich das Team zu einem alternativen Pflegedienst auf Augenhöhe zusammengefunden, angelehnt an das niederländische „Buurtzorg“-Modell.
Die Aktiven des RT bedankten sich für die gute Arbeit dieses Pflegedienstes und verabschiedeten zugleich ein Impulspapier zum Tag der Pflege – s. Dateianhang.
Wir hoffen, dass Fragen der Pflege nicht nur einmal im Jahr im öffentlichen Blickpunkt stehen, sondern das gemeinsame Bemühen engagierter Pflegekräfte und Senioren endlich auch in Politik, Verwaltung und Öffentlichkeit mehr Resonanz finden.

Thesenpapier von Dr. Peter Müller, beim Treffen des „Runden Tisches der Senioren,
Vorruheständler und Behinderten der Stadt Dresden“ (RT) diskutiert und verabschiedet
Wunschzettel an die Pflege – Impulse zum Tag der Pflege am 12. Mai 2023 -

Dem Auswertungspapier der „Wunschzettel“-Aktion ist zu entnehmen, Auslöser 2022 waren
zunächst eher Geldbeutelreflexe (stark steigende Eigenbeteiligungen), weniger Empathie, Mitgefühl mit Pflegebedürftigen und ihren Helfenden. So beschloss der Seniorenbeirat:
1. Herstellen von mehr Öffentlichkeit, 2. Alte und Pflegekräfte besser verbünden
und 3. Angehörige zu stärken.

Inzwischen ist sich der Seniorenbeirat uneins, wie mit den Ergebnissen umzugehen sei.
Der seit 1992 aktive „Runde Tisch ...“ hingegen bezieht zum Tag der Pflege 2023 angesichts der vorliegenden Auswertung klare Positionen. Nötig ist akteursübergreifendes, regionales und überregionales Handeln aus humanistischer Grundhaltung heraus.
So will nun auch das Dresdner PflegeNetz (in der Regie des Sozialamtes) die Wunschzettel-
Ergebnisse in ein Thesenpapier einfließen lassen, worin sich die Stadt Dresden diesem schwierigen Thema stellen will. ...

Uns als engagierten Senioren ist es wichtig, konsequent die Interessen Betagter und ihrer Angehörigen in den Mittelpunkt zu rücken, da wir keine Leistungserbringer, Kostenträger oder Behörden sind. Denn wir spüren: In der Pflegedebatte ist die Stimme Pflegebedürftiger und ihrer unmittelbaren Unterstützer vergleichsweise leise und es wird viel zu viel vordergründig über Kosten schwadroniert.

Wir wollen aber nicht nur die tatsächlich immensen Kosten und die große Zahl von „Pflegefällen“ thematisiert wissen, sondern vielmehr VERSTEHEN, was Pflegebedürftigkeit und das Kümmern um Pflegebedürftige praktisch, alltäglich in asymmetrischen Beziehungen bedeutet.

Wir wollen PFLEGEBEDÜRFTIGKEIT ein Gesicht/viele persönliche Gesichter geben, mithin dazu beitragen, das individuell bessere Perspektiven durch das öffentliche und politische Anerkennen von PFLEGEBEDÜRFTIGKEIT UND eben durch EINFÜHLENDES VERSTEHEN ermöglicht wird.
Das soll unser Eigenbeitrag aus Sicht von Selbstvertretung und Wirksamwerden Älterer in der Gesellschaftsdebatte sein. Insofern war es für uns logisch, exemplarisch und nicht repräsentativ vorzugehen.

Einige Ergebnisse der Wunschzettel-Kampagne sind uns wichtig:
# Perspektivwechsel nötig vom Reden über „Fälle“ hin zum Verstehen!

# stärkere Wirksamkeit von Biografie- und Netzwerkarbeit mit und für Pflegebedürftige (Einbau in Nachbarschaftsnetzwerke, Ausbau von Freiwilligenkonzepten in der Wohlfahrt, verstärkte Weiterbildung professioneller und ehrenamtlicher Helfenden sowie pflegender Angehöriger u. a. mit der Methode der „persönlichen Zukunftsplanung“, Validation, Mediation etc.),

# jede persönliche Pflegesituation ist stets auch eine soziale Situation, von der Viele betroffen sind; aus der jeweiligen Wahrheit des „Einzelfalls“ müssen wir gesellschaftliche Wahrnehmung stiften,

# Herstellen von Öffentlichkeit über Lokalmedien oder in Form von (Sorge-)Stiftungen, was
durchaus in den Gemeinden beginnen kann. Das um so mehr, als wir wohl noch etwas auf ein
„Sondervermögen Pflege“, „Sondervermögen Bildung“ warten müssen.
Das mag alles nicht sonderlich originell klingen, aber das fast schon tagtägliche Kosten-Geschacher kann es ja wohl nicht bleiben, meinen wir als SeniorAktivisten. Was nicht im Bericht steht, etwa die Gestaltung der Rahmenbedingungen, wie mehr Vielfalt in den Wohnformen, Quartiere der kurzen Wege etc. Das kommt schließlich allen zu gute ... wie eben auch GUTE PFLEGE!
Gez. Jürgen Dudeck (RT-Sprecher) und Peter Müller
Kontakt: INKLUSIVE Senioren bei Sigus e.V., Schrammsteinstr. 8, 01309 Dresden, Tel.: 0351-2632138

22.5.2023: Bundesregierung will Pflegekräfte aus Brasilien
Die Bundesregierung will mehr Pflegekräfte aus Ländern mit großem Arbeitskräftepotential wie Brasilien abwerben. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sagte der Neuen Osnabrücker Zeitung (Sonnabend), er werde im Juni gemeinsam mit Außenministerin Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) nach Brasilien reisen. Dort gebe es sehr viel Pflegepersonal. Darüber hinaus gebe es Absprachen mit Indonesien und Mexiko. »Wir werden dabei sehr sensibel vorgehen, damit wir keinem Land die Arbeitskräfte nehmen, die es selber braucht«, behauptete Heil. (dpa/jW)

Quelle: INCLUSIVE Senioren bei Sigus e.V. , Junge Welt