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DGB-Fahimi: Wie ernsthaft verfolgt sie Themen ?

Fto: H.S.

26.05.2022 - von Horst Gehring

Sehr geehrte Frau Fahimi,

mit Interesse habe ich Ihre Aussage bezüglich einer Entlastung für Rentner zur Kenntnis genommen. Allerdings sehe ich Ihrer Bekundung mit einer gewissen Befremdung entgegen, weil ich nicht einordnen kann, wie ernsthaft Sie diese Thematik verfolgen. Als SPD-Politikerin erinnern Sie sich sicher noch an die Auswirkungen des Gesundheitsmodernisierungsgesetzes vom 01.01.2004.

Womit ich beim Thema wäre, vorgenannt geht es ausschließlich um Betriebsrenten

Auslöser ist das Gesundheitsmodernisierungsgesetz vom 14.11.2003, das einen Umgehungstatbestand abschaffen wollte. Es hatte sich herumgesprochen, sich eine vom Arbeitgeber bezahlte Betriebsrente vor dem Ruhestand auszahlen zu lassen, um somit die bei laufender Rentenzahlung dafür fälligen Beiträge für die Krankenversicherung zukünftig zu sparen. Das wiederum nahmen die Krankenkassen mit Billigung des Gesetzgebers zum Anlass, auch zu 100% privat finanzierte Direktversicherungen (Beiträge hierzu während der Einzahlungsphase bereits versteuert und Sozialabgaben bezahlt) ohne die Betroffenen zu informieren für die nach dem 01.01.2004 zur Auszahlung kommenden Lebensversicherungen willkürlich als Betriebsrente einzustufen.

Es gab weder Bestands- noch Vertrauensschutz und das Unfassbare: es galt auch rückwirkend für Verträge, die bereits in den 70er, 80ziger Jahren abgeschlossen wurden. Aus der Sicht der vorsorgenden ein unglaublicher Vertrauensbruch mit Bumerangeffekt zum Schaden der dafür verantwortlichen Gewerkschafter*innen sowie vor allem für die SPD bei allen Wahlen.

Bereits im November 2003 habe ich ver.di vor Klagen beim hiesigen Sozialgericht gewarnt, weil alle Bemühungen keine Aussicht auf Erfolg versprachen. In eigener Sache habe ich alternativ auf Widerspruchsverfahren bei den gesetzlichen Krankenkassen hingewiesen. Eine Empfehlung, die auch vom DGB ignoriert worden ist. Es war sehr schwierig, selbst erfahrene Rechtsanwälte auf dem Tatbestand der „Unechten Rückwirkung“ hinzuweisen.

Letztendlich beruhten die Entscheidungen auf folgender Grundannahme: Die Rückwirkung von Gesetzen kann dann zulässig sein, wenn – wie hier – eine Entscheidung des Bürgers zwar aus der Vergangenheit herrührt (die Entscheidung, eine Direktversicherung nicht als Rente, sondern als einmalige Zahlung zu beanspruchen), der Zeitpunkt der Fälligkeit aber noch nicht eingetreten ist. Man bezeichnet dies juristisch als unechte Rückwirkung, weil der Sachverhalt als Ganzes zwar aus der Vergangenheit herrührt, aber noch nicht erledigt ist. Erledigung wäre hier die Auszahlung des fällig gewordenen Betrages.

Ich erinnere mich noch genau an ihre Zeit als parlamentarische Staatssekretärin im Arbeits- und Sozialministerium. Diesbezügliche Anfragen: „Wer zusätzlich fürs Alter vorsorgt, soll nicht dafür bestraft werden.“ Leider haben Sie somit Rentenkürzungen von zwanzig Prozent billigend in Kauf genommen.

Weitere Anfragen haben Sie stets ignoriert bzw. auch auf Veranstaltungen z.B. im Hotel Schweizer Hof in Berlin den Veranstalter darauf hingewiesen, dass sie mit derartigen Fragen nicht belästigt werden möchten. Das ist also die Kehrseite der Medaille, die mich als ehemaliges SPD-Mitglied wie auch Gewerkschafter stets irritiert hat.

Mit freundlichen Grüßen
Horst Gehring

Quelle: Horst Gehring