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Militär bleibt unangetast - Vorschläge zur Lösung des als verfassungswidrig abgelehnten Gesetzes über 2. Nachtragshaushalt 2021

Foto: H.S.

30.11.2023 - von Janine Wissler, Hanne Schweitzer, German Foreign Policy

30.11.2023: Bis an die Zähne bewaffnet
Trotz rasant steigender Militärausgaben dringen Berlin und Brüssel auf weitere Schritte zur Erhöhung der nationalen Wehretats in der EU. Der deutschen Regierung ist es gelungen, mit buchhalterischen Tricks das Streitkräftebudget mit einem Schlag auf rund zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts anzuheben. Dazu sollen im nächsten Jahr dem regulär wachsenden Wehretat noch 19,2 Milliarden Euro aus den Sonderschulden hinzugefügt werden, die in Berlin trotz einer Rüge des Bundesrechnungshofs immer noch verschleiernd „Sondervermögen“ genannt werden. Sobald dieses in wenigen Jahren wegfällt, will Verteidigungsminister Boris Pistorius den Wehretat um 23 Milliarden Euro erhöhen. Um die Mittel aufzubringen, könne man einfach zwei Feiertage streichen, regt der Direktor der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP), Guntram Wolff, an. In der EU wird auf Vorschlag der estnischen Ministerpräsidentin Kaja Kallas über einen Aufrüstungsfonds nach dem Vorbild des Covid-19-Wiederaufbaufonds diskutiert – mit einem Volumen in dreistelliger Milliarden-Euro-Höhe. In Berlin wird gleichzeitig die Forderung nach nuklearer Aufrüstung der EU laut.
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Vorschläge der Linken zum Haushaltsdilemma: Militär bleibt unangetastet Bemerkenswert:

Die Linke sagt nichts darüber, dass die rotgrüngelbe Koalition die Militärausgaben unangetastet lässt. Das gilt für die grundgesetzlich abgesicherten 100 Milliarden Euro Sonderschulden für die Bundeswehr. Das gilt für die zwei Prozent des Bruttosozialprodukts, die nun Jahr für Jahr für das Militärische ausgegeben werden sollen. Die Verteidigungsausgaben in Höhe von zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes würden nun dauerhaft gewährleistet, hatte der Kanzler am 11.11. auf einer Bundeswehrtagung in Berlin geprahlt und als Zeitrahmen dafür die Zwanziger- und Dreißigerjahre genannt! Er nannte das "die Zeitenwende gestalten". Gestalten! Das gilt wohl auch für die Kosten, welche für die geplante Errichtung und den Unterhalt von drei Städten für den Bundeswehrstützpunkt in Litauen. Auch das muss gestaltet werden.


Die Vorschläge der Linken
1. Schuldenbremse und EU-Fiskalregeln abschaffen


Die Schuldenbremse muss aus dem Grundgesetz getilgt werden. Investitionen in langfristig wirkende Zukunftsaufgaben wie den Ausbau der öffentlichen Infrastruktur müssen durch Kreditaufnahmen finanziert werden können. Kurzfristig kann und muss für 2023 und 2024 die Notfallklausel der Schuldenbremse in Kraft gesetzt werden, um die besonderen Belastungen aus Ukraine-Krieg, die Inflation und die staatlichen Ausgleichsmaßnahmen bei den Energiepreisen zu stemmen.
Ebenso müssen die Schuldenregeln im Stabilitäts- und Wachstumspakt der Europäischen Union abgeschafft werden. Auch in Europa muss es Vorfahrt für Investitionen geben. Der Fiskalpakt verschärft die Neuverschuldungsquote für die Euroländer sogar auf maximal 0,5 Prozent. Wir fordern, dass sie aufgehoben und die Europäischen Verträge entsprechend geändert werden, um wirksame Sozialpolitik und langfristige, sozial- ökologische Investitionen zu ermöglichen!

2. Einmalige Vermögensabgabe für die reichsten 0,7 Prozent

Zur Bewältigung der Krisenlasten fordern wir eine einmalige, progressiv ausgestaltete Vermögensabgabe auf Vermögen von mehr als 2 Millionen Euro (bzw. bei einem Betriebsvermögen von über fünf Millionen Euro). Sie wird einmalig erhoben, kann aber über 20 Jahre gestreckt in Raten gezahlt werden und würde über 300 Milliarden Euro einbringen. Nach Berechnungen des DIW würde dies nur die oberen 0,7 Prozent der erwachsenen Bevölkerung, also nur die wirklich sehr Reichen treffen.

3. Übergewinnsteuer für Krisengewinnler

Während viele Menschen angesichts der hohen Preise für Energie und Lebensmittel nicht mehr wissen, wie sie über den Monat kommen, fahren manche Konzerne Extraprofite ein. Wir fordern eine Steuer auf die Übergewinne der Krisenprofiteure. Hierdurch könnten Einnahmen von über 30 Milliarden Euro erzielt werden. Damit könnten viele Menschen entlastet werden, beispielsweise bei den Strom- und Gaspreisen.

4. Klimaschädliche Subventionen abbauen

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (das Gesetz über den Zweiten Nachtragshaushalt 2021 ist verfassungswidrig) darf nicht auf Kosten des Klimaschutzes und eines nachhaltigen und sozial gerechten Umbaus von Wirtschaft und Verkehr gehen. Klimafeindliche Subventionen müssen daher entschlossen abgebaut werden. Darunter fallen u.a. der verringerte Energiesteuersatz für Diesel gegenüber Benzin (8, 2 Mrd. Euro), die Pauschalsteuer für Dienstwagen (min. 3,1 Mrd. Euro) oder die Energiesteuerbefreiung für Kerosin (8,3 Mrd. Euro).

5. Verlässlicher Investitionsplan

Bildung, Pflege, öffentlicher Personenverkehr, bezahlbares Wohnen und Klimaschutz - der Investitionsbedarf ist riesig. Deshalb brauchen wir einen verlässlichen Investitionsplan, um notwendige Investitionen in Infrastruktur und den Umbau der Industrie zu sichern. Wenn diese Mittel als Erwerb von Gesellschaftsanteilen an den Unternehmen ausgestaltet würden, wäre dies eine finanzielle Transaktion, die nicht unter die Schuldenbremse fällt. Eine andere Variante wäre eine Erhöhung des Eigenkapitals der KfW, die dann ein zinsloses, aber rückzahlbares Darlehen vergibt.

Janine Wissler erklärt dazu:
»Wir erleben aktuell eine der schwersten Regierungskrisen in der Geschichte der Bundesrepublik. Die Ampel steht vor dem Scherbenhaufen ihrer Finanzpolitik. Der Haushalt war schon vor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Schuldenbremse ungenügend. Länder und Kommunen werden alleingelassen. Eine derartige Ignoranz gegenüber den Lebenslagen der Menschen ist unbegreiflich. Die Linke hat die Investitionsbremse in ihrer heutigen Form stets abgelehnt. Der Staat sollte – wie es Unternehmen und Privathaushalte auch tun –Investitionen in die Zukunft über Kredite finanzieren können. Gerade angesichts der riesigen Herausforderungen durch den Klimawandel, den Umbau der Industrie und die marode Infrastruktur. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts stehen all die Tricksereien mit Sondervermögen, Umwidmungen und Extrafonds der Regierungskoalition auf der Kippe, die regierende Politik hat uns ins finanzpolitische Chaos manövriert. Ohne die 60 Milliarden Euro aus dem Klima- und Transformationsfonds sind wesentliche Zukunftsprojekte wie der Ausbau der Bahn und den klimaneutralen Umbau der Industrie gefährdet. Die ausbleibenden Investitionen werden die wirtschaftliche Entwicklung weiter bremsen und viele Arbeitsplätze kosten – und zukunftsfeste Arbeitsplätze werden nicht geschaffen.«

Quelle: Die Linke, German Foreign Policy, Büro gegen Altersdiskriminierung