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Österreich: Corona-Impfpflicht verabschiedet

Foto: H.S.

Österreich - 20.01.2022 - von Hanne Schweitzer

Etliche tausend Demonstranten hatten sich vor der Abstimmung über die Einführung einer Impfpflicht in Österreich trotz Demonstrationsverbots im Umfeld des Parlaments versammelt, als mit den Stimmen der Regierungskoalition aus ÖVP (Konservativen), Grünen, und den Oppositionsparteien SPÖ (Sozialdemokraten) und NEOS (Liberale), am 20.1.2022 in Wien eine allgemeine Impfpflicht ohne Altersgrenzen verabschiedet wurde.

Die SPÖ erklärte ihre Zustimmung unter Vorbehalt sehr sozialdemokratisch damit, dass die Impfpflicht nur Teil einer breit angelegten Strategie sein könne, während die Neos ihren Vorbehalt mit der Forderung nach einer vollständigen Lockerung der Maßnahmen, darunter auch der Aufhebung der Sperrstunde um 22 Uhr begründete. Die FPÖ, (Rechtsnationale) stimmte geschlossen gegen das Impfpflichtgesetz, das von Februar 2022, wenn alle, die in Österreich ihren Haupt- oder Nebenwohnsitz haben, per Post amtlich zum Impfen aufgefordert werden, bis zum Jahr 2024 gelten soll. Für alle ab 18 Jahre. Nicht für Jugendliche, nicht für Kinder.

Ausnahmen gelten für schwangere Frauen, Genesene bis zu drei Monaten nach einer Infektion, und für die, die aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden dürfen. Entsprechende Bescheinigungen dürfen nur von Amtsärzten, Epidemieärzten und Fachambulanzen ausgestellt werden.

Im Gesetz steht auch, dass eine Impfung nicht unter Ausübung von direktem Zwang verabreicht werden darf. Außerdem wurde das Impfschadensgesetz geändert, aus dem sich bisher ein direkter Entschädigungsanspruch ergeben hatte. Die Polizei soll außerdem ab März 2022, bei jeder Personenkontrolle auch den Impfstatus kontrollieren.

Das Gesetz sieht eine Einführung der Impfpflicht Anfang Februar 2022 vor. Allerdings können Geldstrafen frühestens nach dem 15. März 2022 verhängt werden. Dann werden Geldstrafen von bis zu 600 Euro viermal im Jahr verhängt. Für den, der sie nicht bezahlt oder gar widerspricht, fällt die Strafe höher aus. Mit Hilfe einer Impflotterie soll den Bürgern die Impfpflicht schmackhaft gemacht werden. Zu gewinnen gibt es maximal 500 Euro.

Der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) hat schnell reagiert und Antworten auf die wichtigsten Fragen des Arbeitsrechts ins Netz gestellt.
oegb.at: Was gilt ganz konkret für mich am Arbeitsplatz, wenn die generelle Impfplicht Anfang Februar kommt?
Martin Müller: Die allgemeine Impfpflicht hat keine direkten Auswirkungen auf den Arbeitsplatz. Es gilt auch nach dem 1. Februar die 3-G-Regel. Also auch ohne Impfung oder genesen zu sein, können ArbeitnehmerInnen mit einem aktuellen Test arbeiten gehen.

Darf der Arbeitgeber von mir verlangen, dass ich mich impfen lasse?
Eine Impfung anweisen kann der Arbeitgeber nicht. Es kann natürlich sein, dass meine Tätigkeit eine Impfung erfordert, weil ich etwa ständig ins Ausland reisen muss und ich für den Grenzübertritt die Impfung brauche. Wenn ich mich nicht impfen lassen möchte, und es keine Tätigkeit für mich gibt, die ich ohne Impfung ausüben kann, dann wird es eng.

Kann mich mein Arbeitgeber kündigen bzw. entlassen, wenn ich mich nicht impfen lasse?
Man muss ganz streng zwischen Kündigungen und Entlassungen unterscheiden. Wir haben in Österreich ein sehr liberales Kündigungsrecht, zum Kündigen brauche ich grundsätzlich keinen Grund. Bei der Entlassung ist das anders: Zum Entlassen brauche ich einen Grund und bei der Entlassung kann man in der Regel sagen, da ist etwas ganz grob falsch gelaufen: Ich habe in die Kassa gegriffen oder war tätlich gegenüber KollegInnen beispielsweise – das wären Entlassungsgründe. Eine Entlassung ist sofort wirksam, bei der Kündigung gibt es Fristen. Eine Impfverweigerung als Entlassungsgrund sehe ich wirklich nicht. Ob es als Grund für die Anfechtung einer Kündigung ausreicht, wenn ein Arbeitnehmer sagt, er sei nur gekündigt worden, weil er sich nicht impfen hat lassen, ist nicht klar – da kommt es sehr auf den Einzelfall an.

Darf der Arbeitgeber eigentlich fragen, welchen Impfstatus ich habe?
Den Impfstatus braucht der Arbeitgeber an sich nicht zu wissen. Er hat ja nur die 3-G-Regel zu überprüfen. Doch nicht zuletzt anhand der Gültigkeit des „grünen Passes“ erfährt er, wenn ich nur über einen Test verfüge. Dieser gilt maximal 72 Stunden während eine Impfung oder Genesung mehrere Monate gilt. Also erfährt der Arbeitgeber nicht unmittelbar von der Impfung, sehr wohl erkennt er aber, wenn man den grünen Pass aufgrund eines Tests hat.

Kann ich mich in der Arbeitszeit impfen lassen?
Arzttermine sollte man grundsätzlich möglichst außerhalb der Dienstzeit wahrnehmen. Wenn man einen vorgeschriebenen Corona-Impftermin bei beschränkter Terminauswahl schnell wahrnehmen muss, liegt wohl ein Dienstverhinderungsgrund aus wichtigem persönlichen Grund vor. In diesen Fällen kann man sich dann auch in der Arbeitszeit impfen lassen. Wir empfehlen aber, sich darüber mit dem Arbeitgeber zu einigen.

Was passiert, wenn ich der Impfpflicht nicht nachkomme? Kann mich der Arbeitgeber auch anzeigen? Muss ich Strafe zahlen?
Das Impfpflichtgesetz sieht Geldstrafen für die Nichtbefolgung der Impfpflicht vor. Diese variieren zwischen Höchststrafen von bis zu 600 Euro im „vereinfachten“ Verfahren und bis zu 3.600 Euro im „ordentlichen“ Verfahren. Beide Strafen können von der Bezirksverwaltungsbehörde als Gesundheitsbehörde insgesamt bis zu 4 Mal pro Jahr verhängt werden. Freiheitsstrafen sieht das Gesetz hingegen nicht vor.
Eine Überprüfung der Impfung durch den Arbeitgeber ist im Gesetz nicht ausdrücklich vorgesehen. Der Arbeitgeber kann auch nicht einen Teil Ihres Lohnes/Gehalts einbehalten, wenn Sie der Impfpflicht nicht nachkommen.

Kann ich vor dem 1.2.2022 gekündigt/ entlassen werden, weil ich nicht geimpft bin?
Eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist aufgrund des in Österreich besonders liberal ausgeprägten Kündigungsrechts unabhängig von der Impfpflicht ohne besonderen Grund möglich.

Muss ich schon am 2.2.2022 geimpft am Arbeitsplatz sein?
Das vorliegende Impfpflichtgesetz sieht nicht vor, dass die Impfung eine Voraussetzung für das Betreten des Arbeitsplatzes darstellt („2G“). Auch die geltende COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung stellt klar, dass Arbeitsorte weiterhin mit einem 3G-Nachweis (in Einzelfällen: 2,5G) betreten werden dürfen, also geimpft, genesen aber auch getestet.

Was ist, wenn ich bis zum 31.1.2022 warte und dann bis 1.2.2022 keinen Impftermin bekomme?
Durch die im Gesetz vorgesehene Übergangsfrist bis zum Inkrafttreten des Sanktionsmechanismus müssen Sie frühestens am 16.03.2022 über einen vollständigen Impfschutz verfügen.
Darüber hinaus sieht das Gesetz vor, dass eine Strafe, die nach dem 15.03.2022 verhängt wird, nicht zu bezahlen ist, wenn Sie binnen 2 Wochen ab Zustellung der Strafverfügung der Impflicht nachkommen und sich impfen lassen.


Warum muss ich der Impfpflicht auch nachkommen, wenn ich im Homeoffice bin bzw. kaum Kontakt zu KollegInnen/KundInnen habe?
GesundheitsexpertInnen gehen davon aus, dass eine Impfquote von 80-85% entscheidend ist, um weitere Pandemiewellen zu vermeiden. Die Impfpflicht ist daher nicht in erster Linie an Arbeitgeber und ArbeitnehmerInnen gerichtet, sondern gilt für alle, unabhängig vom beruflichen Status.

Wie erfährt der Arbeitgeber, dass ich geimpft bin? Muss ich das melden? Darf der Arbeitgeber einen Impfnachweis verlangen?
Das vorliegende Impfpflichtgesetz sieht nicht vor, dass die Impfung eine Voraussetzung für das Betreten des Arbeitsplatzes darstellt („2G“). Auch die geltende COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung stellt klar, dass Arbeitsorte weiterhin mit einem 3G-Nachweis (in Einzelfällen: 2,5G) betreten werden dürfen, also geimpft, genesen aber auch getestet.
Diese Nachweise muss Ihr Arbeitgeber allerdings regelmäßig kontrollieren. Eine zusätzliche Kontrolle durch den Arbeitgeber, ob Beschäftigte der allgemeinen Impfpflicht nachgekommen sind, sieht das Gesetz jedoch nicht vor.

Quelle: jobundcorona.at/impfpflicht/