Foto: H.S.
09.12.2021 - von Hanne Schweitzer + diverse + Arnold Schölzel
Die SPD-Delegierten haben dem Koalitionsvertrag zu mehr als 98 % zugestimmt. Die anderen Parteien folgen, klatschen, AbgeordneteInnen richten ihre Büros ein, kaufen sich neue Klamotten und machen sich an die zuverlässig bezahlte Arbeit mit guter Alters- und Gesundheitsversorgung.
Als Erstes werden sie der gesetzlichen Altersversorgung an den Kragen gehen. Die Wiedereinführung des Nachholfaktors muss beschlossen werden, die Senkung der Rentenerhöhung 2022 um 0,8 Prozent gegenüber der Prognose des Schätzerkreises ebenso.
Es folgt die Einführung der "Aktienrente"*, die als Beitrag zur generationengerechten Finanzierung der gesetzlichen Altersversorgung bereits annonciert wurde. Dazu wird die die gesetzliche Rentenversicherung 2022 immerhin 10 Milliarden Euro vom Bund (also vom Steuerzahler) erhalten, um den Einstieg in den Aufbau eines Kapitalstocks vorzunehmen, der angeblich einer Stabilisierung des Rentenniveaus und des Rentenbeitragssatzes dienen soll.
Abgeordnetenwatch** hat die ersten Schritte der Lobbyarbeit für Banken- und die Versicherungsbranche recherchiert. SPD-Kanzler Schröder hat gemeinsam mit Olaf Scholz und Hubertus Heil den Paradigmenwechsel mit Walter Riester und dem Produkt gleichen Namens eingeleitet. Das war zwar ein Flop, ließ Schröder*** aber an seiner aufopfernden Lobbyarbeit nicht irre werden. Auch die Einführung von Hartz IV war das Werk der rot/grünen Regierung. Der größte Sozialabbau in der Geschichte des Landes wird nun unter dem Namen "Bürgergeld" weitergeführt. Jan Grewe erklärt in der Jungen Welt, was mit diesem Etikettenschwindel gemeint ist: "Das Bürgergeld stellt die Potentiale der Menschen (= ausgebeutet werden zu können) und Hilfen zur nachhaltigen Integration in den Arbeitsmarkt (= um ausgebeutet werden zu können) in den Mittelpunkt und ermöglicht gesellschaftliche Teilhabe (= durch ausgebeutet werden)."
SPDler, FDPler und Grüne haben die Ablehnung der Bürgerversicherung akzeptiert, das Fehlen progressiver Einkommens-, Erbschafts- und Vermögensbesteuerung, sie haben einem ungeeigneten „Tierwohl“-Label auf freiwilliger Basis zugestimmt und dem Ausbau des Niedriglohnsektors sowie der Fortsetzung der Sparpolitik in der Gesundheitsversorgung. Dafür soll der Befürworter von Krankenhausschließungen, und Garant der Zwei-Klassen-Medizin, Karl Lauterbach, sorgen. Der "Überall-Experte" hatte 2019 eine entsprechende Bertelmannstudie so kommentiert: "Jeder weiß, dass wir in Deutschland mindestens jede dritte, eigentlich jede zweite Klinik schließen sollten. Dann hätten wir in anderen Kliniken genug Personal, geringere Kosten, bessere Qualität und nicht soviel Überflüssiges."
SPD, FDP und Grüne werden nun klimaneutral mit atombewaffneten Drohnen, dem ausgeweiteten Niedriglohnsektor, den Geschenken für die Versicherungswirtschaft, sowie der größten Armut mit den niedrigsten Renten im reichsten Land der EU weitermachen. Selbst im Hinblick auf die angespannte internationale Situation kann die neue Regierung an die rot/grüne Außenpolitik der 1. Regierung Schröder/ Fischer anknüpfen. Die hat 1999 den völkerrechtswidrigen Krieg gegen Jugoslawien unterstützt, sie hat sich aktiv an der Umwandlung der NATO von einem Verteidigungs- in ein "Interventionsbündnis" beteiligt. Sie hat dafür gesorgt, dass der Satz "Von deutschen Boden darf nie wieder Krieg ausgehen" in der Politik und Kommentaren der Zeitungen keine Bedeutung mehr hat, und als "humanitäre Interventionen" verkleideten Bundeswehreinsätze außerhalb der Grenzen Deutschlands öffentlich nicht mehr die Bohne in Frage gestellt werden. Schon gar nicht von der grünen Außenministerin und Nachfolgerin Fischers in diesem Amt die, wie viele in ihrer Partei, als ausgeprägt Russland****- und Chinafeindlich gilt. Arnold Schölzel berichtet in der Jungen Welt am 8.12.21: "So dringt nach außen, dass in Erwartung der Außenministerin Annalena Baerbock im Regierungsberlin Kriegsstimmung eingezogen ist, nicht anders als vor 22 Jahren beim SPD/Grünen-Krieg gegen Jugoslawien. Damals hieß die Lüge »Völkermord«, heute: Allein Russland schickt Truppen an die Grenze zur Ukraine. Und wenn eingeräumt wird, Kiew tue das auch (es hat damit angefangen, wie stets reagiert Russland lediglich), sind selbstverständlich allein die Russen ein Grund zu Sorge. ... Denn selbstverständlich ist der Aufmarsch von 125.000 Mann der ukrainischen Armee im Osten nicht besorgniserregend".
Baerbock weiter für nukleare Teilhabe
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock sieht im Festhalten an der sogenannten nuklearen Teilhabe der NATO und ihrem Einstehen für atomare Abrüstung keinen Widerspruch. »Die Stärke von Außenpolitik ist, dass es nicht schwarz-weiß, entweder oder betrachtet werden sollte«, sagte die Grünen-Politikerin am Dienstag nach einem Gespräch mit ihrer schwedischen Kollegin Ann Linde in Stockholm. »Das Ziel ist für uns alle, dass eine Welt ohne Atomwaffen eine sicherere Welt ist.« Dafür wolle die BRD einen »Beitrag leisten«. (dpa/jW 15.12.2021)
-------
** Abgeordnetenwatch.de unter: Link
Schweiz: Das Geschäft mit den Renten: siehe altersdiskriminierung.de unter: Link
-------
* Aktienrente kontra umlagefinanzierter gesetzlicher Rente: siehe altersdiskriminierung.de unter: Link
*** Gerhard Schröder ist nun Lobbyist für Betriebsrenten: siehe altersdiskriminierung.de unter: Link
-------
**** Berliner Thinktank will Ukraine-Konflikt eskalieren: siehe altersdiskriminierung.de unter: Link
Weitere Artikel, nach dem Datum ihres Erscheinens geordnet, zum Thema
Finanzen:
01.12.2021: Inflationsrate November 2021: NRW 5,1% / bundesweit 5,2 % / EU 4,9%
26.11.2021: Moderate Lohnpolitik: Gewerkschaften haben sich selbst ins Abseits geschossen
25.11.2021: Bürgergeld statt Hartz IV
Alle Artikel zum Thema
Finanzen
Zurück zur Suche nach Atom