Diskriminierung melden
Suchen:

Otto Schily: Impfpflicht, eine verfassungswidrige Anmaßung

Foto: H.S.

04.12.2021 - von Otto Schily

In der WELT erläutert der Mitbegründer der Grünen, der 1989 zur SPD wechselte und bis 2005 Bundesminister des Innern war, seine Position gegen eine Impfpflicht.
"Was noch vor kurzer Zeit kategorisch ausgeschlossen wurde, soll jetzt nach den Ankündigungen in den Medien Gesetz werden: eine allgemeine Impfpflicht. Bekanntlich ist die Verlässlichkeit von Versprechen in der Politik ohnehin nicht selten eher begrenzt, aber in einer spannungsreichen Zeit, in der es in besonderem Maße darauf ankommt, das Vertrauen in die demokratischen Entscheidungsprozesse zu festigen, ist es gewissenlos, die früheren Festlegungen in einer Frage, die den Kern der Grundrechte angeht, einfach über Nacht zur Makulatur zu erklären. In einer freiheitlich-rechtsstaatlichen Demokratie darf sich der Staat nicht anmaßen, dem einzelnen Menschen eine bestimmte ärztliche Behandlung aufzuzwingen, das gilt umso mehr angesichts der Tatsache, dass es sich um neu
entwickelte Impfmethoden handelt, deren Langzeitfolgen nach einem relativ kurzen Zeitabschnitt der Anwendung keineswegs abschließend verlässlich beurteilt werden können. Eine allgemeine Impfpflicht ist schlicht verfassungswidrig." ...

Er selbst, so Schily, sei kein Impfgegner und bereits dreimal geimpft. Er befürchte aber, dass eine allgemeine Impfpflicht "die erkennbaren Spaltungstendenzen in der Gesellschaft auf hochgefährliche Weise verstärken" könten, "bis hin zu Gewaltausbrüchen." Und er fragt, ob in den "schöneren Gefängnissen, die der sich neu formierende Berlin Senat bauen will", Impfunwille untergebracht werden sollen. ....

Schily weist darauf hin, dass es nicht mal in China eine allgemeine Impfpflicht gibt. Für ihn dient die Impfpflicht "nur der Vernebelung der Tatsache, dass die Politik offensichtlich nicht imstande ist, sich auf die Maßnahmen zu verständigen, die wirklich der Gesunderhaltung der Menschen dienen".

Quelle: WELT , Printausgabe, 2.12.2021, S. 7