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Friedensaktivistin (68 J.) fragt Landgericht Koblenz: Wer will den Schaden berechnen, wenn Bundeswehr Atombombe zündet?

Foto: H.S.

20.04.2021

Koblenz / Bedburg-Hau, 20.4.2021. Das Landgericht Koblenz bestätigte heute die Verurteilung der 68-jährige Sozialpädagogin Ria Makein aus Bedburg-Hau, die am 30.4.2019 gemeinsam mit sechzehn weiteren Friedensaktivist*innen der Gruppe „Büchel17“ erfolgreich den militärischen Übungsbetrieb der Bundeswehr in Büchel (Eifel) durch ein „Go-In“ unterbrochen hatte.

Das in Büchel (Eifel) stationierte Luftwaffengeschwader 33 der Bundeswehr übt mit Tornado-Flugzeugen im Rahmen der sogenannten „Nuklearen Teilhabe“ auch den Abwurf von US-Atombomben. Die dort gelagerten rund zwanzig US-Atombomben B61 verfügen jeweils über eine vielfache Sprengkraft der 1945 in Hiroshima und Nagasaki explodierten Bomben. Die US-Regierung lässt sie „modernisieren“, um sie „besser einsetzbar“ zu machen.

Das Amtsgericht Cochem hatte Makein zu einer Strafe von dreißig Tagessätzen wegen „Hausfriedensbruchs“, sowie Schadenersatz verurteilt. Als das Gericht im heutigen Berufungsverfahren die Handwerkerrechnungen für die Reparatur der durch die Gruppe überwundenen Umzäunung im Detail vortrugt, entgegnete die Sozialpädagogin: „Wer will den Schaden berechnen, wenn ein Bundeswehr-Pilot eine Atombombe zündet?“

Den Vorwurf des „Hausfriedensbruchs“ ließ sie nicht gelten: „Wir haben da drinnen protestiert!“ Die langjährige Friedensaktivistin appellierte an den Staatsanwalt und an Richterin van den Bosch, gegen die völkerrechtswidrigen Kriegsübungen der Bundeswehr vorzugehen. Der Staatsanwalt berief sich auf die Rechtsprechung des Oberlandesgerichts und erklärte: „Man kann das Geschehen in Büchel kritisch sehen, aber das rechtfertigt nicht Straftaten.“

Richterin van den Bosch erklärte, die Angeklagte sehe in den Atomwaffenübungen eine „gegenwärtige Gefahr“ und mache Notwehr oder Nothilfe geltend. Das Gesetz sehe aber vor, dass zur Abwendung einer Gefahr jeweils das „mildeste Mittel“ gewählt werden müsse. Schon bei früheren ähnlichen Verhandlungen seien Demonstrationen oder die Gründung einer politischen Partei als mögliche „mildere Mittel“ genannt worden. Das „ehrenwerte und gesellschaftlich anerkannte Ziel“ des Kampfes gegen Atomwaffen schließe die Strafbarkeit der Mittel nicht aus. Das Amtsgericht Cochem habe dies in der Strafzumessung schon berücksichtigt.

Ria Makein ließ sich nicht entmutigen: „Wie schon in den 1980er Jahren, als Blockaden noch als Nötigung verurteilt wurden, wenn sie Militärgelände betrafen, änderte sich die Rechtsprechung. Darauf setzen wir BürgerInnen auch heute.“

Eine Revision des Urteils kann innerhalb einer Woche beantragt werden.


Pressekontakt:
Stefanie Intveen, stefanie.intveen(at)web.de