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Freiheit, die ihre Ungefährlichkeit beweisen muss, ist abgeschafft

Foto: H.S.

09.02.2021 - von Hanne Schweitzer

Viel Krankes kommt in der zerbröselnden bundesdeutschen Corana-Demokratie ans Licht. Dazu gehört auch das obrigkeitshörige Selbstverständnis der Medienarbeiter, deren willfährige Vertreter wie Bruthennen auf den Eiern sitzen, die ihnen von Berlin untergelegt werden. Ihr zitternder, geistzwingender Gehorsam lässt sie tagtäglich laut gackern, und sie merken nicht, dass sie auf Gipseiern sitzen.

Mehr ist nicht mehr?

Doch.

Drei bemerkenswerte (man wird ja bescheiden) Beiträge in der Printausgabe der WELT des heutigen Tages, prominent plaziert auf Seite 1. Am linken Seitenrand: Die Kolumne des früheren Chefredakteurs der Satirezeitschrift Titanic, "Zippert zappt". Der letzte Satz lautet: "Aber wenn Angela Merkel erklärt, es sei im Großen und Ganzen nichts schiefgelaufen, dann weckt sie in uns die völlig falsche Erwartung, sie werde sich zeitnah in psychiatrische Behandlung begeben."

Mittig daneben ein sehr großer, rot gerahmter Kasten. Darin, unübersehbar fett und groß ein Satz, der durch die ihn umgebende weiße Leere noch auffälliger ins Auge springt: "Freiheit, die ihre Unabhängigkeit beweisen muss, ist abgeschafft."

Mit viel Abstand darunter, in kleiner Schrift, der Hinweis auf einen Beitrag des Staatsrechtlers Hinnerk Wißmann auf der Seite 8 im Inneren der Zeitung. "... Statt die Anforderungen etwa an den Nachweis von Tatsachen und Begründungen für die Wirksamkeit von Maßnahmen zu erhöhen, wird im Gegenteil erwartet, dass sich das Publikum an eine „Im Zweifel für die Sicherheit-Begründung" gewöhnen soll. ..." Die These des Inhabers eines Lehrstuhl für Öffentliches Recht an der Universität Münster lautet: Corona-Maßnahmen hebeln die Verfassung aus.

Ebenfalls am linken Seitenrand, aber weiter unten die Spalte: "#Free them all". Darin informiert die WELT, in Kooperation mit Reportern ohne Grenzen, über die Festnahme des Journalisten Paojel Chaoba und seines Kollegen. Sie haben in „The Frontier Manipur“ einen Beitrag über revolutionäre Bewegungen in Manipur veröffentlicht. Darin sollen sie sich „offen für revolutionäre Ideologien und Aktivitäten“ ausgesprochen und „klare Sympathien für die Handlungen bewaffneter Revolutionäre“ gezeigt haben. Kommt es zum Prozess droht den Journalisten lebenslange Haft.

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Einen Tag später, am 11.2.2021 Dirk Schümer im Leitartikel der WELT "Viel Peitsche, kaum Zuckerbrot", über Angela Merkel: "Die Misere wird nicht gerade dadurch gemildert, dass die Bundeskanzlerin ihren ohnehin schon reduzierten Wortschatz in der
nicht unwichtigen Krisenkommunikation weiter heruntergefahren hat. Inzwischen erscheint neben Angela Merkels perspektivlos pessimistischem Ton sogar der unvergessene Bundespräsident Lübke wie ein Cicero."
Wer den im 3. Reich für den Einsatz von KZ-Häftlingen in der Heeresversuchsanstalt Peenemünde verantwortlichen Heinrich Lübke als Bundespräsident ertragen musste, weiß, das der Vergleich hinkt.

Quelle: Welt, Printausgabe, 9.2.2021