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01.09.2020 - von Parteimitglieder der LINKEN, Die LINKE, Gerd Feller
Zahlreiche Politikerinnen und Politiker der Partei Die Linke veröffentlichten anlässlich des Antikriegstages 1. September eine Erklärung unter der Überschrift »Auslandseinsätze beenden – Rüstungsexporte verbieten!«:
Am 1. September 1939 begann mit dem Angriff der deutschen Wehrmacht auf Polen der Zweite Weltkrieg. Die Gesamtopfer dieses Krieges, den Nazideutschland verantwortete, sind mehr als 55 Millionen Tote, davon allein 28 Millionen Menschen in der Sowjetunion. Über sechs Millionen Jüdinnen und Juden und 500.000 Sinti und Roma wurden ermordet. Am 27. Januar 1945 befreite die Rote Armee das Vernichtungslager Auschwitz, und am 8. Mai 1945 kapitulierte die deutsche Wehrmacht, die entsetzliche Verbrechen verantwortete, gegenüber der Sowjetunion, den USA, Großbritannien und Frankreich. Europa lag in Trümmern. Alle diejenigen, die ein antifaschistisches Deutschland wiederaufbauen wollten, waren sich einig, dass es nach der Verantwortung für zwei Weltkriege in einem Jahrhundert keine deutsche Armee mehr braucht. Der Schwur von Buchenwald »Nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus« schloss mit ein, dass es keine deutsche Wiederbewaffnung geben sollte und keine deutsche Rüstungsindustrie, die aus dem Tod ein Geschäft macht.
Im Kalten Krieg fiel dieser friedenspolitische Grundsatz, obwohl sich in der Bundesrepublik eine breite gesellschaftliche Bewegung gegen die Remilitarisierung gestellt hatte. Konsens über alle politischen Grenzen hinweg, auch als Lehre aus dem Zweiten Weltkrieg, blieb, dass die Soldaten der Bundeswehr nicht im Ausland eingesetzt werden und deutsche Waffen nicht die Kriege in aller Welt nähren sollten. Dieser Konsens wurde nach dem Ende des Kalten Krieges aufgebrochen. Auch SPD und Grüne stimmten fortan im Bundestag für Auslandseinsätze der Bundeswehr. Rüstungsexporte in alle Welt wurden zum neuen Markenzeichen der Berliner Republik. Fortan beteiligte sich Deutschland an den weltweiten Kriegen um Rohstoffe, Marktzugänge und geopolitischen Einfluss. Der Umbau der NATO weg von der formalen Bündnisverteidigung zu einem globalen Kriegsführungsbündnis wurde von der rot-grünen Bundesregierung mit der neuen NATO-Charta 1999 ebenso mitgetragen wie das Heranrücken des Militärpakts durch stetige Erweiterungen bis an die russische Grenze.
Angesichts dieser verheerenden Entwicklungen war und ist es der Gründungskonsens der Partei Die Linke, die Bundeswehr aus allen Auslandseinsätzen zurückzuholen und Rüstungsexporte generell zu verbieten. Aufgrund der Erfahrungen mit SPD und Grünen, die als Regierungsparteien den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg der NATO gegen die Bundesrepublik Jugoslawien mit führten, wurde im Erfurter Grundsatzprogramm eine Beteiligung an einer Regierung, die Kampfeinsätze der Bundeswehr führt, ausgeschlossen. Und es ging bei der Gründung der Partei Die Linke nicht nur um die Forderung nach Auflösung der NATO und deren Ersetzung durch ein kollektives Sicherheitssystem unter Einschluss Russlands, sondern es wurde zugleich vereinbart, diese Auflösung der NATO auch durch konkrete Schritte mit zu befördern. Deshalb gehört zum Gründungskonsens der Partei Die Linke auch die Forderung, dass Deutschland aus den militärischen Strukturen der NATO austritt. Kurz: Die Ablehnung von Auslandseinsätzen der Bundeswehr ist keine Frage, die mit anderen Parteien »diskursiv« geklärt werden könnte. Die Frage der Auslandseinsätze der Bundeswehr und die Frage, wie wir zum Aufrüstungspakt NATO stehen, sind der Lackmustest unserer friedenspolitischen Glaubwürdigkeit.
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Im Zuge der Debatte um Regierungsbeteiligungen wird von einigen in der Partei Die Linke dieser Gründungskonsens in Frage gestellt und eine bedingungslose Koalitionsbereitschaft in Richtung SPD und Grüne signalisiert. Bisher formulierte Haltelinien für Regierungsbeteiligungen werden relativiert bis ignoriert. Das ist fatal für die Zukunft der Partei Die Linke und eine Schwächung der breiten gesellschaftlichen Bewegung für Frieden und Abrüstung. Wir sehen darin auch einen Angriff auf die friedenspolitischen Grundpositionen unserer Partei und weisen diesen Versuch, den Markenkern der Linken beschädigen zu wollen, in aller Schärfe zurück.
Unsere roten Haltelinien für Regierungsbeteiligungen sind nicht verhandelbar, denn sie sichern die Glaubwürdigkeit der Linken ab. Eine Regierungsbeteiligung einer Linken, die dafür friedenspolitische Grundsätze über Bord wirft, ist nicht erstrebenswert. Wir sagen in Anlehnung an ein Wort von Willy Brandt zur Sozialdemokratie: Es hat keinen Sinn, eine Regierungsbeteiligung für Die Linke zu erringen, wenn der Preis dafür ist, keine Linke mehr zu sein.
Statt bedingungslose Koalitionsbereitschaft zu signalisieren, müssen wir gemeinsam mit der Friedensbewegung Druck machen, damit sich die SPD wieder auf Frieden und Abrüstung verpflichtet und die Grünen sich ihrer pazifistischen Wurzeln erinnern.
Unterzeichnerinnen und Unterzeichner:
Sevim Dagdelen (MdB), Ulla Jelpke (MdB), Heike Hänsel (MdB, stv. Fraktionsvorsitzende), Tobias Pflüger (MdB, stv. Parteivorsitzender), Cornelia Barth (Landesvorsitzende Bremen), Eva Bulling-Schröter (Landesvorsitzende Bayern), Olga Fritzsche (MdHB, Landesvorsitzende Hamburg), Ates Gürpinar (Landesvorsitzender Bayern), Martin Günther (stv. Landesvorsitzender Brandenburg), Christian Leye (Landesvorsitzender NRW), Petra Heimer (Landesvorsitzende Hessen), Inge Höger (Landesvorsitzende NRW), Lars Leopold (Landesvorsitzender Niedersachsen), Sahra Mirow (Landesvorsitzende Baden-Württemberg), Thorben Peters (stv. Landesvorsitzender Niedersachsen), Heidi Reichinnek (Landesvorsitzende Niedersachsen), Jan Schalauske (MdL, Landesvorsitzender Hessen), David Schwarzendahl (stv. Landesvorsitzender Rheinland-Pfalz), Dirk Spöri (Landesvorsitzender Baden-Württemberg), Katrin Werner (MdB, Landesvorsitzende Rheinland-Pfalz), Ursula Weisser-Roelle (stv. Landesvorsitzende Niedersachsen), Ali Al-Dailami (stv. Parteivorsitzender), Friederike Benda (Parteivorstand), Judith Benda (Parteivorstand), Christiane Böhm (MdL Hessen), Lorenz Gösta Beutin (MdB), Barbara Borchardt (Präsidium Bundesausschuss), Arne Brix (Parteivorstand), Michel Brandt (MdB), Ellen Brombacher (Sprecherin Kommunistische Plattform), Christine Buchholz (MdB), Isabelle Casel (Sprecherin BAG Frieden und Internationale Politik), Deniz Celik (MdHB), Jörg Cezanne (MdB), Dr. Diether Dehm (MdB), Özlem Demirel (MdEP), Sylvia Gabelmann (MdB), Bettina Gutperl (Parteivorstand), Thies Gleiss (Parteivorstand, Sprecher Antikapitalistische Linke), Nicole Gohlke (MdB), Harri Grünberg (Parteivorstand), Claudia Haydt (Parteivorstand), Andrej Hunko (MdB), Kathleen Kamparth (Landesschatzmeisterin Baden-Würtemberg), Alexander Kauz (Präsidium Bundesausschuss), Kerstin Kassner (MdB), Metin Kaya (MdHB), Dr. Achim Kessler (MdB), Christian Kruse (Landesschatzmeister Hamburg), Ralf Krämer (Parteivorstand, Sprecher Sozialistische Linke), Niema Movassat (MdB), Cornelia Möhring (MdB), Zaklin Nastic (MdB), Dr. Alexander S. Neu (MdB), Artur Pech (Präsidium Bundesausschuss), Sören Pellmann (MdB), Victor Perli (MdB), Norbert Müller (MdB), Lucy Redler (Parteivorstand), Ingrid Remmers (MdB), Franziska Riekewald (Parteivorstand), Johanna Scheringer-Wright (Parteivorstand), Heidemarie Scheuch-Paschkewitz (MdL Hessen), Eva-Maria Schreiber (MdB), Saadet Sönmez (MdL Hessen), Kathrin Vogler (MdB), Jochem Visser (Parteivorstand), Gökay Akbulut (MdB), Andreas Wagner (MdB), Harald Weinberg (MdB), Ulrich Wilken (MdL Hessen), Mehmet Yildiz (MdHB), Hubertus Zdebel (MdB), Pia Zimmermann (MdB), Sabine Zimmermann (MdB), Edgar Zitelmann (Bundesausschuss, Sprecher BAG Migration) und der Landesvorstand NRW, Landesvorstand Hamburg und Landesvorstand Niedersachsen.
Partei DIE LINKE veröffentlichte ebenfalls ein Erklärung zum Weltfriedenstag
Am 1. September, am Weltfriedenstag, erinnern wir an den Jahrestag des Beginns des Zweiten Weltkrieges. Der Überfall auf Polen durch Nazi-Deutschland war Auftakt furchtbarer Verbrechen und eines Krieges, der große Teile der Welt verwüstete. Für DIE LINKE ist klar: Nie wieder darf von Deutschland Krieg ausgehen.
Während Trump die USA weiter auf einen Kurs unilateraler Geopolitik führt und sich die NATO-Partner Griechenland und Türkei am Bosporus mit militärischen Drohgebärden gegenüberstehen, hält die Bundesregierung weiter an dem 2 Prozent-Ziel der NATO fest.
Geplant ist unter anderem die Aufrüstung der Bundeswehr mit Kampfdrohnen. Damit wird dem automatisierten Töten und der Verursachung ziviler Opfer der Kriegsführung weiter Vorschub geleistet.
DIE LINKE lehnt die Anschaffung und Nutzung von Kampfdrohnen durch die Bundeswehr entschieden ab. Drohnen dienen niemals nur dem Schutz eigener Truppen. Kampfdrohnen sind Angriffswaffen, die unter anderem bei sogenannten gezielten Tötungen zum Einsatz kommen, bei denen es immer wieder zahlreiche zivile Opfer gibt. Von Kampfdrohnen ist der Weg hin zu tödlichen autonomen Waffensystemen unter dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz nicht mehr weit, was aus ethischen Gründen nicht vertretbar ist. DIE LINKE steht für eine Politik der Abrüstung und des Friedens und lehnt jede Form von Militarisierung ab.
Gerade jetzt in der Corona-Krise mit den daraus folgenden wirtschaftlichen und sozialen Verwerfungen wird das Geld dringend für zivile Zwecke gebraucht. Militärische Aufrüstung können wir uns weniger leisten als jemals zuvor.
Quelle: Link
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Diskriminierendes NATO - Theater
Dem Verteidigungsbündnis „Nordatlantikpakt“ gehören 28 europäische Länder sowie die
USA und Kanada an. Man sollte meinen, das sei eine gute Grundlage, gemeinsam die
Werte und Lebensräume der westlichen Welt verteidigen zu können. Die Realität ist
anders! Wenn es um Geld und Macht geht, gibt es Zank und Streit. Das zeigen mal wieder
gegenwärtig die Drohgebärden der Präsidenten der USA, Griechenlands und der Türkei,
wobei der Einsatz des Kriegsspielzeugs in der Ägäis nichts mehr mit Verteidigung,
sondern mit Angriffslust zu tun hat.
Man muss das mal richtig einordnen: Wie sollen die
europäischen Wähler/innen oder gar potenzielle Gegner ein Verteidigungsbündnis
respektieren, in dem sich die Bündnispartner gegenseitig beschimpfen und mit Sanktionen
und Waffen bedrohen? Und wie verhalten sich die Repräsentanten des Paktes, der die
Pflicht hat, sich für die „Wahrung der westlich-liberalen Gesellschaftsordnung mit
politischer, ökonomischer, sozialer und kultureller Zusammenarbeit und Anerkennung
demokratischer Prinzipien“ einzusetzen? Man regt sich zwar diplomatisch auf, wartet
jedoch weiterhin ab.
Und was haben wir Alten damit zu tun? Wir haben Krieg und Nachkriegszeit erleben
müssen. Aufgrund dieser Erfahrungen haben sich viele von uns jahrelang um ein
friedliches Europa bemüht. Trotzdem müssen wir uns jetzt wieder um die Zukunft unserer
Kinder und Enkel in Europa sorgen.
Die Lernunfähigkeit und das Stillhalten in der NATO und in der Politik kann nur als Diskriminierung unserer Bemühungen verstanden werden. Wir sollten gegenhalten und uns mit Hilfe unserer Seniorenorganisationen einmischen und fordern, dass unbelehrbaren, egozentrischen Potentaten, die immer noch glauben, sie könnten machen, was sie wollen, schnell und deutlich der Verlust der Mitgliedschaft ihrer Länder angekündigt wird, wenn sie weiterhin den Verstand ausschalten und nicht unverzüglich die Feindseligkeiten unterlassen. Ansonsten wird der sowieso schon angeschlagene Ruf der NATO gänzlich ruiniert.
Ich denke, schon jetzt bestehen erhebliche Zweifel bei den Menschen der Mitgliedsstaaten, ob ihre Steuergelder im Sinne der Erhaltung des Friedens und der Werte des Paktes ausgegeben werden. Die EU sollte sich intensiver mit dem Aufbau eines eigenen und verlässlichen Verteidigungspaktes beschäftigen.
Gerd Feller, Bremen
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Bundesregierung will militärische Schlagkraft der EU stärken
Mit einer klareren Fokussierung der EU-Militärpolitik und einem Ausbau der europäischen Streitkräftekooperation im NATO-Rahmen will die Bundesregierung die militärische Schlagkraft Europas stärken. Zum einen soll die EU noch während der deutschen Ratspräsidentschaft einen "strategischen Kompass" erhalten, der die teilweise weit divergierenden geostrategischen Interessen innerhalb der Union bündeln soll. Als Grundlage ist eine gemeinsame Bedrohungsanalyse vorgesehen, die zur Zeit von den Geheimdiensten der EU-Mitgliedstaaten vorbereitet wird. Zugleich treibt Berlin die Kooperation innerhalb des Framework Nations Concept (FNC) der NATO voran; dabei werden Truppen verschiedener Staaten mit Blick auf gemeinsame Operationen zusammengeführt und insbesondere Einheiten kleinerer Mitgliedstaaten dem Kommando großer NATO-Länder, nicht zuletzt Deutschlands, unterstellt. Parallel zum Ausbau der kontinentalen Militärkooperation setzt Berlin auf die "E3": einen lockeren Zusammenschluss mit Frankreich und Großbritannien, der das britische Militärpotenzial nach dem Brexit für die EU verfügbar halten soll.
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