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Lockdown in Celler Pflegeheim: Sadistisches Pflegepersonal profitiert

Foto: H.S.

29.07.2020 - von Hanne Schweitzer

Werden Pflegeheime der öffentlichen Kontrolle entzogen, weil ein staatlich verordnetes, totales Besuchsverbot, dass die Alten vor einer Infektion "schützen" soll, und darum Angehörigen und anderen Besuchern sowie dem Medizinischen Dienst der Krankenkassen von den Heimleitungen jeder Zugang strikt verweigert wird, haben die schwarzen Schafe unter den Pflegekräften noch mehr freie Hand als unter den "normalen" Bedingungen. Sie können die oft hilflosen Bewohner mit ihren menschenverachtenden, sadistischen Handlungen quälen.

Die Geschehnisse, die aus einem Pflegeheim in Celle bekannt geworden und skandalisiert worden sind, sind wahrscheinlich nur die Spitze eines Eisbergs. In wie vielen anderen Häusern Ähnliches passiert ist, wird die eh nicht sonderlich am Schicksal von alten Menschen interessierte Öffentlichkeit nie erfahren.

Die Vorwürfe
In dem Haus in Celle seien, laut eines Berichts der Süddeutschen Zeitung, Pflegebedürftige vom Pflegepersonal mit ihren Zudecken am Bett fixiert worden, ihre Vorlagen seien nicht gewechselt worden, sie hätten in ihren eigenen Exkrementen gelegen. Einem Mann, der wenige Tage zuvor einen Unterschenkel amputiert bekam, habe das Pflegepersonal Hilfe beim Toilettengang verweigert, was dazu führte, dass sich der alte Herr alleine auf den Weg macht habe, seine Operationsnähte dabei geplatzt seien, und er in die Klinik gebracht werden musste. Drei MitarbeiterInnen des Heims hätten Fotos und Videos von Heimbewohnern aufgenommen und diese an Dritte weitergeleitet.

Die Reaktionen
Wie fast immer in ähnlichen Fällen von Menschenrechtsverletzungen werden der Öffentlichkeit stets Reaktionen von mehr oder weniger zuständigen Stellen präsentiert. Was die Betroffenen oder ihre Verwandten oder Freunde zu den asozialen Verhaltensweisen des Pflegepersonals vielleicht sagen möchten, erfahren wir nicht. Eine Stellungnahme fehlt bisher auch vom Seniorenbeirat der Stadt Celle, der seine Heimempfehlungen dringend um realistische Ratschläge erweitern sollte.

Es äußern sich "nur" die üblichen institutionellen Vertreter. Sie finden keine Worte des Mitgefühls für die Misshandelten, sie beklagen stattdessen, wie schon seit Jahren, die Zustände, die Personalnot, die schlechte Bezahlung, die fehlende Kontrolle.
Kein Wort von ihnen über ihre indirekte Beteiligung an der Verunmöglichung jedweden Zugangs in die Pflegeheime durch den Lockdown. Schweigen auch darüber, dass die eh sehr laxe Prüfung der Heime durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen schon Mitte März 2020 ausgesetzt wurde und dieser Zustand, noch bis zum Herbst dauern soll! Die systemimmanente, durch Corona weiter verstärkte Altersdiskriminierung wird nicht zur Kenntnis genommen.

- Die Geschäftsführerin der GmbH, zu der das Pflegeheim in der Residenzstadt gehört, zeigt sich „entsetzt über die erkennbaren Missstände“ und über den „nicht akzeptablen Umgang von Pflegepersonal mit Heimbewohnern“. Sie hat Strafanzeige gegen drei Mitarbeiter gestellt und diese entlassen.
- Die Staatsanwaltschaft Celle hat Ermittlungen gegen drei Pfleger aufgenommen.
- Die Präsidentin der Pflegekammer Niedersachsen, Nadya Klarmann, fordert eine bessere Kontrolle der Heime und eine Anlaufstelle für Angehörige und Pflegende, die Missstände bemerken.
- Die Ethikkommission der Pflegekammer Niedersachsen fordert ein anonymes Hinweisgebersystem und bemängelt die durch Personalmangel und Zeitnot praktizierten "kalten Routinen".
- Niedersachsens Sozialministerin Carola Reimann (SPD) zeigt sich auch entsetzt. Es soll eine „Beschwerdestelle Pflege“ geschaffen werden.

Entsetzen nützt nichts
Auf der Webseite der Celler Pflegeheim GmbH heißt es bis heute: "Unsere täglich gelebten Wertvorstellungen: Respekt, Menschlichkeit und tiefes Vertrauen".
Gepfiffen!

Link: Montgomery: Schutzkonzepte in der Altenpflege haben komplett versagt