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15.01.2020 - von Frank Müller
Eine komplette Unverschämtheit finde ich die Aussage von Minister Spahn auf Seite 27 in "Guter Rat", Ausgabe 2 / 2020: Spahn sagt: "Ich bin immer offen für Kritik. Aber sie muss auf Fakten basieren .Zunächst: Auch Direktversicherte werden durch unser Gesetz entlastet - um bis zu 300 EUR im Jahr! Und dann müssen sich diejenigen, die noch mehr wollen, auch fragen lassen, wer das bezahlen soll. Eine komplette Abschaffung der Doppelverbeitragung hätte noch einmal drei Milliarden EUR pro Jahr gekostet. Was heißt das? Das bedeutet, das jede Versicherte, jeder Versicherte 0,2 Beitragssatzpunkte zusätzlich zahlen müsste, allein um Betriebsrentner zu entlasten. Und das sind nicht nur Leute, die in Geld schwimmen. Auch die Kassiererin, der Pfleger, die Erzieherin - Menschen mit geringem Gehalt müssten für die höheren Renten zahlen."
Jetzt zu den echten Fakten
Die Aussage, das Direktversicherte durch das Gesetz entlastet werden ist definitiv falsch. Wenn jemand eine echte Betriebsrente hat, die vom Arbeitgeber bezahlt wird, die den Freibetrag übersteigt, so ergibt sich für die weitere Direktversicherung überhaupt keine Entlastung, da der Freibetrag durch die Betriebsrente bereits aufgebraucht ist: Aber davon, das Direktversicherte nicht entlastet werden, wenn sie schon eine Betriebsrente in Höhe von mindestens 159,25 im Monat haben, ist keine Rede!
Auch von der zusätzlichen Belastung von ca. 19% nach der Auszahlung für die Direktversicherung von 2.500 EUR im Jahr durch das GMG Änderung 2004, die dazu dient, seitdem die Beiträge für alle um 0,2% geringer zu halten, ist keine Rede! Also soll eine kleine Gruppe willkürlich um 19% ihres eigenen Geldes (aus Netto in die Direktversicherung einbezahlt) enteignet werden, um die Beiträge für alle geringer zu halten!
Die Aussage, das dies noch einmal 3 Milliarden EUR kostet ist falsch, da die Gesamtentlastung im Jahr 3 Milliarden gekostet hätte, es müssen von dieser Summe noch die 1,2 Milliarden für den Freibetrag abgezogen werden! Die Aussage der zusätzlichen Belastung jedes Versicherten um 0,2% ist definitiv falsch!
Eine Entlastung wäre dabei nicht einmal so teuer. Procontra rechnet vor, dass sich das „im Prinzip aus der Portokasse bezahlen ließe“. Die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) „müssten um etwa 0,214 Prozentpunkte angehoben werden, hatte der GKV-Spitzenverband ausgerechnet“.
Den Arbeitnehmer mit einem Bruttolohn von 3.000 Euro träfe das mit 0,107 Prozentpunkten oder 3,21 Euro mehr im Monat. „Das geht nicht”, hatte aber Angela Merkel interveniert (procontra berichtete).
Und am ärgsten gekniffen sind die freiwillig gesetzlich Versicherten. Für sie gilt noch nicht einmal der neue Freibetrag! Und das sind nicht nur Leute die "in Geld schwimmen", sondern ganz einfach Leute, die einmal auf das Versprechen der Politik hereingefallen sind.
Wenn ich also nach ADAM RIESE rechne, daß eine nicht kleine Gruppe 19% zahlen muss, um für alle die Beiträge um 0,2% zu subventionieren, so ist das der Faktor 95!!!! Bei einer Zusatzbelastung von 0,1% für den Versicherten (da der Arbeitgeber die Hälfte zahlt) wäre der Faktor aber 190!!!
Weiterhin ist eine Direktversicherung aus dem Netto des Arbeitnehmers während der Einzahlungsphase bezahlt keine Rente! Ich bezahle mir also meine eigene Rente? Bis jetzt hatte ich geglaubt, das die Fake News alleine bei Donald Trump liegen, was den Wahrheitsgehalt der Aussagen betrifft, aber Herr Spahn ist ihm hier dicht auf den Fersen. In so einem kurzen Text so viele falsche Aussagen, ist wirklich rekordverdächtig! Es ist zynisch, regelrecht kaltschnäuzig, jetzt die Frage nach dem "Bezahlen" zu stellen.
Frage, die zu stellen ist
Warum ist man nicht bereit, die in 2004 gemachten Fehler, die schlicht eine Enteignung darstellen, wieder zu korrigieren. Statt zu versuchen Vertrauen wieder zurückzugewinnen, schlägt man allen Arbeitnehmern, insbesondere denjenigen die gesetzlich freiwillig versichert sind und so "dumm" waren, etwas für ihre Altersvorsorge zu tun ins Gesicht? Hier wird erneut versucht, die Opfer (moralisch) in die Pflicht zu nehmen bzw. der Versuch unternommen, das zu tun.
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