Foto: Hanne Schweitzer
29.05.2019 - von Hanne Schweitzer
Seit 18 Jahren betrachtet Annegret Kramp-Karrenbauer die Welt durch die getönten Scheiben von Dienstwagen. Nun hat sie sich, bevor sie zur Bilderbuchkonferenz fährt, noch schnell über "70 Zeitungsredaktionen", "dort", "Radikalität", "Meinungsmache" und den "Wahlaufruf von YouTuber" geäußert.
Seit in diesem Land gewählt wird, wurde Wahlwerbung von der Kanzel gemacht. Vor dieser Zeit kümmerten sich landesfürstliche oder käiserliche Zensurkommissionen um die Meinungsmache. Tägliche Pressekonferenzen sorgten in der Hitlerzeit seit Mitte 1933 für die Ausrichtung des Denkens der Journalisten, die Bekanntgabe verbindlicher Sprachregelungen und Beeinflussungskampagnen. "Die Berliner Pressevertreter traten täglich um 12 Uhr Uhr im Propagandaministerium zum Befehlsempfang an (abends fand um 18 Uhr noch eine Nachlese statt). ... Für ´Meckerer` und ´Kritikaster` war, wie Joseph Goebbels in einer großen Propagandakampagne klarmachte, im Dritten Reich kein Platz."
Heute gibt es ein verbrieftes Recht auf Presse- und Meinungsfreiheit. An der Gleichschaltung des Geistes und der Blattinhalte hat das nicht viel geändert. Die Chefredakteure der Öffentlich-Rechtlichen Sender und die Herausgeber bzw. Besitzer der Print- und anderen Medien entscheiden darüber, was von den Redaktionen für oder gegen eine Partei/Person/Entscheidung berichtet werden kann. Wer runter- oder hochgeschrieben wird, wer vom Regierungschef zum Machthaber wird, wer vom Machthaber zum Diktator, und wer Freund oder Feind ist. Presserechtlich erlaubt ist auch das von Kramp-Karrenbauer skizierte Meinungskartell aus 70 Redaktionen.
Meinungsvielfalt braucht dafür nicht mal über Bord geworfen zu werden. Die größten überregionalen Printmedien, die umsatzstärksten Online-Nachrichtenportale, sowie etliche private Fernsehsender und Internetseiten sind im Besitz von drei CDU-nahen Familien: Springer, Bertelsmann und Burda.
Was AKK am 27.5.2019 gesagt hat:
"Die Frage wird bei allen Konzepten um den´s geht, wird in der Frage liegen, ehm,
wie vielen dieser Forderungen, die zum Teil sehr radikal vorgetragen werden, äh, welchen Grad der Radikalität geh`n wir mit? So, und ich sag´ noch mal, als Volkspartei ist für uns die Frage eben auch von Sozialverträglichkeit, ist für uns die Frage von Arbeitsplätzen, hat eben auch eine Relevanz. Und wir wollen eine Antwort darauf geben, die beides in den Blick nimmt und nicht sagt, wir gehen da ganz radikal nur in die eine, in die eine Richtung.
Die Anmutung, die dort sozusagen mit Blick auf die CDU, aber es hat ja auch CSU und hat auch SPD betroffen, die dort zum Ausdruck gebracht wird, ich sag´ noch mal, die im Grunde genommen allen Mitgliedern gegenüber signalisiert - alle, die sich bei CDU,CSU,SPD engagieren, die sind entweder sozusagen irgenwie minderbemittelt oder versuchen äh, die Zukunft dieses Landes zu zerstören, empfinde ich wirklich als ein Schlag ins Gesicht von Menschen, die sich zum Großteil neben ihrem Beruf ehrenamtlich für dieses Land engagieren.
Als die Nachricht kam, dass sich eine ganze Reihe von Youtubern zusammengeschlossen haben, um einen Aufruf zu starten, Wahlaufruf gegen CDU und SPD, hab´ ich mich gefragt, was wär´eigentlich in diesem Land los, wenn eine Reihe von - sag´n wir mal 70 Zeitungsredaktionen - zwei Tage vor der Wahl erklärt hätten, wir machen einen gemeinsamen Aufruf, wählt bitte nicht CDU und SPD. Es wäre klare Meinungsmache vor der Wahl gewesen. Und ich glaub´es hätte ´ne muntere Diskussion in diesem Land ausgelöst.
Und die Frage stellt sich, schon mit Blick auf das Thema Meinungsmache, was sind eigentlich Regeln dem analogen Bereich und welche Regeln gelten eigentlich für den digitalen Bereich. Ja oder nein, das ist eine sehr grundlegende Frage, über die wir uns unterhalten werden, und zwar nicht nur wir in der CDU und mit der CDU sondern, ich bin mir ganz sicher, in der gesamten medienpolitischen und auch demokratietheoretischen Diskussion der nächsten Zeit wird das eine Rolle spielen. Und deswegen werden wir diese Diskussion auch sehr offensiv angehen."
Bettina Böttinger im Kölner Treff am 24.Mai.2019 über Rezo
"Im Moment reden alle über Politik und viele machen sich lustig. Wir haben jetzt das Video gesehen, die meisten von uns, auf YouTube von Rezo, der mit der CDU sozusagen abrechnet und von der Wahl ablenkt."
Rezo auf Twitter am 29.Mai 2019
Rezo zeigt sich gesprächsbereit, aber er stellt gewisse Bedingungen. Ob man in der CDU einen Kurswechsel in der Klimapolitik für notwendig halte, fragt er per Twitter den Generalsekretär Paul Ziemiak und die Parteivorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer, beide von der CDU. Geben sie die von Rezo gewünschte Antwort, würde er sich auf ein Gespräch einlassen.
Pressefreiheit in Gefahr?
Reporter ohne Grenzen:
Redaktionsgeheimnis - Link
Rezo-Falllout: "Wir brauchen Regeln gegen Desinformation"..Beitrag von Markus Kompa auf Telepolis am 1.6.2019 Link
Weitere Artikel, nach dem Datum ihres Erscheinens geordnet, zum Thema
Sonstiges:
25.05.2019: Die Wahl der Wirtschaft
25.05.2019: Zur Europawahl: Statement von 90 + Youtubern
22.05.2019: Keine Waffen für saudische Kindermörder
Alle Artikel zum Thema
Sonstiges