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REWE: Keine Papierprospekte mehr – digitale Altersdiskriminierung

Foto: H.S.

29.06.2023 - von Senioren-Union Brandenburg a. d. Havel, Hanne Schweitzer

Die Beschwerden über die Einstellung des REWE Prospekts kommen aus Baden, aus NRW, aus Brandenburg. Besonders betroffen sind davon die älteren KonsumentInnen, die ihren Einkauf und das Auffüllen der Speisekammer gerne in Ruhe zu Hause planen und danach ausrichten, was sie zuvor im Prospekt günstig angekreuzt haben. Das ist vorbei. "Auf dem neuesten Prospekt von REWE steht in dicken Buchstaben: "Der letzte gedruckte REWE Prospekt". Ab 1. Juli 2023 wird es keine REWE-Prospekte in Papier mehr geben.

Dazu erklärt die Senioren-Union in Brandenburg an der Havel: "Mit einem Schlag werden all diejenigen, die kein Internet nutzen, von der Werbung des Lebensmittelkonzerns ausgeschlossen. Schnäppchen müssen ab jetzt online gesucht werden."
Der Vorsitzende der Senioren Union, Andreas Erlecke weiter: "Dabei vergisst man, dass mehr als ein Drittel der Menschen über 60 Jahren kein Internet nutzt. Laut der Allensbacher Markt- und Werbeträger-Analyse gaben 35 % der über 60-Jährigen an, kein Internet zu benutzen. Ältere warten gezielt auf die Prospektzustellung."
Nach Umfrageergebnissen des Instituts für Handelsforschung (IFH) lesen rund 90 Prozent der in Deutschland ansässigen Menschen zumindest gelegentlich Werbeprospekte. Gut 75 Prozent gaben dem IFH an, dies sogar jede Woche zu tun. Hierunter befinden sich viele, gerade ältere Menschen, die noch nicht digital unterwegs sind oder dies auch einfach nicht können.
"Wir verstehen gut, dass ein Lebensmittelkonzern mit dem Verzicht auf gedruckte Prospekte einmal Kosten sparen und auch vorgeblich einen Beitrag zur Schonung von Ressourcen leisten will. Wenn jedoch der REWE-Vorstandsvorsitzende Lionel Sonque gegenüber dpa erklärt, dass man die Kunden aller Altersklassen moderner und zielgerichteter über diejenigen Medien erreichen wolle, die sie tatsächlich nutzen, dann verkennt er die Lebenssituation zahlreicher Senioren. Wir sehen darin einen weiteren Punkt von Altersdiskriminierung´, betont Andreas Erlecke.

Für die Senioren-Union ist es wichtig, dass Senioren sich zunehmend in der digitalen Welt zurechtfinden und digitale Angebote nutzen können. So fordert der stellvertretende Vorsitzende der Senioren-Union in Brandenburg an der Havel, Uwe Schütt: "Fast überall soll man heute online Termine buchen, bei Behörden, Krankenkassen, Impfungen. Diese zunehmende Digitalisierung führt zur Diskriminierung gerade Älterer, die dies nicht können. Deshalb fordern wir mehr Angebote, die Senioren befähigen, digital dabei zu sein."
Die Senioren Union hatte auch erfolgreich gegen den ursprünglich nur digital geplanten Verkauf des Deutschlandtickets protestiert. Heute gibt es auch die Möglichkeit, dieses an Verkaufsschaltern der Bahn oder der Verkehrsbetriebe zu erwerben.

Die Senioren-Union aus Brandenburg an der Havel weiß, dass den Brandenburger REWE-Händlern ihre älteren Kunden wichtig sind. "Wir bitten die Händler, in ihren Geschäften in geeigneter Form auf Angebote hinzuweisen, so dass auch Senioren ihre Einkäufe planen können", so der Vorsitzende der Senioren Union Andreas Erlecke. "Man sollte nicht vergessen, dass die Älteren wichtige Marktteilnehmer sind. Zunehmende Altersdiskriminierung kann auch geschäftsschädigend sein."


RWE-Prospekt wird digital - macht die Kundschaft das mit?

REWE wirbt im letzten gedruckten Papierprospekt unter der Überschrift "Nachhaltig mit Papier-Prospekten Schluss? #UMDENKBAR für "Hallo Knaller-Angebote überall!!" Damit sind keine Waren gemeint, sondern vier Tätigkeiten, die REWE von der Kundschaft ganz selbstverständlich erwartet.
Menschen, die nicht digital unterwegs sind, verstehen allerdings nur Bahnhof. Denn Arbeiten wie wie scrollen, QR-Code scannen, in den Browser eingeben, klicken, finden und auswählen sind vielen Älteren Menschen nicht geläufig. Sie wissen nicht, was App-Coupons sind oder was ein App Store oder ein Play Store sein soll. REWE hat sich keine Mühe gegeben, Kunden ohne digitale Kenntnisse die Hand zu reichen. Der Text strotzt vor englischen Begrifflichkeiten und hilfreiche Ratschläge zur Umstellung der wöchentlichen Prospekte von Papier auf digital fehlen. Worte des Bedauerns über die radikale Veränderung der seit Jahrzehntenüblichen Werbeform gibt es keine, und dass jeder und jede im Text geduzt wird, ist nur das Tüpfelchen auf der Kampagne.


Hier die REWE "Hallo Knaller-Angebote überall!!"

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(Hervorhebungen im Text wie bei REWE)

Die Abschaffung des gedruckten Prospekts wird von REWE damit begründet, dass es ein Meilenstein in Richtung Klimaschutz sei. Pro Jahr würden gespart: 70.000 Tonnen CO2, 73.000 Tonnen Papier, 380 Millionen kWh Energie, 1,1 Millionen Tonnen Wasser. Das mag sein. Aber: wie viel Strom und wie viel Lebenszeit und Schweiß verbraucht die Kundschaft ab nächster Woche, um die REWE-Preise und -Angebote in Erfahrung zu bringen? Wie viele Adressen fischt REWE für seine Datenbanken ab? Welche Käuferprofile wird RWE anlegen? Wie viele (derzeit noch kostenlose Abos) werden bei WhatsApp abgeschlossen?

Ganz anders behandelt die Stadt Graz ihre älteren BürgerInnen! Als Anfang des Jahres 2022 eine App eingeführt werden sollte, um damit die Termine der Sperrgutabfuhr bekannt zu machen, und den Papierkalender zu ersetzen, scheiterte das am Widerstand der Bürger und des Stadtrates. Das Ergebnis war: Der gedruckte Terminkalender der Müllabfuhr wird mit der Post zugeschickt wird, nachdem er telefonisch von denen bestellt wurde, die keine App haben. Dazu muss man wissen, das es sich nicht um ein kommunales Unternehmen handelt. Die Müllabfuhr in Graz ist eine privatwirtschafliche Holding! siehe: Müllabfuhr in Graz: Termin-App bleibt Senioren erspart unter: Link

Ob es eine Reaktion der Kaufland-Gruppe auf die Abschaffung der Prospekte bei REWE ist, dass sie die gedruckten Prospekte nun besser und farbenfroher grafisch gestaltet?

Quelle: https://meetingpoint-brandenburg.de/neuigkeiten/artikel/135709-senioren-union-papierprospekt-weg-andndash-ein-weiterer-mosaikstein-der-altersdiskriminierungStadtpolitik, 26.06.2023