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Atlas Kindergesundheit - Regionale Zusammenhänge von Einkommensschwäche + Krankenhausbehandlung

Foto: H.S.

06.02.2018

Zu den großen Enttäuschungen und Ernüchterungen in Sachen Sozialstaat Bundesrepublik Deutschland gehören der Verlauf und die Wirkung der seit Jahren geführten Diskussion über „Armut“ und insbesondere „Kinder-Armut“.

Zu Beginn der Armutsdebatte hatte es noch den Anschein erweckt, als würde das Thema als solches politische und soziale Änderungen bewirken können. Verarmung
wachsender Teile der Bevölkerung nicht nur als Preis, sondern als Bedingung von
Lohndumping und Exportweltmeisterschaft wurden vom herrschenden politisch-medialen System zunächst totgeschwiegen. Als Ignorieren nicht mehr ausreichte, folgten Dementieren und Diffamieren des Themas und seiner Protagonisten und
Protagonistinnen.

Diese diskursive Erfolg des provokativen Themas „Armut“ steigerte sich noch, als das Armutsthema aufdifferenziert wurde und die wachsende „Kinderarmut“ in Deutschland in den Vordergrund gerückt wurde. Eine letzte Steigerung erreichte die Durchschlagskraft des Armutsthemas durch Konnotation nicht nur mit Kindern, sondern auch noch mit dem Aspekt „Gesundheit“.

Mit einer Fülle von Talk-Show-Runden, Forumsdiskussionen, Themenkongressen
und Presse-, Zeitschriften- und Buchveröffentlichungen zum Thema „Kinder-Gesundheitsarmut“ war dann aber auch nicht nur der Scheitelpunkt, sondern auch die Wirkungsgrenze der Armutsdebatte erreicht.Die auf ihr aufbauende Kampagne „UmFairteilen“ blieb ein ressourcenverzehrendes und effektloses Spektakel.

Wie kam es zu diesem grandiosen Fehlschlag einer zunächst erfolgreichen Sozialstaatskritik ?

Am Beispiel der Bearbeitung des Themas „Kinder-Gesundheitsarmut“ kann gut ge-
zeigt werden,wo der typische Schwachpunkt einer auf verbandliche Schadensminde-
rung und Wirkungsverbesserung ausgerichteten Sozialstaatskritik liegt, der auch für den Misserfolg der „Armuts“-Diskussion überhaupt gilt.

Zunächst gilt auch,dass sich in dieser Diskussion sehr rasch besonders selbstdar-
satellungsbedürftige Repräsentantinnen und Repräsentanten von Sozial- und Wohlfahrtsverbänden ins Rampenlicht gedrängt haben. Zwei Namen sind hier zu nennen: Die Präsidentin des Sozialverbandes VdK Ulrike Mascher und der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, Ulrich Schneider. Keine Talk-Show-Runde zum Thema „Armut“ war denkbar, bei der nicht das
Vogelhäuschen der Schwarzwälder-Uhr aufsprang und wer herausschoss ?
U. Mascher oder U. Schneider.

Beide Protagonisten kannten und beachteten dabei sehr genau den Preis und die Limits ihrer Armuts-Prominenz : Das Vermeiden jeder nur andeutungsweisen
Benennung der systemnotwendigen Zusammenhänge von Verarmung der Bevölkerung und dem Geschäftsmodell Deutschland.

Die VdK-Präsidentin sorgte schon in den Anfangsjahren ihrer Präsidentschaft dafür, den Sozialverband auf die Linie ihrer neoliberalisierten SPD zu bringen. Sie behinderte und störte die Jahrzehnte lange Zusammenarbeit von VdK-Landesverbänden mit deren kritisch-ökonomischem Beratungsinstitut Studiengruppe für Sozialforschung e.V. erfolgreich. Das Institut kündigte die Zusammenarbeit mit dem VdK 2012.

Der DPWV-Hauptgeschäftsführer verhinderte noch offener jegliche Bemühungen der
Forschungsstelle des Paritätischen Wohlfahrtverbandes, an konkreten Beispielen darzustellen, wie in armutsgefährdeter Regionen eine unzureichende Artpraxen- und
Krankenhausversorgung einerseits und die Häufung armutstypischer Erkrankungen
bei Kindern andererseits zusammentreffen. Eine bereits von den DPWV-Landesver-
bänden und der Hans-Böckler-Stiftung genehmigte Förderung eines entsprechenden Forschungsvorhabens machte Schneider ohne Rücksicht auf Proteste von Kindergesundheitsvereinigungen rückgängig.

Er konnte allerdings die Durchführung des Vorhabens selbst nicht verhindern, nachdem der Verein Armut und Gesundheit e.V. die Accademia ed Istituto per la Ricerca Sociale mit diesem Vorhaben beauftragt hatte.

Eine Hauptursache für die Erfolglosigkeit der jahrelangen Armutsdebatte in Deutsch-
land ist demnach ohne Zweifel deren Instrumentalisierung für Profilierungszwecke der Sozial- und Wohlfahrtsverbände und gleichzeitig deren Neutralisierung durch diese im Augenblick einer politischen Konkretisierung.

Quelle: Accademia ed Istituto per la Ricerca Sociale

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Quelle: Quelle: Accademia ed Istituto per la Ricerca Sociale

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