Casablanca, Foto: H.S.
01.03.2017 - von A.H. und H.S. + Labournet
Daimler hat in den letzten fast drei Jahrzehnten durch falsche Entscheidungen des Managements Milliarden Euro in den Sand gesetzt. Edzard Reuter, der von 1987 bis 1995 Vorstandsvorsitzender war, hat mit seiner ´Vision` vom Umbau des Automobilunternehmens zu einem „Integrierten Technologiekonzern“ 18 Milliarden Euro vernichtet.
Sein Nachfolger Jürgen Schrempp, von 1995 bis 2005 Vorstandsvorsitzender der Daimler-Benz AG, wickelte den „integrierten Technologiekonzern“ wieder ab und begann den Ausbau des Autogeschäfts. Chrysler wurde übernommen, die Beteiligung
an Mitsubishi massiv erhöht. Daimler sollte zur „Welt-AG“ ausgebaut werden. Das ist gescheitert, Chrysler und die Mitsubishi-Anteile wurden mit gigantischen Verlusten wieder abgestoßen. Milliarden Euro kostete das Welt-AG-Abenteuer des Herrn Schrempp, die Cent für Cent erst einmal von der Belegschaft erarbeitet werden mussten. Sein Abtritt wurde ihm mit rund 50 Millionen €uro Abfindung und zusätzlich mit Aktienpaketen vergoldet.
Die Zeche mußten wieder einmal die Beschäftigten bezahlen. In Untertürkheim bedrohte das Unternehmen Betriebsrat und Belegschaft mit dem Verlust von 2.000 Arbeitsplätzen. Weitreichende Zugeständnisse wurden gefordert, andernfalls würde bei den anstehenden Investitionsentscheidungen für neue Generationen von Motoren, Achsen und Getriebe gegen den Standort Untertürkheim entschieden. Der “Horrorkatalog“ war das volle Programm: vom Samstag als Regelarbeitstag, Verlängerung unbezahlter Pausen, Streichung bezahlter Dreischichterpausen, Durchfahren von Pausen, niedrigere Einstiegslöhne für neu eingestellte KollegInnen bis zur Anrechnung von Erholzeitpausen. Soweit ein kleiner Auszug der Forderungen von Sparmaßnahmen der letzten drei Jahrzehnte.
VW
Christine Hohmann-Dennhardt, die mehr als zwölf Millionen Euro Abfindung für 13 Monate Vorstandstätigkeit im VW Konzert kassiert, war von 2011 bis zu ihrem Ausscheiden aus dem Daimler-Konzern zuständig für Integrität und Compliance. Sie hatte darüber zu wachen, dass alle Mitarbeiter sich an Gesetze, Moral und interne Spieregeln halten. (Bekanntlich muß VW wegen eingebauter Schummel-Software zig Milliarden Euro Strafe zahlen, was in die Amtszeit von Hohmann-Dennhardt fällt.) Leidtragende sind wieder einmal die Beschäftigten, die die kriminellen Fehlentscheidungen der VW-Vorstände unter anderem durch Sparprogramme und Arbeitsplatzabbau ausbaden müssen. Die Zeche zahlen wie immer wir in den Fabriken und Büros.
Andreas Halfenberg
VW China duldet illegale Leiharbeit – Arbeiter in Jilin streiken – Solidarität ist angezeigt!
500 Leiharbeiter des VW-Joint Ventures in Changchun (Provinz Jilin) streikenfür die Einhaltung des Grundsatzes „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit. Die Rechtslage in China ist – absurd genug! – noch eindeutiger als in Deutschland. Umso unverständlicher ist es aber, daß sich offenbar bis heute weder der „Weltbetriebsrat“ noch der Konzernbetriebsrat in Wolfsburg oder die IG Metall der Sache angenommen haben..." Link Im VW Werk in General Pacheco, Brasilien (eine Stadt mit grob 50.000 Menschen, nördlich von Buenos Aires) arbeiten rund 4.000 KollegInnen. 600 von ihnen sollen jetzt – für maximal anderthalb Jahre (!) zur Kurzarbeit gezwungen werden, zunächst einmal für 30 Tage. Großzügigerweise betonte die Unternehmensleitung, am Ende dieser 30 Tage würden die Betroffenen „ein Telegramm“ erhalten, worin sie über ihre weitere Zukunft informiert würden.
Link
Opel
"Gute Nachrichten für Opel-Mitarbeiter in Rüsselsheim", meldete Spiegel Online am 8.4.2016. "Mehr als 3.000 neue Arbeitsplätze sollen bis 2020 bei am Stammsitz des Autobauers entstehen, sagte Gesamtbetriebsratschef Wolfgang Schäfer-Klug." Das ist ne Weile her. Ende Febrfuar 2017 ist von einer möglichen Übernahme der General Motors-Töchter Opel/Vauxhall durch PSA die Rede, wohinter sich Peugeot/Citroen versteckt und dazu äußerten sich die jüngst zur Chefin des Wirtschaftsministeriums reaktivierte Juristin Brigitte Zypries und ihr französischer Kollege Sapin in einer gemeinsamen Erklärung in Paris: „Wir stimmen darin überein, dass eine Verbindung dieser beiden Unternehmen durchaus einer industriepolitischen Logik folgt“. Sie können einer Opel/Vaixhall-Übernahme also viel abgewinnen. Die FAZ bringt es so auf den Punkt: "Politik sieht Vorteile für Allianz von PSA und Opel".
Nach ähnlichen Schlagzeilen plagen einen bekanntlich stets die schlimmsten Befürchtungen. PSA-Chefs Carlo Pavares will "eine deutsche Marke im Portfolio von PSA haben". Davon sind zuvörderst die 18.250 "Beschäftigten" bei Opel/Vauxhall betroffen. Über deren Zukunftsperspektive solle "schnellstmöglich Klarheit" erreicht werden, so Zypries und ihr Amtskollege Sapin. Dabei habe "Priorität, dass PSA bei einem Opel-Kauf bestehende Vereinbarungen zu Fertigungsstandorten, Entwicklungszentren und zur Beschäftigung einhält." PSA-Chef Tavares soll für Opel und May für Vauxhall bis Ende 2018 (!!) eine Beschäftigungsgarantie gegeben haben. Riexinger von der Linken nannte das "einen schlechten Witz". Für das Management gilt diese Befristung selbstverständlich nicht. Sowohl Opel/Vauxhall als auch PSA sollen mit "eigenständigem Management" weitergeführt werden! Das nennt man wohl "industriepolitische Logik". Wie PSA mit den Pensionsverpflichtungen von Opel/Vauxhall umgehen will, ist bisher nicht bekannt.
Ford
Der Kölner Express nannte "sensationell", was das Bundesarbeitsgericht am 22.2. 17 entschied: die für den Fahrzeugbau im Industriepark von Ford-Köln eingesetzten tausende von Leiharbeitern, die 10 Euro Stundenlohn erhielten, müssen im nachhinein Branchenzuschläge gezahlt werden. Der Branchenzuschlag beträgt je nach Einsatzdauer mindestens 15 und maximal 50 Prozent. Den Geschäftsführer der beklagten Leiharbeitsfirma Firma "Wico" ficht das nicht an. Im Kölner Express wird er so zitiert: „Wir haben Rücklagen gebildet, alle kriegen ihr Geld." Und weiter: "Gut, dass Klarheit herrscht, wie die Leute bezahlt werden müssen. Bisher sahen wir uns als Dienstleister mit Verdi-Tarif.“
siehe dazu auch:
"In Anerkennung ihrer früheren Fehler haben die DGB-Gewerkschaften unter Androhung eines Generalstreiks ein Verbot der Leiharbeit durchgesetzt. Dem Geschrei der Branche der Sklavenhändler setzten sie entgegen: Wenn diese so tolle und individuell angepasste Vermittlungsarbeit beherrschten, könnten sie die - befristet
eingestellten und überforderten - KollegInnen der Job Center und Arbeitsagenturen ergänzen (übergangsweise, bevor Hartz IV durch ein bedingungsloses Grundeinkommen ersetzt wird). Und: Wenn die Verleihbranche daran zugrunde geht, wenn sie mindestens gleiche Löhne zahlen muss, ist sie offenbar überflüssig... Man müsse schliesslich nicht jeden Arbeitsplatz und um jeden Preis retten, lautete die gemeinsame und einstimmige Verlautbarung..." Artikel von Mag Wompel vom Februar 2017, dessen Kurzfassung gerade in ak - analyse und kritik - Nr. 624 vom 21.2.2017 erschienen ist Link
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