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Neues zur Wasserprivatisierung in Griechenland!

Thessaloniki, 2013 Foto: H.S.

Griechenland - 15.02.2019 - von Netzwerk Griechenlandsolidarität

Es gibt durchaus hoffnungsvolle Entwicklungen: derzeit findet in Griechenland eine Verfassungsdebatte statt. Die Regierung hat einen Verfassungsentwurf erarbeitet, in dem sie u.a. das Wasser vor Privatisierung schützt. In dem Vorschlag, den die Regierung dem Parlament vorgelegt hat, steht im Artikel 17a, 4b: „Das Wasser ist Gemeingut. Der Zugang dazu ist soziales Recht. Die Wasserunternehmungen und die des Abwassers stehen unter staatlicher Kontrolle und können nicht privatisiert werden.“

Wenn das Parlament diesen Entwurf annimmt, wäre Griechenland das zweite Land in Europa neben Slowenien, das das Wasser per Landesverfassung vor der Privatisierung schützt. Allein die Tatsache, dass der Schutz des Wassers in den Verfassungsentwurf aufgenommen wurde, ist ein großer Erfolg der Bewegung, des Kampfes der griechischen Bevölkerung und der internationalen Unterstützung - zu der auch Ihre Unterstützung zählt. Wir hatten die Petition mit den 220.000 Unterschriften den griechischen Kolleg*innen geschickt. Sie haben sich für diese großartige Solidarität sehr bedankt und immer wieder betont, wie wichtig und hilfreich es ist, sich in dieser schwierigen Auseinandersetzung der Unterstützung so vieler Menschen sicher zu sein! Sie haben die Unterschriften mit den Forderungen an die politisch Verantwortlichen in Griechenland übergeben.

Inwieweit mit der Verankerung in der Verfassung Private-Public-Partnership Modelle ausgeschlossen sind, die letztendlich einer Privatisierung gleich kämen, können wir jetzt nicht sagen. PPP-Modelle würden aber in jedem Fall auf neuen Widerstand stoßen.

Die Klage der Gewerkschaften vor dem Obersten Gericht, ob eine Überführung der öffentlichen Anteile der Wasserwerke von Thessaloniki und Athen in den Superfonds rechtens war, ist noch nicht entschieden. Eine erste Verhandlung hat Ende November 2018 stattgefunden, das Urteil wird frühestens in einem Jahr erwartet.

Scholz blockt
Und die schlechte Nachricht: nachdem es uns gelungen war, im Juni 2017 in Brüssel 189.000 Unterschriften an Thomas Wieser, den damaligen Präsidenten der Arbeitsgruppe der Eurogruppe, zu übergeben, haben wir in Deutschland auf Granit gebissen:

Auch Bundesfinanzminister Scholz (SPD) hatte es nicht für nötig gefunden, uns einen Termin für die Übergabe der 220.000 Unterschriften zu übergeben (Summe aus den Unterschriften der Plattformen WeMove und WeAct). Er hat nicht nur die Inhalte sondern auch den Umgang mit engagierten Bürger*innen von seinem Vorgänger Schäuble übernommen. Wir haben auf das erneute Angebot, die Unterschriften einem Mitarbeiter des Bürgerreferates zu übergeben, verzichtet.

Stattdessen haben wir eine CD mit den Forderungen und Unterschriften noch einmal an die Kommission der EU geschickt mit einem Schreiben an Kommissionspräsident Juncker und an den Finanzkommissar Moscovici, an alle Fraktionen im EU-Parlament zur Information, ebenfalls an alle Fraktionen im Deutschen Bundestag und, wie gesagt, an die griechischen Kolleginnen und Kollegen.

Danke für Eure Unterstützung!
Auch wir möchten uns bei Ihnen allen sehr bedanken! Uns haben viele Mails erreicht, die uns darin bestärkt haben, diese Petition immer wieder weiter zu führen und die uns auch in unseren Aktionen unterstützten. Besonders berührt hat uns die Unterstützung zweier Campact-Mitglieder, zweier älterer Herren, die zu unserer Kundgebung in Berlin im November 2017 extra aus München angereist waren! Das sind Erfahrungen, die uns sehr gut getan haben!

Wie geht es in Griechenland weiter:
Es ist nicht bekannt, ob es geheime Verhandlungen für ein PPP-Modell in Griechenland gibt. Die Erfahrungen zeigen weltweit, dass auch bei einem PPP-Modell die Verbraucher*innen die Verlierenden sind. Die Konzerne sichern sich uneingeschränkt die Gewinne über einen langen Zeitraum. Der CEO von Suez, Fabrice Rissignol hat am 2.6.2018 in einem Interview deutlich gemacht, dass sie an langfristigen Verträgen über eine Laufzeit von 30 Jahren interessiert sind. Und auch, dass es für SUEZ keinen Sinn mache, weitere Anteile zu kaufen ohne einen entsprechenden Einfluss im Management zu haben. Die griechische Seite hat einen Vertreter von „SOSte to Nero“ ins Management geschickt, was als Versuch interpretiert werden kann, SUEZ Einfluss zu begrenzen oder als Beruhigung für die Menschen, die sich gegen die Privatisierung wehren. Denn SOSte to Nero ist eine der Organisationen, die den Widerstand gegen die Privatisierung des Wassers in Griechenland organisiert.

Sollten die Verhandlungen platzen und der Verfassungsentwurf vom Parlament angenommen werden, werten wir das als sehr großen Erfolg der Bewegung in und außerhalb Griechenlands gegen die Privatisierung, an dem Sie durch Ihre Unterstützung Anteil haben. Und es wäre ein Sieg über die Troika, die Griechenland zur Privatisierung des Wassers im III. Memorandum zwingen wollte.

Aber der Kampf ist noch nicht ausgestanden. Wenn wir einen neuen Ansatz finden, die griechischen Kolleg*innen zu unterstützen, werden wir dies tun. Und werden uns auch sicher wieder an Sie alle wenden. Denn dass es immer noch nicht gelungen ist, das Wasser zu privatisieren sondern im Gegenteil Schritte zu seinem Schutz vor Privatisierung eingeleitet werden, liegt an dem Widerstand in Griechenland und der großen, auch Ihrer Unterstützung!

Freundliche Grüße
Georg Brzoska (Berlin), Imke Meyer (Frankfurt), Monika von zur Mühlen (Köln), Claus Kittsteiner (Bodensee-Kreis)

Informationen zu Griechenland unter Link
Berichte zum Wasserkampf auf Griechenland-Solidarität Komitee Köln
Film - nun mit deutschen Untertiteln-
"something in the water" Link Link

Wasserveranstaltung im DGB-Haus
Link

Übergabeversuch in Berlin
Link

Der Kampf in der EU ist nicht beendet ... Der vorbildliche Wasseraufstand in Irland.

Erhöhung der Wasserabgaben in Verbindung mit Plänen zu Wasserprivatisierungen ( Vorkaufsrechte für den gleichen Konzern,(viola) der in Griechenland nun erstmal abgeblockt werden konnte) ührten Ende 2014 zum irischen "Wasseraufstand".. Die Abgeordneten flüchteten vor den 200 000 Gewerkschaftsdemonstranten weil diese zur Parlamentsbelagerung aufgerufen hatten; nach zwei Tagen, waren alle Pläne "weggestreikt"

Hier die Gewerkschaftsdemo in Dublin
Link

17.9.2017
Die Unterschriftenkampagne gegen die Privatisierung des griechischen Wassers Link geht weiter, mindestsens noch bis zur Bundestagswahl im Spetember. Knapp 190.000 Unterschriften wurden Herrn Thomas Wieser am 19.7.2017 in Brüssel bereits übergeben. Der Chefkoordinator der Eurogruppe nahm sie gnädig, und seine Unkenntnis des Themas nicht verbergend, in Empfang.

Wasser ist Menschenrecht!
Wir fordern von der EU-Kommission, ihr Versprechen einzuhalten und Wasser nicht zu privatisieren!
Wir fordern die EU-Kommission und die Deutsche Bundesregierung auf, in Griechenland nicht weiter im Interesse großer Konzerne und gegen den Willen der Menschen die Privatisierung des Wassers zu verlangen!
Wir fordern die Offenlegung und Veröffentlichung allen Schriftverkehrs sowie der Protokolle der mündlichen Verhandlungen zwischen der griechischen Regierung und den Institutionen, den Transfer von EYDAP und EYATH an den Superfonds betreffend.

Warum ist das wichtig?
Griechenland soll gezwungen werden, die zwei größten Wasserwerke in Thessaloniki und Athen zu privatisieren. Die Empörung darüber ist groß und der Widerstand wächst. „Die Versorgung mit Wasser ist ein Menschenrecht. Wasser ist ein öffentliches Gut und keine Handelsware.“ Dieser von fast 2 Millionen Menschen unterzeichnete Appell hat 2013 die EU dazu bewogen, Wasser von den Privatisierungsvorhaben auszunehmen – außer in den südlichen Ländern, in denen die Troika die Politik unter Druck setzt, auch die Versorgung mit Wasser zu privatisieren. So musste das griechische Parlament zustimmen, die großen Wasserwerke EYDAP und EYATH in den neu gegründeten, von den Gläubigern kontrollierten Superfond zur Privatisierung zu überführen, andernfalls würden die nächsten Kredite nicht ausgezahlt.

EU-Institutionen nehmen mal wieder Anlauf zur Privatisierung des Wassers in Griechenland.
2014 war das Vorhaben am Widerstand der Bevölkerung gescheitert. Ein Referendum in Thessaloniki gegen die Übernahme der Wasserwerke war von 213.508 Menschen unterzeichnet worden, das entsprach mehr als 98% der abgegebenen Stimmen. Nach einer Klage erklärte das Oberste Gericht das Vorhaben für illegal, denn in der griechischen Verfassung heißt es ausdrücklich, dass die Fürsorge des Staates den Gesundheitsschutz der Bürger bei einem so lebenswichtigen Gut garantiert. Genau das ist nicht möglich, wenn multinationale Konzerne die Wasserversorgung betreiben. Wie die vielen Beispiele in europäischen Städten zeigen, wurde nicht nur die Versorgung schlechter, sondern gleichzeitig stiegen auch die Preise. Steigende Preise aber heißen für Griechenland, dass große Teile der Bevölkerung nur noch ungenügenden oder keinen Zugang zu Wasser mehr hätten. Aktuell gibt es noch eine soziale Preisstaffelung, die die Lebenssituation der Menschen berücksichtigt. Auch den Menschen, die durch die Krise und die verheerende Politik des Sozialkahlschlags alles verloren haben, wird das Wasser nicht abgestellt, weil Wasser lebensnotwendig ist. Die Aspiranten auf das Wasser, die großen Konzerne wie Suez und Veolia, haben schon beklagt, dass der Wasserpreis zu niedrig sei.

Die Verschlechterung der Versorgung bei steigenden Wasserpreisen
nach der Privatisierung ist der Grund, warum so viele Gemeinden in verschiedenen Ländern unter großen Anstrengungen die Rekommunalisierung erstritten haben. Jüngste Beispiele sind Städte aus Portugal und Spanien, die ebenfalls durch die Troika zu dieser falschen Politik gezwungen worden waren, was zu einem Anstieg des Wasserpreises auf bis zu 400 Prozent geführt hatte.
Und Slowenien beugt vor, indem es Wasser als öffentliches Gut in die Verfassung aufnimmt und damit vor Privatisierung schützt.
Eine der ersten Kommunen, die durch den Widerstand der Bevölkerung gezwungen wurde, die Privatisierung des Wassers zurückzunehmen, war Berlin. Hier blieben zwar noch 51% der Anteile in öffentlicher Hand, aber die Geheimverträge hatten den Betreibern hohe Profite über 30 Jahre zugesichert. Und so stieg auch in Berlin der Wasserpreis. Berlin ist ebenfalls ein gutes Beispiel dafür, dass Widerstand Erfolg hat.

Unterstützen Sie den Widerstand in Griechenland! Unterschreiben Sie die Petition an Bundesfinanzminister Schäuble und EU- Kommissionspräsident Juncker:
Link
Für das Netzwerk der Griechenlandsolidarität
Georg Brzoska (Berlin), Marianna Grigoraskou (Thessaloniki), Claus Kittsteiner (Berlin), Imke Meyer (Frankfurt), Monika von zur Mühlen (Köln)

111.1.2017: Im Europäischen Parlament Kongress gegen Wasserprivatisierung und für "water democracy". Besonders spannend im mehr als dreistündigen Video der Konferenz, das in mehreren Sprachen verfügbar ist, ist die Wortmeldung eines Aktivisten aus Nordost-Griechenland. Dort hat eine etwas seltsame Privatisierung stattgefunden, die dem Beispiel Chiles folgt. Link Gehen Sie zur Zeitangabe 2:58.05.

Am 12.1.2017 wurde die folgende Resolution (leider nur in italienisch, englisch und spanisch aufrufbar) verabschiedet:
Link

Am 21.2. 2017 führte das Griechenlandsolidariaätskomitte aus Berlin eine Veranstaltung zum Thema „Wasser ist Menschenrecht! Auch in Griechenland“ durch. Eine Videodokumentation der Veranstaltung mit Yiorgos Archontopoulos, Präsident der Gewerkschaft der Wasserwerke von Thessaloniki und Claus Kittsteiner vom Berliner Wassertisch finden Sie unter: Link Im April folgten die Kölner.

April 2017: Die Fraktion der Kasseler Linke hat den Antrag gestellt, dass die Stadtverordnetenversammlung eine Resolution gegen die Wasserprivatisierung als Signal aus der documenta Stadt mit dem diesjährigen documenta- Motto "Von Athen lernen" unterstützt.

Link: Griechenland: Steuern hoch, Renten runter, Schuldenschnitt nicht in Sicht