Griechenland - 03.10.2016
Sechs von zehn griechischen Rentnern müssen nach dem Ausbruch der Staatsschuldenkrise in Griechenland von weniger als 700 Euro im Monat leben. Ergänzende Sozialleistungen wie z.B. die Grundsicherung oder Wohngeld sind in Griechenland unbekannt. Am 3. Oktober 2016 protestierten 3.000 Rentner gegen die Kürzungen ihrer Renten vor dem Athener Rathaus. Drinnen fand gerade eine Pressekonferenz mit Adam Szymczyk, dem künstlerischen Leiter der documenta 14 mit dem Motto "Von Athen lernen" und den Bürgermeistern aus den beiden Documenta-Städten, Athen und Kassel statt, und die empörten Rufe der Rentner waren gut zu hören.
Die Polizei setzte Tränengas ein, als die Rentner versuchten, zum Amtssitz des Ministerpräsidenten Tsipras zu gelangen. Der für Bürgerschutz verantwortliche stellvertretende Minister Nikos Toskas übernahm später die politische Verantwortung für den Tränengaseinsatz und gab bekannt, dass die Polizei künftig „kein Tränengas mehr gegen demonstrierende Pensionisten und Arbeiter“ einsetzen werde.
Wie der griechische Rentnerverband ENDISY bekannt gab, seien die Renten seit Ausbruch der Krise durch mehr als ein Dutzend Kürzungen und zusätzliche Belastungen real um 20 bis 50 Prozent gesunken, hieß es. Fast 1,2 Millionen Rentner leben unterhalb der statistischen Armutsgrenze von monatlich 665 Euro. Zugleich stünden die gesetzlichen Rentenkassen mit vier Milliarden Euro Gesamtdefizit trotz rigoroser Rentenkürzungen und Beitragserhöhungen ohne zusätzliche staatliche Zuschüsse kurz vor dem Zusammenbruch.
Das größte Problem hat wohl der gesetzliche Versicherungsträger für Gewerbetreibende und Selbständige (OAEE). In den ersten acht 8 Monaten des Jahres 2016 rief er bereits 85,7% der vorgesehenen staatlichen Zuschüsse, also 715 Mio. Euro ab. Damit sind die Ausgaben des entsprechenden Vorjahreszeitraums schon um 35 Mio. Euro überstiegen.
In Griechenland stehen rund 3,5 Millionen Beschäftigte 2,6 Millionen Rentnern gegenüber. Die Arbeitslosigkeit liegt zur Zeit bei offiziell 24 Prozent, bei den jungen Leuten sind es 50 Prozent. Ein geplantes Gesetz zur Bekämpfung der extremen Armut (250.000 Haushalte sind ohne Strom), durfte die Regierung nicht verabschieden.
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