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Diskriminierung älterer Autofahrer in: Der Spiegel

Köln, 2016 Foto: h.S.

12.07.2016 - von Franz-Josef Wittmann

Den folgenden Text schickte Franz-Josef Wittmann am 18.7.16 an die Leserbriefredaktion des Spiegels:
"Wieder einmal wird der Bericht über einen Einzelfall benützt, um (im Spiegel) grob verallgemeinernde Vorurteile über alte Menschen zu verbreiten. "Der Betroffene "lebt in einem Land mit starker Autolobby, ein Tauglichkeitstest für Senioren ist in Deutschland politisch nicht durchsetzbar, nicht mal ein Arzt müsste (ihn) wegen Sehschwäche oder Demenz verpfeifen, er könnte sich auf die Schweigepflicht berufen …", heisst es da.

Was soll das heissen? Wirkt der Verband der Kraftfahrzeugindustrie - oder wer immer mit der Autolobby gemeint ist - einem Tauglichkeitskeitstest für Senioren entgegen? Und gilt die ärztliche Schweigepflicht nur für Senioren? Sollten Senioren mit dem verlangten Tauglichkeitstest ihre Berechtigung zur Teilnahme am gesellschaftlichen Leben nachweisen müssen, da sie doch durchweg an Sehschwäche oder Demenz leiden, wie die Autorin offenbar meint?

"Ein Leben ohne Auto ist für viele dieser Menschen ein Leben wie mit einer Behinderung", schreibt sie weiter. Gilt das nur für diese Kinder des Wirtschaftswunders? Gilt es nicht bis heute für sehr viele Menschen, die nicht das Glück haben, im Bereich gut ausgebauter öffentlicher Verkehrsmittel zu leben? Weiss die Autorin, dass sie mit ihren Verdächtigungen vielen alten Menschen die Teilnahme am Leben abzuschneiden droht?

Treuherzig berichtet sie weiter:
"Der Betroffene "musste zum Verkehrsunfalldienst, wo die Beamten an kuriose Geschichten mit älteren Verkehrsteilnehmern gewohnt sind. Es gab einen Rentner, sagt ein Polizeihauptkommissar, der fuhr mit dem Auto in den Supermarkt, direkt vors Getränkeregal, er hatte Leergut dabei."

Ob die Geschichte stimmt oder nicht, sei dahingestellt; nicht nur über Rentner werden solche kuriosen Geschichten erzählt. Statt Stammtischparolen zu verbreiten, sollte die Autorin der Frage nachgehen, ob es irgendwelche belastbaren Belege für ihre verallgemeinernde Unterstellung gibt, alte Menschen seien gefährlichere Autofahrer als junge Menschen. Im Ernst: hat sie solche Belege? Auf diese konkrete Frage sollte Fiona Ehlers eine klare Antwort geben!

Mit freundlichen Grüssen
Franz-Josef Wittmann

Von: Leser-Service@spiegel.de [mailto:Leser-Service@spiegel.de
Gesendet: Montag, 18. Juli 2016 09:12

An: Franz-Josef Wittmann
Betreff: RE: Fiona Ehlers: "Ach herrje" im Spiegel Nr. 29 vom 16.7.2016, Seite 43[/b]

Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser,
vielen Dank für Ihre E-Mail.
Die Leserbrief-Redaktion bemüht sich auf den ihr zur Verfügung stehenden Seiten um eine repräsentative Auswahl von Meinungsäußerungen. Der Platz für Leserbriefe im SPIEGEL ist jedoch begrenzt, so dass nur wenige der zahlreichen Zuschriften, die uns Woche für Woche erreichen, veröffentlicht werden können.
Alle an den SPIEGEL gerichteten Zuschriften - auch die unveröffentlichten - werden aber an die zuständigen Fachressorts weitergeleitet, damit wichtige Hinweise und Anregungen nicht verloren gehen.
Bitte haben Sie dafür Verständnis, dass Sie wegen der großen Zahl von Zuschriften eine automatische Antwort von uns bekommen.
Sollte Ihr Leserbrief veröffentlicht werden oder eine persönliche Antwort erfordern, erhalten Sie von uns Nachricht.
Wenn Sie Fragen haben, wenden Sie sich gern an spiegel@spiegel.de.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Michael Plasse
Verlagsleiter
Leser-Service

Von Franz-Josef Wittman am 23.7.16 an Dr. Michael Plesse
Sehr geehrter Herr Dr. Plasse,
Der Leserbrief, dessen Eingang Sie freundlicherweise bestätigen, zielte weniger auf Abdruck im Spiegel als auf Protest gegen die grob verallgemeinernde Altersdiffamierung des betreffenden Artikels. Mein Brief schloss mit der Frage, ob die Autorin, Fiona Ehlers, irgendwelche belastbaren Belege hat für Ihre Unterstellung, alte Menschen seien gefährlichere Autofahrer als junge Menschen. Auf diese konkrete Frage darf ich um eine klare Antwort bitten.

Mit freundlichen Grüssen
Franz-Josef Wittmann

Von: Leser-Service@spiegel.de [mailto:Leser-Service@spiegel.de]
Gesendet: Dienstag, 9. August 2016 14:39

An: Franz-Josef Wittmann
Betreff: RE: Fiona Ehlers: "Ach herrje" im Spiegel Nr. 29 vom 16.7.2016, Seite 43

Sehr geehrter Herr Wittmann,
vielen Dank für Ihre kritische Rückmeldung. Wir bedauern, dass Sie sich geärgert haben. Es war sicher nicht Frau Ehlers Absicht, ältere Menschen zu diskriminieren. Ihre Kritik habe ich weitergeleitet.
Ich hoffe, dass Ihnen manch anderes Stück im aktuellen Heft besser gefallen hat.

Mit freundlichen Grüßen aus Hamburg
Meike Stapf
Leser-Service
SPIEGEL-Verlag Rudolf Augstein GmbH & Co. KG
Ericusspitze 1
20457 Hamburg

Von Franz-Josef Wittman am 23.7.16 an Meike Stapf
Sehr geehrte Frau Stapf,
danke für Ihre Antwort auf meine eMail vom 18. Juli. Wenn die Diskriminierung älterer Menschen in dem beanstandeten Artikel nicht beabsichtigt war, so ist sie nur damit zu erklären, dass auch im Spiegel die üblichen Stammtischparolen verbreitet werden, ohne die Konsequenzen zu bedenken. Und wenn Ihr Besänftigungs-schreiben die einzige Antwort darauf bleibt, so muss man befürchten, dass die Tragweite solcher verallgemeinernden Diffamierung beim Spiegel weiterhin unerkannt bleibt.

Tatsächlich erwähnt Art. 3 GG das Alter als Diskrimierungsgrund (noch) nicht. Dagegen ist er in Art. 21 der EU-Grundrechts-Charta ausdrücklich erwähnt und ebenso in § 1 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes vom 14. August 2006 (BGBl. I S. 1897).

Der Aufsatz von Frau Ehlers verstösst gegen Grundrechte. Wenn das nicht beabsichtigt war, so dürfte man mindestens eine entschuldigende Erklärung erwarten.

Mit freundlichen Grüssen
Franz-Josef Wittmann

Link: Bayerisches Fernsehen: Hilfe, Opa will Autofahren