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Sturz auf dem Trottoir: KSA lehnt Schadensregulierung ab

Lissabon, 2015 Foto: H.S.

10.03.2016 - von Dietmar Fürste

Städte und Gemeinden stehlen sich in besonders perfider Art aus ihrer Verantwortung, wenn Menschen durch Vernachlässigung der kommunalen Unterhaltspflicht von Straßen und Gehwegen zu Schaden kommen.

Für die Schadensregulierung bei solchen Haftpflichtfällen haben die Kommunen der Bundesländer den kommunalen Interessenverband "Kommunaler Schadensausgleich" (KSA) geschaffen, der sie die Entscheidung über Haftpflichtfälle überlassen.

Beispielsweise dann, wenn die 86-jährige Ursula B. in Reichenbach/Vogtland, die im November letzten Jahres wegen starker Schäden eines Gehweges stürzte, sich erheblich verletzte und Schäden an ihrer Kleidung durch Blut, Schmutz und Zerreissen davon trug, versucht eine Schadensregulierung zu erreichen.

Sie mußte ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen und hat dafür ein Taxi benutzt. Narben einer Gesichtsverletzung sind aber ebenso geblieben, wie Schmerzen im Fußgelenk und im Rücken.

Nach einer Meldung des Unfalls an die Stadt und Bitte um Regulierung wenigstens des Sachschadens in Höhe von ca. € 30,00, (Schmerzensgeld hat sie nicht verlangt), übergab die Stadt Reichenbach/Vogtland die Sache ihrem kommunalen Interessenverband "KSA-Sachsen". Dem wurden detaillierte Angaben zu Unfallort, -Zeit und -Hergang, Fotos des Gehweg-Schadens sowie Namen und Anschriften von Zeugen vorgelegt.

Wie befürchtet, wurde eine Regulierung der Sachschäden abgelehnt und mit der Unterstellung mangelnder Aufmerksamkeit der verunfallten Rentnerin ein Selbstverschulden vorgehalten, ohne dass auf die vorgebrachten Fakten überhaupt Bezug genommen wurde.

Nach einem Widerspruch gegen diese Ablehnung und Hinweis auf eine Vielzahl von Gerichtsurteilen zu Gunsten von Geschädigten in gleich gelagerten Fällen erklärte die KSA-Sachsen in einer zweiten Ablehnung nun plötzlich die "... Regulierung eines Schadens aus der Haftpflicht der Stadt Reichenbach auf dem Verwaltungswege..." sei "... überhaupt ausgeschlossen".

Zudem ergäbe sich aus dem Sächsischen Straßengesetz eben keine Pflicht [zur Instandhaltung von Straßen und Wegen], wie es aus dem Berliner Straßengesetz folge, die einem zum Vergleich zitierten Urteil in einem fast identischen Unfall in Berlin zu Grunde lag.

Was für eine geradezu groteske Begründung!

Auf die Bitte von Ursula B. um Überprüfung dieser Entscheidung durch den Dachverband der KSAen, der "Bundesarbeitsgemeinschaft
Deutscher Kommunalversicherer" (BADK) wurde ihr lapidar und kommentarlos mit der Mitteilung geantwortet, man habe ihr Schreiben zurück an die "Geschäftsstelle" der KSA-Sachsen gesandt.

Dazu muss man wissen, dass - im Gegensatz zu Gerichten - die KSAen samt ihrer Dachorganisation, der BADK, keine (!) juristischen Personen sind. Der BADK bezeichnet sich auf seiner Webseite selbst als eine "... äußerst flexible Vereinigung...", preist sein "weites Betätigungsfeld", welches "bewusst nicht durch Satzung reguliert wird." (sic.)

Dass man sich bei dieser skandalösen Konstruktion von Anspruchs-Abwehr-Organisationen als Geschädigte vorkommen muss, wie der bekannte Buchbinder Wanninger, mußte in diesen Tagen auch Ursula B. bitter erfahren. Sie hat inzwischen resigniert und verzichtet in diesem unseren "Rechtsstaat" darauf, nun auch noch ein Gericht anzurufen.

Der Zweck der KSA ist damit erfüllt, der Zynismus mit dem man dort Ansprüche abwehrt, Geschädigte in die Rolle von Bittstellern drängt und ihnen damit unterstellt, sie wollten sich rechtswidrig bereichern, sollte jedoch hiermit zur Warnung bekannt gemacht werden.

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Zu diesem Fall die Verbraucherzentrale Sachsen: "... Über Probleme mit dem KSA hört man leider immer wieder. Rechtlich sind die Erfolgsaussichten in der Regel tatsächlich schlecht. Betroffene sollten über andere Wege nachdenken, die Abhilfe schaffen könnten. Sie können die Kommunalpolitik(er) einschalten. Wie wir wissen, steht in Reichenbach/Vogtl. bald die Oberbürgermeisterwahl an, in solchen Zeiten reagiert die Politik sensibel auf aufgezeigte Missstände. Ein anderer Weg ist immer über die Öffentlichkeit. ..."

Link: Bagso fordert bessere kommunale Seniorenpolitiik
Quelle: Mail an die Redaktion