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Direktversicherung: Anhörung im Düsseldorfer Landtag zum Antrag der FDP, ANTRAG

Iwen, 2014 Foto: H.S.

17.02.2016 - von FDP-Fraktion NRW

LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/9789 22.09.2015 Datum des Originals: 22.09.2015/Ausgegeben: 22.09.2015
Antrag der Fraktion der FDP
Stärkung der betrieblichen + privaten Altersvorsorge – Entlastung bei den Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung
I. Ausgangslage
Eine Ergänzung der umlagefinanzierten gesetzlichen Rentenversicherung durch kapitalgedeckte Formen der privaten und betrieblichen Vorsorge ist sinnvoll und erforderlich, um un-terschiedliche Risiken auszugleichen und eine zukunftsfeste Finanzierung auf möglichst breiter Basis zu erreichen. So zählt die Stärkung der betrieblichen und privaten Altersvorsorge laut Koalitionsvertrag auch zu den Zielen der Bundesregierung, es gibt aber bisher abgesehen von der Umsetzung der EU-Mobilitäts-Richtlinie keine konkreten Gesetzesinitiativen. Derzeit erwerben ca. 60 Prozent aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten Anwartschaften auf eine betriebliche Altersversorgung in den unterschiedlichen Durchführungswe-gen von Direktzusage, Unterstützungskasse, Pensionskasse, Pensionsfonds und Direktver-sicherung.

Kapitalgedeckte Formen der Altersvorsorge sind derzeit besonders von der Phase niedriger Zinsen betroffen. Dies führt nicht nur zur Absenkung der garantierten Erträge bei neuen Ver-sicherungsverträgen. Ein besonderes Problem bei der Direktzusage ergibt sich daraus, dass Unternehmen als Rechnungszins auf ihre Pensionsrückstellungen bei der Bilanzierung nach dem Handelsgesetzbuch den durchschnittliche Marktzinssatz der vergangenen sieben Ge-schäftsjahre (aktuell 4,26 %, 2019 voraussichtlich 2 bis 2,5 %) anzusetzen haben, während der steuerliche Rechnungszins bei 6 % festgesetzt ist. Aufgrund der sinkenden Zinsen wer-den sich die Pensionsrückstellungen in der Handelsbilanz sukzessive erhöhen, dabei sind die jährlichen Anpassungen ergebniswirksam in der Gewinn- und Verlustrechnung zu erfassen. Dadurch ergeben sich erhebliche Ergebnisbelastungen, möglicherweise mit entsprechenden Effekten auf die Eigenkapitalquoten. Demgegenüber werden bei der Steuerfestsetzung deutlich niedrigere Rückstellungen berücksichtigt.

Eine wesentliche Einschränkung für die Attraktivität der betrieblichen Altersversorgung be-steht darin, dass die Auszahlungen der vollen Beitragspflicht in der Kranken- und Pflegever-sicherung unterliegen. In der Ansparphase ist eine Entgeltumwandlung bis zur Höhe von vier Prozent der Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung (dies ent-spricht 2.904 Euro im Jahr 2015) beitragsfrei in der Sozialversicherung. Bei Versorgungsberechtigten, die gesetzlich bzw. freiwillig krankenversichert sind, fallen während der Leis-tungsbezugsphase hingegen die vollen Beiträge (Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil) zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung an. Eine Beitragspflicht besteht auch, wenn die Versorgungsleistung in einer Summe (Kapitalwahlrecht) ausgezahlt wird. Dann wird zur Beitragsberechnung der Kapitalbetrag durch 120 geteilt (10 Jahre mit je 12 Monaten) und auf diesen Betrag der volle Beitragssatz angewendet. Der sich ergebende Beitrag ist für die Dauer von 10 Jahren monatlich zu entrichten.

Die volle Beitragspflicht von Versorgungsbezügen in Kranken- und Pflegeversicherung wurde durch das zum 01.01.2004 in Kraft getretene GKV-Modernisierungsgesetz (GMG) einge-führt. Einbezogen wurden dabei auch alle Kapitalleistungen, die der Altersversorgung dienen, sofern ein Bezug zum (früheren) Erwerbsleben besteht. Darunter fallen alle Durchfüh-rungswege der betrieblichen Altersvorsorge. Vor 2004 war auf Versorgungsbezüge bei Pflichtversicherten nur der halbe Beitragssatz anzuwenden, zudem waren einmalige Kapital-auszahlungen beitragsfrei, wenn sie vor Renteneintritt zugesichert wurden bzw. von vornhe-rein als Einmalzahlung vereinbart oder zugesagt worden waren. Ein Bestandsschutz für vor 2004 abgeschlossene Altverträge bzw. eine Übergangsregelung wurden nicht vorgesehen.

Insgesamt sind über 8 Millionen Altverträge vom fehlenden Vertrauensschutz betroffen, die zunehmend zur Auszahlung kommen und bei denen diese erheblichen Einschnitte bei Ver-tragsabschluss nicht absehbar waren. Sofern Entgelte oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze umgewandelt wurden, so wurden dabei in der Ansparphase nicht einmal Sozialversi-cherungsbeiträge gespart. Dennoch kann beim Rentenbezug eine volle Beitragspflicht für die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung entstehen, wenn die Versorgungsbezüge die Beitragsbemessungsgrenze nicht auch im Rentenalter übersteigen.

Eine besondere Situation ergibt sich, wenn Beiträge zur Altersvorsorge zwar faktisch über den Arbeitgeber gezahlt wurden, aber dies nicht im Rahmen der Entgeltumwandlung statt-fand, sondern die Beiträge im Namen des Versicherungsnehmers nur aus individuell versteuertem und mit Sozialversicherungsbeiträgen belegtem (Netto-)Einkommen aufgebracht wurden. In diesem Fall entspricht eine Direktversicherung abgesehen vom Zahlungsweg bzw. betrieblichen Bezug einer privaten Kapitallebensversicherung, die in der gesetzlichen Krankenversicherung beitragsfrei wäre. Vor 1999 war eine Zahlung aus dem Nettoentgelt im Rahmen der betrieblichen Altersvorsorge überhaupt nicht vorgesehen, so dass entsprechen-de Altverträge auch bei einem betrieblichen Bezug nur als private Kapitallebensversicherungsverträge abgeschlossen wurden und auch später nicht in eine betriebliche Altersver-sorgung umgewandelt wurden. Allerdings werden sie seit 2004 als Versorgungsbezug bewertet, der der vollen Beitragspflicht unterliegt.

II. Beschlussfassung
Der Landtag fordert die Landesregierung auf,
1. sich in den Diskussionen auf Bundesebene zur Förderung der betrieblichen Altersvorsorge einzubringen und dabei auf eine Reduzierung der Belastung durch Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung hinzuwirken;
2. sich auf Bundesebene für eine gesetzliche Klarstellung einzusetzen, dass Kapitalaus-zahlungen aus Altverträgen von Direktversicherungen, die wie eine private Lebensversicherung im Namen des Versicherungsnehmers aus dem Netto-Einkommen angespart wurden, auch bei einem betrieblichen Bezug nicht als Versorgungsbezug bewertet werden;
3. sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass die Regelungen für die Festsetzung der Rechnungszinsen auf Pensionsrückstellungen von Unternehmen nicht zu Ergebnisbe-lastungen und einer Reduzierung des Eigenkapitals führen sowie dass durch diese Regelungen die Bewertung der Pensionsrückstellungen in Handels- und Steuerbilanz wieder angeglichen wird.

Christian Lindner
Christof Rasche
Ulrich Alda
Susanne Schneider
und Fraktion

Quelle: Landtag NRW