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Das geht Dich doch nichts mehr an ...

Norderney Foto: H.S.

06.06.2012 - von Hartmut Jeromin

Meine Kenntnisse über „moderne“ Schulpolitik im Bundesland Sachsen innerhalb zweier Stunden auf den neuesten Stand zu bringen, dazu hatte ich am 19.11.2010 Gelegenheit. Das war einer Versammlung von Politikern und Bürgern in meiner Kommune zu danken. Es ging um das Dauerthema Schulschließungen.

Die Schulnetzplanung für den nächsten Zeitraum im Kreis Sächs. Schweiz/ Osterzgebirge wird vom zuständigen Kreistag beraten und tangiert eben meine jetzige Heimatgemeinde Kreischa- und diese ist von Schulschließung bedroht, wenn es nach der Landesgesetzgebung geht. Und das treibt die Bürger, den Gemeinderat und den Bürgermeister schon seit längerem um.
Nach dem alten Sinnspruch, doch „die Kirche im Dorfe zu lassen“, fordern das die Bürger auch für ihre Schule. (Schulgeschichte Kreischa s. Hermine Hofmann in div. Ausgaben des örtlichen „Wilischboten/Kreischaer Boten“).

Obwohl es nahezu ein Unding ist, eine gut ausgebaute funktionierende örtliche Schule aus Kostengründen zu schließen und die Schuljugend auf „Reisen“ zu schicken und die Eltern trotz Schulpflicht auch noch für den Transport bezahlen zu lassen, können die zuständigen Stellen natürlich die Bildungsökonomie nicht außer Acht lassen. Steuergelder müssen rationell eingesetzt werden. Aber wenn schon Kinder und Jugendliche zeitig daran gewöhnt werden, für lebensnotwendige Verrichtungen den Wohnort verlassen zu müssen, wird es ihnen als junge Erwachsene um so leichter fallen, ihr Glück auch weiterhin woanders zu versuchen- sie sind es dann ja schon gewöhnt!

Grund für das ganze Übel ist seit nunmehr 20 Jahren der enorme Bevölkerungsrückgang in Sachsen mit all seinen Bedingungen und Folgen. Schuld daran will sich niemand geben, schon gar kein Politiker. Denn die sind ja am Ende für nichts haftbar zu machen!-
Was konnte ich lernen: Die Lehrer bezahlt der Freistaat, die Schule der Schulträger. Nicht neu. Der Kreistag beschließt auch für sein Territorium. Der Freistaat bezuschusst die freien Schulen mit 60 %, aber je Schüler. Den staatlichen Schulen wird nur je Lerngruppe (also Klasse) zugebuttert, also werden große Klassen vorgeschrieben. Das nagt dann an der geforderten Mehrzügigkeit…

Auf Landesebene spielt sich noch mehr ab. Zum Beispiel die Notendurchschnitte bei Kernfächern werden zentral vorgegeben. Dieser „Durchlass“ wurde jüngst verkleinert. Das kann gut sein (Bestenauswahl) oder schlecht (für Spätentwickler). Oder der Versuch in Sachsen mit den 9 Gemeinschaftsschulen, welcher jetzt so rigoros beendet wurde. Dahinter steckt Parteipolitik, also die Interessen der einen gegen die von anderen!

Von wirklichen Innovationen in der Schulpolitik war nicht die Rede, wenn man die Verwendung des Namens Oberschule in Zukunft unbeachtet lässt. Eine wirkliche Neuerung ist das ja auch nicht.
Und: Die Oppositionspolitiker verschiedener Parteien und Ebenen wünschten sich für ihre Schulmodelle jeweils die Unterstützung der Öffentlichkeit. Und natürlich werden Betroffene am 06. 12.10 wiederum zum Tagungsort des Kreistages fahren, um dort ihren Willen in dieser Sache zu bekunden.

Insgesamt aber: Man wiegte die Köpfe und ging nach Hause - ob das dem Anlass gerecht wurde und in der Sache wirklich etwas bewirken wird - darüber zerbricht sich nun den Kopf
Hartmut Jeromin, Einwohner von Kreischa

Zusatz (nicht nur) für GEW-Mitglieder:
Nach der Veranstaltung kam es zu einem kurzen Kontakt mit der SPD-Politikerin E. M. Stange. Ich konnte sie für ihr sachkundiges Auftreten nur loben - aber dann verabschiedete sie sich auch schon wieder …. mit dem Satz: „…aber das alles geht dich ja nichts mehr an …“.-

Und daran hatte ich zu knabbern auf dem Nachhauseweg. Warum wohl bin ich zu dieser Beratung gegangen? Hat es für mich noch Sinn, in der GEW zu sein? War das schon Altersdiskriminierung? Geht es mich nach ca. 40 Dienstjahren in der Bildung wirklich nichts mehr an?

Ich verspreche meiner Kollegin Stange: Es wird mich noch sehr lange etwas angehen! Auch wenn das die stört, die meinen, ein Pensionär habe still zu sein!
d. o.

Link: Altersdiskriminierung bei Spiegel online
Quelle: Mail an die Redaktion

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