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21.05.2012 - von W.J.
Zum Thema Rentenerhöhung 2012 ein Brief an Bundesministerin Frau von der Leyen und Bundesminister Friedrichs:
Die obigen Erhöhungen - bzw. die wiederum ungleiche Behandlung zum Nachteil der 20 Millionen Rentner - geben mir Anlass mich einmal direkt an Sie als Bundesministerin für Arbeit und Soziales und an Ihren Kollegen Innenminister Friedrichs gleichlautend zu wenden, nachdem ich früher mit den Herren Abgeordneten Karl Schiewerling und Jens Spahn korrespondiert habe. Herr Spahn wollte sich dafür einsetzen, dass "in einer parteiübergreifenden Initiative eine Angleichung von Beamtenversorgung und Rentenversicherung erfolgt". Die Sache läuft jedoch weiter diametral auseinander.
Kurz zu meiner Person: ich bin in meinem Berufsleben 50 Jahre Mitglied der Bfa gewesen und habe über das 65. Lebensjahr hinaus gearbeitet. Bis auf wenige Jahre hatte ich Bezüge über der Beitragsbemessungsgrenze, sodass ich heute eine vergleichsweise gute Rente beziehe. Außerdem habe ich privat Vorsorge betrieben. Seit meinem Eintritt in den Ruhestand 2004 muss ich nun wie alle Rentner erleben, dass die Rente jedes Jahr erheblich an Wert verliert. Durch die Reihen der Rentner geht eine Welle des Protestes und der Empörung durch die ständige ungerechte Behandlung ihrer Bezüge gegenüber denen der Pensionäre. In keinem anderen Land werden die Ruheständler so ungleich behandelt, wobei klar ist, dass nicht alle Menschen gleich sind, aber sie haben ein Grundrecht auf gleiche Behandlung.
Hierzu kurz die Gegenüberstellung der Versorgungssysteme:
Beamte/Pensionäre: Ausgangsbasis 71,25% ihres letzten naturgemäß höchsten Gehaltes, ohne - aus welchen Gründen auch immer - Beiträge zur Altersvorsorge zu bezahlen, keine Beiträge Arbeitslosenversicherung - im Umkehrschluß sicherster Arbeitsplatz der Welt. In der Regel 12 1/ 2 Monatsbezüge, hinzu Vorteile der Beihilfe im Gesundheitswesen, kaum Zuzahlung, keine Praxisgebühr, halber Satz zur Pflegeversicherung, Zweiklassenmedizin.
Freie Wirtschaft/Rentner: Ausgangsbasis Rente bestenfalls ca. 46 % - durch Beiträge berufslebenlang aufgebaut. Kein zusätzlicher halber Monatsbezug, obwohl bei Bezügen über Bemessungsgrenze auch hier ein Anrecht besteht. Dieses alles ist bekannt.
Aber jetzt kommt der Gipfel der Ungerechtigkeit:
Das ist die geradezu grotesk ungerechte Behandlung der Rentner in den vergangenen Jahren mit Nullrunden, Riesterfaktor steht im Lager der Pensionäre die Tatsache gegenüber, dass sie weitgehend an den Erhöhungen ihrer Kollegen im aktiven Dienst teilnehmen, schon im Jahre 2011 mit Erhöhungen zwischen 2,3 - 3 % + Einmalzahlungen in den Ländern unterschiedlich zwischen 300 - 360 €!, während die Rentner nicht einmal 1 % erhielten und einen Malus von ca. 3 % mit sich schleppen. Man kann sagen, dass die Pensionäre das erhielten , was die Rentner als Abzug vortragen !
Auch das Argument auf die seinerzeitige Umstellung der Rente von Kapitaldeckung auf Umlageverfahren bzw. der immer wieder gebrachte Hinweis, dass die Rente voll beitragsabhängig von den im Beruf aktiven ist, zieht bei den Rentnern nicht. Diese Umstellung ist von den Vorgängerregierungen widerrechtlich erfolgt und die jetzige Regierung muss gerechterweise als Rechtsnachfolgerin hierfür geräde stehen. Wir sehen auch , wie schnell sich die Rentnenkasse erholt, wenn durch die Beschäftigungslage wieder mehr Beiträge fließen. Ohne den durch die Umstellung nicht berechtigen Malus stünde den Rentnern eigentlich eine Erhöhung von ca. 4 % zu.
In 2012 setzt sich die Serie lückenlos fort, nachdem die Tariferhöhung im öffentlichen Dienst von 3,3 % einfach auf die Pensionäre übertragen wird, während die Rentner im Westen mit 2,18 % nicht einmal den Inflationsausgleich erhalten.
Weder Not noch Neid führt mir die Feder. Ich gönne jedem Pensionär sein Einkommen. Aber es kann doch nicht angehen, dass die beiden Versorgungssysteme so unterschiedlich behandelt werden. Geht dies so weiter, dass ca. 25 % der Einwohner von Deutschland so benachteiligt werden führt das zu einem Zweiklassensystem. Die Auswüchse sehen wir jetzt schon. Die Zahl der Nichtwähler steigt ständig und eine Partei aus dem Nichts, ohne klare Aussagen vereinigt die steigende Zahl der Protest- bzw. Nichtwähler.
In einem Zeitungsartikel in der "Welt" sagen Sie, dass Sie und die CDU für Gerechtigkeit stehen. Hier können Sie es beweisen. Ich stehe in Verbindung mit den Rentnerparteien, dem VDK, der Aktion für Demokratische Gemeinschaft, dem BRV, Verein für Betriebsrentner eV, dem Bündnis für Rentenbeitragszahler eV. BRR, sowie dem Büro gegen Altersdiskriminierung sowie einer großen Zahl von Rentnern die die Dinge ebenso sehen.
Ich bitte höflich um Überprüfung und Stellungnahme
Mit freundlichen Grüßen
W.J.
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ANTWORT
Sehr geehrter Herr J.,
Ich danke für Ihre Anfrage vom 15. Mai 2012 und bitte um Verständnis, dass der Bürgerservice antwortet. Aufgrund der Vielzahl der schriftlichen und mündlichen Anfragen an Herrn Minister Dr. Friedrich ist es ihm leider nicht immer möglich, in allen Fällen persönlich zu antworten. Ich kann Ihnen aber
versichern, dass er regelmäßig über die eingehenden Briefe und E-Mails etc. informiert wird und so einen guten Überblick über die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger hat.
Zu den von Ihnen angesprochenen Themen, zu denen auch bei der
Beamtenversorgung die Stellungnahme des Fachreferates für Versorgungsrecht im Bundesministerium des Innern eingeholt wurde, erlaube ich mir abschließend folgende Ausführungen:
1. Es trifft nicht zu, dass beihilfeberechtigte Beamte gegenüber Mitgliedern der gesetzlichen Krankenkassen bevorzugt werden. Das Bundesverfassungsgericht hat in ständiger Rechtsprechung festgestellt, dass die Beihilfe als eine die Eigenvorsorge ergänzende Leistung konzipiert ist. Sie soll Beihilfeberechtigte von den durch die Besoldung nicht gedeckten notwendigen Aufwendungen in angemessenem Umfang freistellen. Eine lückenlose Erstattung jeglicher Aufwendungen verlangt die Fürsorgepflicht jedoch nicht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. November 1990, 3 BvF 3/88).
Der Dienstherr darf die Beihilfe auf das medizinisch Gebotene beschränken. Für die Angemessenheit der ergänzenden Beihilfe kommt es auf ein traditionelles Anspruchsniveau der Beamtenschaft nicht an. Danach ist die Gewährung von Beihilfen im bisherigen Umfang auch nicht unveränderlich. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kann der Leistungsstandard der gesetzlichen Krankenversicherung auch vor dem Hintergrund des Artikels 33 Abs. 5 des Grundgesetzes für Beihilfeberechtigte als angemessen angesehen werden (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 7. November 2002, 2 BvR 1053/98). Auch mit Rücksicht auf die soziale Symmetrie ist es daher weder gerechtfertigt noch geboten, für Beihilfeberechtigte und ihre berücksichtigungsfähigen Angehörigen im Hinblick auf die Fürsorgepflicht günstigere Regelungen als für gesetzlich Krankenversicherte vorzusehen.
2. Entgegen Ihrer Behauptung müssen auch Beamte die Praxisgebühr bezahlen. Bereits mit den Beihilferechtsänderungen vom 17. Dezember 2003 und 30. Januar 2004 sind die Belastungen des GKV-Modernisierungsgesetzes (GMG) wirkungsgleich in das Beihilferecht der Beamtinnen, Beamten, Richterinnen, Richter, Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfänger des Bundes übertragen worden. Teil der Sparmaßnahmen des GMG ist die Einführung einer Zuzahlung von 10 ? je Kalendervierteljahr für gesetzlich Versicherte, falls in diesem Zeitraum eine ärztliche Behandlung notwendig wurde. Die 10 € sind vom Patienten unmittelbar an den Leistungserbringer (also den Kassenarzt oder Psychotherapeuten bzw. Kassenzahnarzt) zu zahlen. Auch Beihilfeberechtigte müssen diese Zuzahlung erbringen, allerdings müssen sie diese Zuzahlung aus strukturellen Gründen nicht in der Arztpraxis entrichten. Ihnen wird für jede erste Inanspruchnahme eines Arztes oder Psychotherapeuten bzw. Zahnarztes durch sie selbst oder einen berücksichtigungsfähigen Angehörigen innerhalb eines Kalenderquartals ein Betrag von jeweils 10 € von der Beihilfe abgezogen (§ 49 Abs. 4 der Bundesbeihilfeverordnung). Sie unterliegen insoweit den gleichen finanziellen Belastungen, wie Versicherte in der gesetzlichen Krankenversicherung.
3. Es trifft auch nicht zu, dass Beamte keine "Zuzahlungen" leisten müssten. Der starke Anstieg der Kosten des Gesundheitswesens erforderte entschlossene Maßnahmen des Gesetzgebers, um das System der Gesetzlichen
Krankenversicherung zukunftsfähig zu machen. Das ist mit dem Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV - Modernisierungsgesetz - GMG) geschehen. Das GMG sieht u. a. vor, dass nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel, darunter auch Homöopathika und pflanzliche Arzneimittel, grundsätzlich nicht mehr von den gesetzlichen
Krankenversicherungen bezahlt werden. Ausnahmen von der gesetzlichen Regelung gelten für bestimmte rezeptfreie Arzneimittel, die Therapiestandard zur Behandlung schwerwiegender Erkrankungen sind. Diese werden von der gesetzlichen Krankenversicherung bezahlt, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss gemäß § 91 SGB V (früher Gemeinsamer Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen) sie in seine Arzneimittelrichtlinien als verordnungsfähig aufgenommen hat. Damit bleibt die Therapievielfalt erhalten.
Der Deutsche Bundestag hat am 26. September 2003 beschlossen, dass die Be- und Entlastungen durch das GMG wirkungsgleich in die Beihilfe- und Versorgungsregelungen für Ministerinnen, Minister, Abgeordnete, Beamtinnen und Beamte zu übernehmen sind (Plenarprotokoll 15/64, S. 5475 C i.V.m. BT-Drs. 15/1584, Ziffer IV. 2, S. 10 ). Diesem Beschluss wurde durch eine umfangreiche Beihilfeänderung zum 1. Januar 2004 entsprochen. Seither wird die Beihilfefähigkeit von Arzneimitteln entsprechend den für die Gesetzliche Krankenversicherung geltenden Arzneimittelrichtlinien geregelt.
4. Zur verfassungsrechtlich geprägten Eigenständigkeit des
Beamtenversorgungsrechts. Das System der Beamtenversorgung folgt verfassungsrechtlich einem anderen Prinzip als die gesetzliche Rentenversicherung. Während die gesetzliche Rentenversicherung überwiegend durch von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sowie Arbeitgebern zu entrichtende Beiträge finanziert wird, ist die steuerfinanzierte Beamtenversorgung als spezielles Alterssicherungssystem der Beamtinnen und Beamten für diese grundsätzlich beitragsfrei. Letzteres ist eine unmittelbare Folge des durch Artikel 33 Absatz 5 des Grundgesetzes geschützten Alimentationsprinzips. Danach sind sowohl Besoldung als auch Versorgung in dem grundsätzlich auf Lebenszeit angelegten Beamtenverhältnis begründet und stellen die Gegenleistung des Dienstherrn für die von den Beamtinnen und Beamten im Rahmen ihres besonderen öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnisses zu leistenden Dienste dar. Eine Bemessung der Beamtenversorgung nach den in der gesetzlichen Rentenversicherung geltenden Grundsätzen wäre nach ständiger verfassungsgerichtlicher Rechtsprechung unzulässig. Das Bundesverfassungsgericht hat wiederholt festgestellt, dass das System der gesetzlichen Rentenversicherung und dessen Veränderungen nur insofern zur Bemessung der Versorgungsbezüge herangezogen werden können, als dies mit den strukturellen Unterschieden der beiden Versorgungssysteme vereinbar ist. Das Versorgungsniveau von Mitgliedern der gesetzlichen Rentenversicherung bilde nur dann einen tauglichen Vergleichsmaßstab für die Beamtenversorgung, wenn dabei neben der Rente auch Einkünfte aus einer betrieblichen Zusatzversorgung berücksichtigt werden (zuletzt: Urteil vom 27. September 2005, BVerfG, 2 BvR 1387/02).
Beamtinnen und Beamte unterliegen ihrem Dienstherrn gegenüber einer besonderen, bis in den Bereich der Grundrechtsausübung hineinreichenden und diese beschränkenden Pflichtenbindung, die weit über das im allgemeinen Arbeitsrecht Übliche hinausgeht. Als Pendant dieser umfassenden Inpflichtnahme schuldet der Dienstherr seinerseits der Beamtin oder dem Beamten die Gewährung einer gesicherten materiellen Existenz und Fürsorge. Diese Verpflichtung erstreckt sich, da das Beamtenverhältnis grundsätzlich auf Lebenszeit ausgerichtet ist, neben der Zeit der aktiven Dienstverrichtung auch auf die Zeit des Ruhestands. Allerdings ist die Bruttobesoldung der Beamtinnen und Beamten - auch als Ausgleich für die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht - von vorn herein niedriger festgesetzt als die Vergütung vergleichbarer Tarifbeschäftigter im öffentlichen Dienst, die ihrerseits den Arbeitnehmeranteil zur gesetzlichen Rentenversicherung abführen und für die die öffentlichen Arbeitgeber zudem noch einmal den gleich hohen Betrag an die Rentenversicherung abführen müssen. Wirtschaftlich gesehen stellen sich die Pensionen damit letztlich als einbehaltene, lediglich nicht förmlich ausgewiesene Gehaltsbestandteile der aktiven Beamtinnen und Beamten dar. Sie sind damit im Ergebnis zumindest mittelbar an ihren Versorgungskosten beteiligt.
Im Übrigen werden auch die Renten nicht allein aus den Beiträgen der heute sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, sondern zu einem großen Teil aus Steuermitteln finanziert.
5. Aus Ihrer E-Mail vom 15. Mai 2012 geht hervor, dass Sie sich auch an Frau Bundesministerin für Arbeit und Soziales, Frau von der Leyen, gewandt haben. Ich gehe daher davon aus, dass Sie von diesem Bundesministerium noch detaillierte Ausführungen zum Rentenrecht erhalten werden. Der Gesetzgeber muss gerade bei der Anpassung der Renten die Belange der Rentenbezieher mit den Belangen der Beitragszahler und der künftigen Versicherten vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung abwägen. Hier hat er zu berücksichtigen, dass künftig - bedingt durch die geringe Geburtenquote und die steigende Lebenserwartung - immer mehr Rentner immer weniger Beitragszahlern gegenüberstehen, so dass die Beitragsbelastung ohne gegensteuernde Maßnahmen erheblich steigen würde.Um dem gerecht zu werden, hat der Gesetzgeber die Formel für die Rentenanpassung in den vergangenen Jahren mehrfach ergänzt und dabei sichergestellt, dass sowohl die steigenden Aufwendungen der Jüngeren für ihre Altersvorsorge als auch Veränderungen beim zahlenmäßigen Verhältnis von Rentnern zu Beitragszahlern bei der Anpassung dämpfend berücksichtigt werden. In der vom Ausschuss für Arbeit und Soziales des Deutschen Bundestages zur Rentenanpassung 2008 durchgeführten Anhörung von Sachverständigen äußerte sich die Vertreterin der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) dahingehend, dass die Reformen in der gesetzlichen Rentenversicherung in Deutschland "spektakulär" sind und sich kein anderes Land der OECD so gut im Bereich der Alterssicherung auf die demografische Entwicklung eingestellt hat wie Deutschland.
Die Rentnerinnen und Rentner haben in den vergangenen Jahren
selbstverständlich einen erheblichen Beitrag zur Konsolidierung der Haushalte geleistet. Durch kurzfristige Maßnahmen konnte zum Beispiel ein Anstieg des Beitragssatzes im Jahr 2004 verhindert werden. Zu den kurzfristig wirkenden rentenpolitischen Maßnahmen gehörten u. a. die Aussetzung der Rentenanpassung im Jahr 2004 sowie die vollständige Tragung des Beitrags zur Pflegeversicherung durch die Rentner ab dem 1. April 2004. Neben der Entwicklung der Bruttolöhne und -gehälter werden die steigenden Aufwendungen der Erwerbstätigen für die Altersvorsorge und als Nachhaltigkeitsfaktor die Veränderung der Anzahl der Rentenberechtigten für die Anpassung der Renten berücksichtigt. Dabei war eine Reduzierung der Renten allein wegen höherer Altersvorsorgeaufwendungen oder wegen des Nachhaltigkeitsfaktors aufgrund einer Schutzklausel ausgeschlossen.
6. Der Betrag der durchschnittlichen Rente kann nicht mit der
durchschnittlichen Versorgung verglichen und in einen Zusammenhang gestellt werden. Bei der gesetzlichen Rentenversicherung und der Beamtenversorgung handelt es
sich um Alterssicherungssysteme, die historisch gewachsen sind und in ihren Anspruchsvoraussetzungen und ihrer Ausgestaltung deutliche Unterschiede aufweisen. Die Ausgestaltung sämtlicher Alterssicherungssysteme orientiert sich dabei grundsätzlich an der Leitvorstellung eines sog. Drei-Säulen-Modells:
1. Säule: Regelsicherung, 2. Säule: Zusatzsicherung, 3. Säule: private Altersvorsorge.
Während die gesetzliche Rente die Funktion einer Regelsicherung erfüllt (1. Säule), die oftmals von einer betrieblichen Altersrente als Zusatzsicherung ergänzt wird (derzeit haben 64 % der sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bis Ende 2007 Anwartschaften auf eine betriebliche Zusatzversorgung aufgebaut) (2. Säule), hat die Beamtenversorgung die Funktion einer Regel- und Zusatzsicherung ("Bifunktionalität" der Pensionen). Die Regelsicherung der Rente allein kann mithin nicht Maßstab und Richtschnur für die Beamtenversorgung sein.
Bei einem Vergleich von Versorgung und Rente sind noch folgende Aspekte einzubeziehen:
Zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums (Artikel 33 Absatz 5 Grundgesetz) gehört das Lebenszeitprinzip. In der Folge sind vom Geltungsbereich des Beamtenversorgungsrechts in erster Linie Lebenszeitbeamtinnen und -beamte erfasst, die in der Regel ihr ganzes Berufsleben lang Dienst geleistet haben. Unmittelbare Folge ist daher eine überwiegend ununterbrochene Erwerbsbiografie mit daraus resultierenden Versorgungsanwartschaften. Anders die Situation in der gesetzlichen Rentenversicherung: Hier ist die ununterbrochene Beschäftigungszeit in vielen Bereichen eben nicht mehr der "Standard". Fehlzeiten in der Erwerbsbiografie führen zu verminderten Anwartschaften. Dies hat unmittelbar Einfluss auf die sog. Durchschnittsrente.
Beamtinnen und Beamte verfügen in der Summe über ein vergleichsweise hohes Qualifikationsniveau. So gehören 48 % der Beamtinnen und Beamten in der Bundesverwaltung dem höheren bzw. gehobenen Dienst an, verfügen also über ein abgeschlossenes Hochschulstudium bzw. eine zu einem Hochschulstudium berechtigende Schulbildung. Beschäftigte mit höherem Bildungsabschluss verfügen aber - nicht nur in der öffentlichen Verwaltung - regelmäßig über höhere Einkommen als geringer Qualifizierte und erwerben damit auch höhere Ansprüche in der Altersversorgung. Für einen aussagefähigen Vergleich sind die Einkünfte von Personen mit vergleichbarer Qualifikationsebene zueinander in Beziehung zu setzen.
Die Situation in der gesetzlichen Rentenversicherung ist auch insoweit nicht mit der Beamtenversorgung vergleichbar, als in die Berechnung grundsätzlich alle Arten von rentenversicherungspflichtiger Beschäftigung einfließen. Berücksichtigt werden damit sowohl die relativ niedrigen Einkommen nicht qualifizierter bzw. nur geringfügig Beschäftigter wie auch die Einkommen derjenigen, die wegen unterbrochener Erwerbsbiografien nur vorübergehend in die Sozialversicherungssysteme einzahlen. In der gesetzlichen Rentenversicherung unterliegen die Einkommen generell
nur bis zur Höhe der maßgeblichen Einkommensbemessungsgrenze der Versicherungspflicht. Darüber hinausgehende Einkommen sind beitragsfrei - und können sich daher im Gegenzug auch nicht rentensteigernd auswirken. Deshalb sind die Systeme nicht ohne weiteres miteinander vergleichbar. Vor diesem Hintergrund sind pauschalierende Aussagen zu Durchschnittswerten zumindest missverständlich und für eine sachbezogene Diskussion eher ungeeignet. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass Renten und Pensionen steuerlich unterschiedlich behandelt werden und von den Versorgungsbezügen grundsätzlich Beiträge zur Krankenversicherung zu leisten sind.
Dessen ungeachtet sind in den vergangenen 20 Jahren sämtliche Rentenreformen wirkungsgleich auf das Beamtenversorgungsrecht des Bundes übertragen worden. Diesen Gleichklang in der Belastung der Rentner einerseits und der Versorgungsempfänger des Bundes andererseits auch künftig sicherzustellen, dient eine gesetzlich verankerte Evaluationsklausel im Beamtenversorgungsgesetz des Bundes. Danach sind die Wirkungen der verschiedenen Reformmaßnahmen unter Berücksichtigung der allgemeinen Entwicklung der Alterssicherungssysteme und der Situation in den öffentlich-rechtlichen Versorgungssystemen sowie der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse zu prüfen. Die Ergebnisse dieser Prüfung werden bei der weiteren Ausgestaltung des Beamtenversorgungsrechts des Bundes zu berücksichtigen sein.
Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass nach dem am 1.September 2006 in Kraft getretenen Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes (Föderalismusreform I) die Gesetzgebungskompetenz für die Besoldung und Versorgung der Landes- und Kommunalbeamten nunmehr ausschließlich bei den Ländern liegt. Der Bund besitzt insoweit keine Regelungskompetenz mehr.
7. Zur aktuellen Anpassung der Versorgungsbezüge beim Bund
Die vorgesehene Anpassung der Versorgungsbezüge um 3,3 % folgt dem gesetzlichen Aufrag, wonach die Versorgungsbezüge von demselben Zeitpunkt an durch Bundesgesetz entsprechend zu regeln sind, zu dem die Dienstbezüge der Besoldungsberechtigten allgemein erhöht oder vermindert werden. Der Entwurf eines Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetzes 2012/2013 sieht daher vor, die Besoldungs- und Versorgungsbezüge unter Berücksichtigung des Tarifabschlusses für die Tarifbeschäftigten des Bundes vom 31. März 2012 anzupassen. Die vorgesehene Anpassung in Höhe von 3,3 % liegt über dem Wert liegt, um den die Renten der gesetzlichen Rentenversicherung zum 1. Juli 2012 steigen. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt aber, dass sich Renten und Versorgungsbezüge beim Bund in den letzten Jahren weitgehend parallel entwickelt haben. So lag die durchschnittliche jährliche Anpassung der Versorgungsbezüge in den Jahren 2000 bis 2011 bei 0,76 %, in der gesetzlichen Rentenversicherung bei 0,90 %. Von einer Besserstellung der Versorgungsempfänger kann insoweit bei einer gebotenen Betrachtung über einen längeren Zeitraum keine Rede sein.
Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag
Heinrich Lorenz, Bundesministerium des Innern - Bürgerservice -
E-Mail: Buergerservice@bmi.bund.de
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