07.05.2010
Der 12. Senat des Bundessozialgerichts beabsichtigt am 5. Mai 2010 im Elisabeth-Selbert-Saal II nach mündlicher Verhandlung über sechs Revisionen zu Fragen des Beitragsrechts in der Krankenversicherung sowie der Versicherungspflicht in der Kranken- und sozialen Pflegeversicherung zu entscheiden.
Umstritten ist, ob eine Kapitalzahlung aus einer befreienden Lebensversicherung bei dem in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversicherten Kläger beitragspflichtig ist. Der 1940 geborene Kläger ist seit 1963 Mitglied der beklagten Krankenkasse und seit 1.11.2005 bei dieser als Rentner pflichtversichert. Er wurde von der Rentenversicherungspflicht mit Bescheid vom 26.2.1968 befreit.
Der Kläger hatte zum 1.9.1967 eine Kapitallebensversicherung abgeschlossen, die der Hinterbliebenen- und Altersversorgung diente. Versicherungsnehmer und Versicherter war der Kläger. Sein damaliger Arbeitgeber übernahm 30 vH der monatlichen Beiträge für die Lebensversicherung des Klägers. Eine entsprechende Verpflichtung übernahm auch der spätere Arbeitgeber des Klägers, bei dem er bis zum Beginn der gesetzlichen Altersrente beschäftigt war.
Neben den Beiträgen zur Lebensversicherung zahlte der Kläger bis zum Renteneintrittsalter auch regelmäßig die Mindestbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung als freiwillige Beiträge ein. Neben der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erhält der Kläger von einem seiner früheren Arbeitgeber eine betriebliche Altersversorgung in Höhe von 47 Euro und eine Leistung aus einer betrieblichen Direktversicherung in Höhe von monatlich 44,58 Euro. Aus diesen drei Leistungen werden Beiträge zur Beklagten erhoben.
Am 1.9.2005 erhielt der Kläger aus seiner Lebensversicherung eine Kapitalleistung in Höhe von 411.033 Euro. Die Beklagte ist der Ansicht, die Kapitalleistung sei eine beitragspflichtige Leistung der betrieblichen Altersversorgung.
Sie hat auf diese Kapitalleistung Beiträge von zunächst 492,09 Euro, später 497,60 Euro und zuletzt 521,30 Euro erhoben (Bescheide vom 1.11.2005, 7.12.2005 und 27.3.2007). Den Widerspruch des Klägers gegen den erstgenannten Bescheid wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 15.5.2006 zurück.
Der Kläger hat die zunächst erhobene Klage gegen diese Bescheide zurückgenommen und zugleich einen Antrag auf Überprüfung der Bescheide nach § 44 SGB X gestellt. Mit Bescheid vom 23.8.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7.11.2007 hat die Beklagte die Aufhebung der zuvor genannten Bescheide abgelehnt.
Die Klage hat das SG abgewiesen (Urteil vom 4.3.2008).
Das LSG hat auf die Berufung des Klägers das Urteil des SG geändert und die Bescheide der Beklagten vom 23.8.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7.11.2007, vom 2.11.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.5.2006 sowie vom 7.12.2005 und 27.3.2007 aufgehoben. Die Kapitalleistung aus der Lebensversicherung des Klägers sei keine Leistung der betrieblichen Altersversorgung und deshalb nicht beitragspflichtig. Es handele sich um eine allein vom Kläger abgeschlossene Lebensversicherung, die nicht von einer Einrichtung der betrieblichen Altersversorgung gezahlt worden sei.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Beklagten, die meint, eine Leistung aus einer Lebensversicherung, die die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht gerechtfertigt habe, müsse einer betrieblichen Altersversorgung gleichgestellt werden.
LSG Nordrhein-Westfalen - L 5 KR 66/08 -
SG Dortmund - S 44 KR 240/07 -
Terminbericht Nr. 23/10 (zur Terminvorschau Nr. 23/10)
Der 12. Senat des Bundessozialgerichts berichtet über die in der Sitzung am 5. Mai 2010 entschiedenen Revisionen.
1) In diesem Rechtsstreit war umstritten, ob eine Kapitalzahlung aus einer befreienden Lebensversicherung bei dem in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversicherten Kläger beitragspflichtig ist.
Die Revision der Beklagten (Krankenkasse) ist erfolglos geblieben. Das Berufungsgericht hat im angefochtenen Urteil zu Recht entschieden, dass die dem Kläger ausgezahlte Kapitalleistung im Rahmen seiner Pflichtversicherung bei der Beklagten nicht beitragspflichtig ist und deshalb die angefochtenen Bescheide auch zu Recht aufgehoben.
Die Kapitalleistung stammt aus einem Lebensversicherungsvertrag, den der Kläger schon im Jahre 1967 abgeschlossen hatte. Ein solcher Lebensversicherungsvertrag war Voraussetzung für die damals mögliche Befreiung von der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung soweit diese zum 1.1.1968 wegen Aufhebung der Versicherungspflichtgrenze eingetreten war. Weder dieser Umstand, noch der Umstand, dass der Arbeitgeber des Klägers sich durch einen Zuschuss an der Lastentragung des Lebensversicherungsvertrages beteiligte, rechtfertigen es jedoch, die aus dem Rentenversicherungsvertrag gewährte Kapitalleistung als eine beitragspflichtige Leistung iS der § § 228 oder 229 SGB V zu beurteilen. Die Leistung aus der Lebensversicherung ist keine Rente der betrieblichen Altersversorgung. Als eine solche Rente hat der Senat nur Leistungen angesehen, die entweder vom Arbeitgeber erbracht werden oder aber, soweit sie von Dritten gezahlt werden, von Institutionen der betrieblichen Altersversorgung wie etwa Pensionskassen erbracht werden oder etwa auf einer Direktversicherung als einer Form der betrieblichen Altersversorgung beruhen. Allein der Umstand, dass eine Leistung der Altersversorgung dient, was bei Kapitallebensversicherungen regelmäßig der Fall sein dürfte, rechtfertigt es nicht, diese Leistung als betriebliche Altersversorgung anzusehen. Es ist auch nicht geboten im Wege der Analogie nunmehr Leistungen aus privatrechtlichen Rentenversicherungsverträgen beitragspflichtig den Renten der gesetzlichen Rentenversicherung oder Renten der betrieblichen Altersversorgung gleichzustellen, wenn sie faktisch eine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung zu ersetzen scheinen. Der Gesetzgeber hat einen Numerus Clausus der beitragspflichtigen Einnahmen für pflichtversicherte Rentner im Gesetz festgelegt, der nicht durch Analogie zu Lasten bisher nicht betroffener Leistungen erweitert werden kann.
SG Dortmund - S 44 KR 240/07 -
LSG Nordrhein-Westfalen - L 5 KR 66/08 -
Bundessozialgericht - B 12 KR 15/09 R -
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