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Mit 52 unerwünscht für Ausbildung in jungem Team

28.02.2011 - von W.X.

Auf folgende Stellenanzeige hat sich ein Hartz4-Empfänger beworben, der über 50 ist: "Wir sind eines der führenden Systemhäuser im Bereich mobiler Datenerfassungslösungen und gehören mit über 12.000 integrierten Systemen zu den Pionieren der Identifikationstechnologie in Deutschland. Zu unseren 1.200 aktiven Kunden pro Jahr zählen renommierte Unternehmen aus Industrie, Handel, Medizin und Logistik. Du suchst eine Ausbildung in einem innovativen und wachsenden Unternehmen auf höchstem Niveau? Mit jungen und engagierten Mitarbeitern, die Spaß an Teamarbeit, langfristigen Kundenbeziehungen und modernster Technik haben? Auszubildende(r) Fachinformatiker/-in Anwendungsentwicklung
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Unser Anforderungsprofil* Hoch- bzw. Fachhochschulreife oder * vollschulische Ausbildung als Technische/r Assistent/-in für Informatik Erwünschte Eigenschaften * Spaß im Umgang mit Computern und Programmen * Interesse und Begeisterung für innovative Technik * Sinn für Klarheit und Exaktheit * ausgeprägtes logisches Denken."
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Die Bewerbung sah so aus: "Ihre Ausschreibung habe ich mit Interesse gelesen und bewerbe mich hiermit um einen Ausbildungsplatz als Fachinformatiker. Von meiner Seite besteht auch die Möglichkeit, diese in Form einer Umschulung zu absolvieren. Nach der Berufsausbildung zum Betriebsschlosser war ich 26 Jahre als Reparatur- und Werkzeugschlosser und Werkzeugfräser tätig. In Berufsbegleitender Abendschule bildete ich mich zum Industriemeister -Metall- weiter.
Durch Weiterbildungen im Bereich EDV und Computer, konnte ich umfangreiches Wissen über den Einsatz von Programmen, Bau und der Reparatur von PC-Systemen erlangen. Folgende Schwerpunkte kann ich anbieten:
PC-Technik
EDV
DTP
CAD
Teamfähigkeit, Engagement und Flexibilität sind für mich eine
Selbstverständlichkeit. Gern freue ich mich über die Möglichkeit Sie in einem persönlichen Gespräch von meinen Qualifikationen zu überzeugen zu können.
Mit freundlichen Gruß
W. X."

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Die Antwort auf die Bewerbung war so: "Betreff: Bewerbung / Ihr Ausbildungsplatzangebot als Fachinformatiker. Sehr geehrter Herr X. wie in unserer Stellenausschreibung ausdrücklich erwähnt, sind wir ein sehr junges Team und es tut mir sehr leid, dass ich Ihnen leider eine Absage senden muss. Ich wünsche Ihnen dennoch viel Erfolg für Ihre berufliche Zukunft.
Mit freundlichen Grüßen
COSYS Ident GmbH
Montag, 28. Februar 2011 09:23"

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Im Juli 2010 hatte der abgelehnte Bewerber und Hartz4 Empfänger Herr X., an Bundesarbeitsministerin Frau von der Leyen einen Brief geschrieben:

Mir würde eine Umschulung aus gesundheitlichen Gründen zustehen, hatte mir der Sozialdienst des Arbeitsamtes und der für mich zuständige Fallmanager beim Fachdienst Arbeit des Landkreises Peine gesagt, nachdem ich alle nötigen Untersuchungen bei der Arbeitsagentur absolviert hatte.

Mir wird von dort aber nur eine betriebliche Umschulung erlaubt. Eine schulische Umschulung wird mir verweigert: Zu teuer, wird gesagt. Ich finde aber keine betriebliche Umschulung, weil es keine Firmen in diesem Berufsbereich gibt, die mich Umschulen wollen oder Ausbilden weil ich denen zu alt bin. Wenn ich die schulische Umschulung schon hinter mir gehabt hätte, könnte man mich vermittelt haben. Das ich stattdessen auf Hartz4 Gelder angewiesen bin, interessiert scheinbar nicht.

Mir wurde erlaubt, eine Weiterbildung zu besuchen, die durch den EU-Sozialfond gefördert wird. Nur gibt es keine Möglichkeit für mich, solch eine Maßnahme zu besuchen, weil diese Weiterbildungen nur für arbeitende Menschen angeboten werden. Gibt es überhaupt für ALG2-Empfänger Weiterbildungsmöglichkeiten die gefördert werden?

Ich besuche zur Zeit eine Maßnahme, die von der KVHS Peine angeboten wird. Die dort für mich zuständige Person sieht sich gezwungen, mir irgendetwas an Arbeit zu verschaffen, ohne darüber nachzudenken, ob es Sinn ergibt oder nicht. Denen ist es egal, ob es der Gesundheitszustand zulässt oder nicht. Die Vermittlungsquote ist wichtig und Pluspunkte beim Vorgesetzten zu bekommen. Konkrete Hilfe habe ich dort bisher keine erhalten, nur Vorwürfe und Nötigungen. Das mit der Streichung der Umschulung redet man mir ein, muss ich mir das gefallen lassen?

Ich nutze alle Möglichkeiten, die ich zur Verfügung habe, um eine Umschulung, Ausbildung oder Arbeit zu finden, ohne Erfolg. Da ich nicht mehr der Jüngste bin, erhalte ich Absagen ohne Ende. Ich bewerbe mich auch bei Zeitarbeitsfirmen, die mich nicht wollen, und wo ich hinterher sowieso wieder einen Antrag auf ausgleichende Leistung stellen muss.

Menschen, die das 58. Lebensjahr vollendet haben, will der Landkreis Peine keine Hilfe zukommen lassen. Soll es so sein, das der Staat Gelder für Hartz4 ausgibt ohne Aussicht auf Erfolg, und das nur die Kassen der zuständigen Kommunen damit ausgeglichen werden sollen?
Stellt es sich der Staat so vor, wie es zur Zeit ist?
Mit freundlichen Gruß

Die Antwort auf den Brief an der Frau von der Leyen kam von der Landesregierung Niedersachsen.
Sehr geehrter Herr X.
vielen Dank für Ihr Schreiben vom 15.02.2010 an das Bundesministerium für Arbeit und Soziales, in dem Sie sich darüber beschweren, dass Ihnen vom Landkreis Peine keine schulische Weiterbildung zum Fachinformatiker ermöglicht wird. Ihr Schreiben an das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wurde mir über das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit zur Beantwortung zugeleitet.

Lassen Sie mich zunächst etwas Grundsätzliches erläutern: Die sog. Optionskommunen als Träger der Leistungen nach dem SGB II - in Ihrem Fall der Landkreis Peine - entscheiden in eigener Verantwortung, welche Maßnahmen für welche Hilfebedürftigen sinnvoll und notwendig sind. Dem Land Niedersachsen obliegt lediglich die Rechtsaufsicht über die Optionskommunen, d.h. die Kontrolle der Einhaltung von Gesetz und sonstigem Recht. Diese Rechtskontrolle umfasst aber nicht das Recht, den Optionskommunen rechtlich verbindliche Weisungen zu erteilen. Es erfolgt insbesondere keine Zweckmäßigkeitskontrolle des Handelns des Landkreises Peine.

Aus der mir zwischenzeitlich vorliegenden Stellungnahme des Landkreises Peine sind nach eingehender Auseinandersetzung mit Ihrem Vortrag keine Anhaltspunkte ersichtlich, die ein rechtsaufsichtlich relevantes Fehlverhalten erkennen lassen.

Die Entscheidung über die Gewährung einer beruflichen Weiterbildung gem. § 16 Abs. 1 Satz 1 SGB II i.V.m. § 77 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB III liegt im Ermessen des Landkreises Peine, der sich bei seiner Entscheidung sowohl an der persönlichen Eignung, an den arbeitsmarktlichen Erfolgsaussichten als auch am wirtschaftlichen Mitteleinsatz orientieren muss. Ein Rechtsanspruch auf eine bestimmte Weiterbildungsmaßnahme, besteht nach den geltenden Gesetzen nicht.

Aus der Stellungnahme des Landkreises Peine habe ich entnommen, dass Ihnen eine betriebliche Umschulung zum Fachinformatiker angeboten wurde. Für eine überbetriebliche (schulische) Weiterbildung zum Fachinformatiker ist nach Einschätzung des Landkreises keine Erforderlichkeit und Eignung erkennbar. Auf diese Ermessensentscheidung des Landkreises Peine hat die Landesregierung keinen Einfluss.

Sehr geehrter Herr X., dass Sie enttäuscht sind, weil Ihre Bemühungen hinsichtlich einer Umschulung zum Fachinformatiker leider noch nicht erfolgreich waren, kann ich gut verstehen. Sie sollten sich aber nicht entmutigen lassen, sondern weiterhin aktiv am Ball bleiben. Dazu gehört auch, dass Sie sich weiterhin um eine betriebliche Umschulung zum Fachinformatiker bemühen. Sobald Sie ein EDV-Unternehmen finden, das bereit ist Sie zum Fachinformatiker umzuschulen, wird der Landkreis Ihrem Antrag entsprechend der Eingliederungsvereinbarung bewilligen.

Für Ihren künftigen Lebensweg wünsche ich Ihnen alles Gute und viel Erfolg.

*
Hammerhart!!!

Link: Keine Umschulung mit 48 Jahren
Quelle: Büro gegen Altersdiskriminierung