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Zwangsrentenalter: Juristische Klärung erforderlich

04.12.2009 - von diverse

"Ich werde jetzt 65 Jahre und werde in Zwangsrente geschickt, dies ist meines Erachtens Altersdiskriminierung. Man kann nichts dagegen machen."
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Die Dritte Kammer des Europäischen Gerichtshofs in Luxemburg hat am 5. März 2009 entschieden, dass die Gerichte in den Europäischen Mitgliedstaaten und NICHT der Europäische Gerichthof prüfen müssen, unter welchen Voraussetzungen die Mitgliedstaaten eine Entlassung von Arbeitnehmern wegen Versetzung in den Ruhestand gestatten können. Die Richtlinie 2000/781 verbietet Diskriminierungen aus Gründen des Alters in Beschäftigung und Beruf. Ausnahmsweise sieht sie vor, dass bestimmte Ungleichbehandlungen aus Gründen des Alters dann keine Diskriminierung darstellen, wenn sie objektiv und angemessen sind und durch rechtmäßige Ziele, insbesondere aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung, gerechtfertigt sind. Außerdem müssen die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sein.

In seinem Gutachten "Altersgrenzen und gesellschaftliche Teilhabe", erstellt im Auftrag des BMFSFJ 2009 kommt Prof. Igl zu folgender Einschätzung: "Die rechtliche Situation der arbeitsrechtlich geregelten Arbeitsverhältnisse ist in Bezug auf Altersgrenzen gleichzeitig einfach und hochkomplex. Einfach ist die rechtliche Situation, weil es de jure keine gesetzlich vorgesehenen Altersgrenzen für Arbeitsverhältnisse gibt (Preis, 2008, S. B 41).

Hochkomplex ist die Situation, weil es de facto Altersgrenzen gibt, die wiederum Folge rechtlicher Regelungen sind, mit denen in anderen Rechtsgebieten Altersgrenzen gesetzt werden oder mit denen indirekt auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses hingewirkt wird. ... Das Thema der Altersgrenzen im Arbeitsleben, insbesondere der Arbeit in der Privatwirtschaft beschäftigt die Rechtswissenschaft seit einiger Zeit. 2008 in Erfurt wurde das Thema nach 10 Jahren wieder von einem Deutschen Juristentag aufgenommen, diesmal mit der perspektivischen Problemstellung, welche arbeits- und sozialrechtlichen Regelungen sich zur Anpassung der Rechtsstellung und zur Verbesserung der Beschäftigungschancen älterer Arbeitnehmer empfehlen (Preis, 2008). In der Diskussion ist anerkannt, dass nur mithilfe einer Vielzahl rechtlicher Änderungen die Problematik der Altersgrenzen bei Beschäftigungsverhältnissen bewältigt werden kann.
Aufschlussreich für die Trends auf diesem Gebiet sind auch die Beschlüsse der Abteilung Arbeits- und Sozialrecht des Deutschen Juristentages zu diesem Thema. Bei diesen Beschlüssen beteiligen sich traditionell auch die Vereinigungen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Deshalb vermitteln die Abstimmungsverhältnisse ein Bild der durchaus kontroversen gesellschaftlichen Debatte zu diesem Thema. Folgende Beschlüsse eher allgemeiner Art sind von besonderem Interesse:

4a) Absolute Höchstaltersgrenzen für den Ausstieg aus dem Berufsleben sollten durch den Gesetzgeber nur noch dann zugelassen werden, wenn zwingende Gründe des Gemeinwohls oder Grundrechte Dritter diese erfordern.
angenommen 88:58:8

b) Arbeitsvertragliche Altersgrenzen sollten nur für zulässig erklärt werden, wenn die individuelle Entscheidungsfreiheit des Arbeitnehmers gewährleistet ist.
abgelehnt 19:150:6

7. Der Gesetzgeber sollte durch Änderung des § 1 Abs. 2 KSchG festschreiben, dass bei einer Kündigung aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Rahmen der Sozialauswahl der Anspruch eines Arbeitnehmers auf eine Rente wegen Alters nicht berücksichtigt werden darf.
angenommen 77:66:9"

Link: Zwangsrentenalter: EuGH verweist an nationale Gerichte
Quelle: diverse