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Demenz -Wohngemeinschaft in Köln

08.09.2009 - von Hanne Schweitzer

Nach langem Kampf mit Kölner Behörden hat am lärmumtosten Kölner Barbarossaplatz der Verein "Dabei sein! Wohngruppeninitiative für
demenzerkrankte Menschen in Köln e.V." eine WG für genau die Menschen eröffnet, die in diesem lärmumtosten Viertel der
Stadt an Demenz erkrenkt sind. Auf 400 qm Wohnfläche, die vom Verein angemietet und renoviert
wurde, ist Platz für 10 MieterInnen. Sie wohnen in 10 Einzelzimmern, teilen sich ein großes Wohnzimmer, drei Bäder, eine große Wohnküche, eine
Waschküche und demnächst einen Dachgarten des Hauses, das selbstverständlich über einen Aufzug verfügt. Der Verein macht mit einem großen Transparent an der Außenfassade des Hauses auf die Demenz-Wohngemeinschaft aufmerksam und trägt damit zur Enttabuisierung des Themas Demenz bei.
Die Nettomiete liegt derzeit bei einem Quadratmeterpreis von 6,75
Euro. Zur Zimmergröße wird die Gemeinschaftsfläche anteilig addiert, dazu kommen Heiz- und Stromkosten, der Beitrag zur Haushaltskasse und die Kosten
für Pflege und Betreuung.
Gegenwind kam von den großen Verbänden der Pflegeindustrie und von der Stadt Köln. Dort wird die Etablierung von Demenz-Wohngemeinschaften eher als Bedrohung der herkömmlichen Finanzierungsstrukturen, Betreuungskonzepte und Arbeitsbedingungen der Pflegekräfte empfunden. Vielleicht ist das auch der Grund, warum Kölner SeniorenvertreterInnen nichts von der Eröffnung der Demenz- Wohngemeinschaft wussten. Dabei hat Ursula von der Leyen erst am 7.8. 09 in einer Pressemitteilung darauf hingewiesen, dass mehr Alternativen zu herkömmlichen Pflegeheimen geschaffen werden müssen. Dazu muss man wissen: Ein Platz in der Wohngemeinschaft ist ca. 15 Prozent preiswerter als ein Heimplatz, ausserdem fällt die Wohngemeinschaft nicht unter das Heimgesetz. Moniert wurde vom Amt deshalb z.B. das Fehlen einer freistehenden Badewanne, das Fehlen einer Fäkalienspüle und angesichts des starken Bewegungsdrangs demenzkranker Menschen besonders unverständlich: ein angeblich zu langer Flur.
Aus den bisherigen Erfahrungen der drei anderen Demenz-Wohngemeinschaften in Köln geht hervor das solche Beanstandungen kein Einzelfall sind. So ist üblicherweise ein Antrag beim Sozialamt auf Heimaufnahme nach ca. zwei Monaten bearbeitet. Bei einer Wohngemeinschaft dauert es dagegen 6-8 Monate. Eine Begründung für diese existenzbedrohende zögerliche Bearbeitung ist nicht bekannt.

Die Gründer der Wohngemeinschaft Dabei sein! e.V. haben das Projekt mit Unterstützung der Demenz-Initiative Oberberg gestartet. Auch diese Initiative verfolgt das Ziel, erkrankten BewohnerInnen und Pflegekäften
Lebens- und Arbeitsbedingungen zu ermöglichen, die in einem Heim nicht zu realisieren sind. So können die BewohnerInnen der Wohngemeinschaften ihre eigenen Möbel und ein Haustier mitbringen, sie können sich bei den anfallenden Hausarbeiten beteiligen, und in Begleitung in "ihrem" vertrauten Viertel spazieren oder einkaufen gehen.

Die sehr wichtige, interne Aufsicht über die Wohngemeinschaft übernimmt ein Angehörigengremium. Das entscheidet z.B. über die Aufnahme neuer Mitglieder. Probewohnen ist für Erkrankte aus dem Viertel bis zu vier Wochen möglich. Der Betreuungsschlüssel liegt bei 1:5, Ein-Eurojobber werden nicht eingestellt.
Telefonnummer für Interessenten 0221-946 547 96 oder 0221-946 547 95
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Am 22.9.2009 war auf ebay ein Praktikums-Platz in dieser "Wohngemeinschaft zu vergeben".

Link: http://www.altersdiskriminierung.de/themen/artikel.php?id=2454
Quelle: Büro gegen Altersdiskriminierung

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