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Engagementpolitischer Infrastruktur-Eckpfeiler: BBE

12.08.2009 - von Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung

Das bedeutendste Netzwerk zum bürgerschaftlichen Engagement in Deutschland auf der Bundesebene ist das Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement (BBE). Seine Gründung erfolgte 2002 auf Vorschlag der Enquete-Kommission „Zukunft des Bürgerschaftlichen Engagements“ und auf Empfehlung des Beirates beim BMFSFJ zum „Internationalen Jahr der Freiwilligen“ im Jahre 2001. Seither hat sich das BBE als bundesweites, bereichs- und sektorenübergreifend arbeitendes Netzwerk mit mehr als 220 Mitgliedern entwickelt.

Neben den bundesweit tätigen zivilgesellschaftlichen Organisationen (unter anderem Deutscher Kulturrat, DOSB, Wohlfahrtsverbände, Deutscher Naturschutzring, Bundesverband Deutscher Stiftungen, Feuerwehrverband, die Dachverbände Deutscher Bundesjugendring, Deutscher
Frauenrat, Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen, Bundesverbände der Freiwilligenagenturen
und -zentren, der Seniorenbüros und Selbsthilfekontaktstellen) sind auch staatliche Akteure – alle 16 Bundesländer, derzeit drei Bundesministerien (BMJ, BMFSFJ, BMI), zwei kommunale Spitzenverbände (Deutscher Städte- und Gemeindebund, Deutscher Städtetag) und zahlreiche Kommunen –, die Kirchen, Gewerkschaften und Unternehmen sowie Einzelpersonen Mitglieder. Das BBE arbeitet in zurzeit acht Arbeitsgruppen, in denen der fachliche Austausch, gemeinsame Projektplanungen und die Artikulation von Problemen der Engagementförderung in einer offenen Netzwerkarbeit stattfinden. Mit diesen thematischen Arbeitsgruppen werden die zentralen engagementpolitischen Themen abgedeckt.

Nach außen wird das BBE durch den Sprecherrat vertreten, die interne Koordination erfolgt über den Koordinierungsausschuss. Mittlerweile hat sich das BBE eine maßgebliche Sprecherrolle für bürgerschaftliches Engagement auf der Bundesebene in allen, die einzelnen Engagementbereiche (Soziales, Kultur, Sport etc.) und die Sektoren Bürgergesellschaft, Staat und Wirtschaft betreffenden Fragen erarbeitet.

Das BBE vertritt zunächst seine Mitglieder und darüber hinaus auch engagementpolitische Themen. Die Ergebnisse der Arbeit des BBE sind für alle zivilgesellschaftlichen Organisationen von Relevanz und werden von ihnen genutzt.

Das BBE hat den Vorteil, keine Bereichsorganisation (wie der Deutsche Kulturrat oder der DOSB) zu sein, sondern Themen bereichsübergreifend vertreten zu können. Es wurde – und daraus erwächst ein Nachteil – unter den Bedingungen einer etablierten Verbändelandschaft gegründet, in der zahlreiche Zuständigkeiten und Positionen traditionell fest abgesteckt sind. Dies drückt sich beispielsweise darin aus, dass die Aktivitäten des BBE von anderen Verbänden zuweilen als Konkurrenz argwöhnisch beobachtet werden und Unternehmen immer noch mit nur wenigen Mitgliedern vertreten sind. Nichtsdestotrotz ist das BBE zu einem Eckpfeiler der engagementpolitischen Infrastruktur auf der Bundesebene avanciert. Es hat Aufgaben übernommen – wie die Ausrichtung und Koordination des Nationalen Forums für Engagement und Partizipation –, zu denen andere Organisationen nicht in der Lage sind. Neben seiner bundespolitischen Rolle hat das BBE eine wichtige Beratungsfunktion für die Bundesländer in Sachen Engagementpolitik.

Durch seine hauptsächliche Finanzierung seitens des BMFSFJ ist es auf vielfältige Weise eng mit der Politik verbunden. Daher sollte sich das BBE nicht in eine Projektagentur der Bundesregierung verwandeln, sondern muss den Weg in Richtung eines engagementpolitisch
tätigen Netzwerks und hin zu einem Kompetenzzentrum für die Praxis des bürgerschaftlichen Engagements auf Bundesebene konsequent weiterverfolgen.

Die Landesnetzwerke, die in der Zwischenzeit in einzelnen Bundesländern aufgebaut wurden, erfüllen ebenfalls eine unverzichtbare Rolle bei der Stabilisierung der Infrastruktur.

Bislang ist es nicht in allen Bundesländern gelungen, Netzwerke zu gründen und sie auch mit Leben zu füllen.
Insgesamt ist Engagementförderung durch zivilgesellschaftliche Organisationen nicht zuletzt auch eine Ressourcenfrage: Viele Organisationen sind nach wie vor auf staatliche Zuwendungen angewiesen, und nur wenige können Mittel von Stiftungen oder Privaten dafür in Anspruch nehmen.

Im BBE sind neben dem Bundesverband Deutscher Stiftungen u. a. Mitglied: Bertelsmann Stiftung, Bosch Stiftung, Stiftung demokratische Jugend, Stiftung Mitarbeit; Bürgerstiftungen sind auch Mitglieder.

Netzwerke – und vor allem das BBE – agieren in einer trisektoralen Struktur. Die Einbindung von Unternehmen ist für sie aus mehreren Gründen wesentlich: Unternehmen sind Financiers der Zivilgesellschaft, sie sind Kooperationspartner, und fast alle Unternehmen engagieren
sich in der einen oder anderen Form. Für nachhaltige Wirkungen, beispielsweise im Bereich der Zeitpolitik, der Bildung oder der Betreuung, ist die Zusammenarbeit mit Unternehmen zudem unverzichtbar. Im BBE gibt es noch zu wenige Unternehmen als Mitglieder, und Unternehmensnetzwerke, die sich – auch mit Unterstützung des BMFSFJ – bilden, sind künftig stärker mit dem BBE und anderen Netzwerken zu verzahnen.

Das BBE ist nach wie vor sehr stark von den Zuwendungen des BMFSFJ abhängig. Bislang ist es nicht gelungen, die Mitglieder, darunter auch sehr viele große Verbände, zu höheren Mitgliedsbeiträgen zu bewegen. Für das politische Gewicht des BBE ist es wünschenswert, wenn seine Finanzierung vermehrt auch von den Mitgliedern wahrgenommen wird. Dadurch wird nicht nur eine größere Unabhängigkeit von der Ministerialverwaltung erreicht, es verleiht auch der Stimme, die das BBE inzwischen hat, mehr Nachdruck. In der Diskussion ist der Aufbau einer Förderstiftung, selbst wenn sich der Bund auch in dieser Struktur nicht ganz aus der Finanzierung zurückziehen kann.

Mit der Einrichtung eines Kompetenzzentrums für bürgerschaftliches Engagement, zu dem sich das BBE weiterentwickeln will, sind praktische Erfahrungen zu bündeln und entsprechend für die Politik bereitzustellen. Mit Hilfe einer solchen Einrichtung ist konkrete Beratung für die Politik zu erbringen. Das Kompetenzzentrum kann eine Verbindungsstelle zwischen der wissenschaftlichen Zivilgesellschaftsforschung, den Bedürfnissen der Politik und dem praktischen Wissen der Nonprofit-Organisationen bilden.

zitiert aus: Bericht zur Lage und zu den Perspektiven des bürgerschaftlichen Engagements in Deutschland. Erstellt im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) Projektgruppe Zivilengagement
Mareike Alscher, Dietmar Dathe
Eckhard Priller (Projektleitung)
Rudolf Speth
Berlin, Juni 2009

Link: http://www.altersdiskriminierung.de/themen/artikel.php?id=3144
Quelle: http://www.bmfsfj.de/bmfsfj/generator/mag/root-august-18.html

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