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Skan Club 60 plus: Einzelzimmer für 60 plusser teurer

11.06.2009 - von Ingeburg Fetzer

Reiseveranstalter verdienen an älteren Alleinreisenden
ABWRACKPRÄMIE FÜR 60 PLUS? Natürlich bin ich weder ein Auto noch ein Wrack. Ehrlich gesagt, existiere ich überhaupt nicht, denn ich komme nicht im Doppelpack daher. Und dafür muss ich bluten – zumindest nach Ansicht von Reiseveranstaltern. Wer allein lebt und reist muss draufzahlen oder daheim bleiben. Alleinreisende müssen ein Doppelzimmer buchen. Das offenbar einzige Einzelzimmer (neben Besenkammer und Aufzug) ist bereits vergeben. So muss ich meine Rechnung stets ohne den Wirt machen, genauer, ohne Hotelmanager und Reiseveranstalter. Denn wenn ich verreisen will, muss ich kaufen, was ich nicht will oder ich bin gezwungen, mein Bett mit einem Fremden zu teilen. Auch wenn ich den Gedanken an „Der Feind in meinem Bett“ sofort verdränge, macht es mich wütend, dass ich rücksichtslos zur Kasse gebeten werde.

Dabei bin ich kein Einzelfall. In Städten ab 500.000 Einwohnern wurde im März 2004 mit 49% nahezu jeder zweite Haushalt von nur einer Person geführt, so das Statistischen Bundesamt.

Die Frage nach Einzelzimmern ist also berechtigt. Zudem machen Business-Hotels vor, was im Tourismus angeblich unmöglich ist. Kalkulieren Reiseveranstalter ein, dass Kunden keine andere Wahl haben? Obwohl die Welt des Reisens offenbar nur von Ehepaaren lebt, werde ich umworben wie das seltene Exemplar einer besonders lukrativen Zielgruppe. Warum sonst schickt mir „Skan-Club 60 plus“ ständig ungebetene Angebote für Seniorenreisen ins Haus? Auf dem Briefkopf ist ein alter Herr zu sehen, was andeuten soll, dass es hier wirklich um Alte geht, um Senioren, die Monat für Monat angeblich über 2.000 Euro Pension beziehen.

Die Ignoranz der Branche lässt vermuten, dass Einzelzimmerzuschläge lohnend sind, denn „Skan-Club 60 plus“ ist kein Einzelfall. Normalerweise wäre die Werbung postwendend im Papierkorb gelandet – wenn ich nicht über die Abwrackprämie gestolpert wäre.

„Skan-Club 60 plus“ preist Busreisen in großen Lettern an: im Juni für 629 Euro, im September für 649 Euro. Aus dem Kleingedruckten geht jedoch hervor, dass die Zielgruppe mit Einzelzimmerzuschlag (ohne Reiseschutzpaket und andere Extras) mit 809 beziehungsweise 829 Euro zur Kasse gebeten wird – wobei gehobene Preise nicht gehobene Ansprüche bedeuten.

Paradox ist, dass Alleinreisende unter 60 Jahren 27 Euro draufzahlen, Alleinreisende über 60 Jahre satte 180 Euro. Und das bei einem Unternehmen, dass sich mit „60 plus“ an Personen über 60 Jahre richtet!

Irritiert frage ich mich: Bedeutet „60 plus“ etwa, dass ich draufzahlen muss – obwohl ich mich als Frau, als Alleinstehende, als Seniorin dreifach diskriminiert fühle?

Warum nennt sich der Club nicht „Reisen für Grufti & Komposti“, wenn er Sechzigjährige zum alten Eisen zählt? Alleinlebende über 60 sind weder „Auslaufmodelle“ noch unzurechnungsfähige Wracks, zudem selten so dick, dass sie ein Doppelbett brauchen.

Natürlich gönne ich keinem etwas Schlechtes. Ich behaupte nicht einmal, Veranstalter hätten Millionen ihrer Kunden übersehen. Im Gegenteil. Nur halten sie es leider nicht für nötig, sich nach den Wünschen einer Zielgruppe zu richten, ohne die sie nicht existieren könnten. So völlig am Bedarf vorbei gewirtschaftet, hat schon mancher die Krise gekriegt ... und dann die Hand aufgehalten. Aber erstens bin ich nicht bereit, „Abwrackprämie“ zu zahlen, zweitens möchte ich nicht diskriminiert, drittens nicht genötigt werden.

Vielmehr wüsste ich gern, welche Erfahrungen andere Alleinlebende haben (Alleinerziehende zählen kurioserweise statisch nicht dazu, da sie Kinder haben). Meine bisherigen Recherchen ergaben, dass einige aus Prinzip sagen: „Mit mir nicht!“ und daheim bleiben während sich andere in Vierer-Kabinen auf eine Abenteuer- und Erlebnis der besonderen Art einlassen.

Große Optimisten hoffen, dass Veranstalter in der Krise umdenken müssten. Doch warum sollten sie das tun, wenn ihnen niemand auf die Füße tritt.

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16.6.2010:
Der Artikel "Skan-Club 60 plus" trifft vollständig zu. Es gibt wenige Reisen ohne EZ-Zuschlag bei o.g. Veranstalter. Noch schlimmer sind die EZ-Zuschläge bei Flußreisen oder Kreuzfahrten, also lässt man diese.

Link: http://www.altersdiskriminierung.de/themen/artikel.php?id=2461
Quelle: Büro gegen Altersdiskriminierung