27.05.2009 - von Hanne Schweitzer
Der 2. Berliner Kongress der Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) wurde von deren Noch-Chefin Dr. Martina Köppen eröffnet: Im Atrium der Deutschen Bank AG in Berlin. Die Wahl des Ortes unterstreicht das Kongressthema „Wertegesellschaft als ökonomischer Faktor.
Glaubt man der Pressemitteilung der Antidiskriminierungsstelle diskutierten dort führende Repräsentanten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik über die ökonomische Bedeutung werteorientierten Wirtschaftens.
Laut R.A. Claus Brandt kam zum 2. Kongress der ADS aber weder ein Regierungsvertreter noch irgendein Abgeordneter, und selbst einzelne Abgeordnete der BT-Fraktion der CDU/CSU, so Brandt, die zunächst zugesagt hatten, blieben ohne Absage fern.
Das stimmt in der Tendenz, ist jedoch nicht ganz richtig. Immerhin wurde der sogenannte Festvortrag am Abend vom Vize-Premierminister und Außenminister des Großherzogtums Luxemburg, Jean Asselborn, gehalten. EIN Regierungsvertreter war also anwesend, wenn auch keiner mit bundesdeutschem Paß. Trotzdem beherrscht er bzw. sein Redenschreiber die "Kunst", aktuelle Plastikwörter wie Europa, Faktor, Gesellschaft, Lissabon, ökonomisch, Strategie, Werte und Zukunft schon in der Überschrift seines Festvortrags so harmonisch miteinander zu verbinden, dass sich daraus das folgende, satzähnliche, verb-lose Gebilde ergab: Zukunft Europas: Wertegesellschaft als ökonomischer Faktor und Lissabon-Strategie".
In der Pressemitteilung der ADS wird noch ein zweiter Kongressteilnehmer namentlich genannt: Klaus-Peter Müller. Auch er eine Art Regierungsvertreter, wenn auch erst auf den zweiten Blick. Beim ersten zeigt sich Müller, der den einleitenden Vortrag auf dem Kongress hielt, als lupenreiner Vertreter des Kapitals. Letztes Jahr wechselte er von der Vorstandsspitze der Commerzbank auf den Vorsitz des Aufsichtsrats, ausserdem ist er Präsident des Bundesverbands deutscher Banken,nd führte das Immobiliengeschäft von Deutscher, Dresdner und Commerzbank in der Konzerntochter Eurohypo zusammen.
Die Kongresseröffnung fiel Müller wegen einer anderen Funktion zu. Seit Juni 2008 ist er Vorsitzender der Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex. Diese Kommission wurde 2001 von Ministerin Zypries berufen und erarbeitete bis 2002 einen Kodex, der wesentliche Kritikpunkte an der deutschen Unternehmensverfassung adressiert. Dazu gehört an erster Stelle die mangelhafte Ausrichtung auf Aktionärsinteressen. Der Kodex verfügt dank diverser Drahtseilakte nicht nur über eine gesetzliche Grundlage, nein, er wird auch ständig fortgeschrieben. Konsequenz: Die 2001 berufene Regierungskommission, der aktuell 12 Personen*, demnächst aber 13 angehören (werden), darunter eine Frau, besteht bis heute fort.
Es ist nicht bekannt, welche Mitglieder der Regierungskommisson ausser Müller auf der Tagung ebenfalls anwesend waren. Fest steht aber, dass nach dem erneuten Kongress-Flopp der ADS potentielle NachfolgerInnen von Dr. Köppen heftig mit den Hufen scharren. Bis zu den Wahlen wird sie sich noch halten. Für die Zeit danach bleibt zu hoffen, dass § 27 des AGG in dem die Aufgaben der Antidiskriminierungsstelle festgezurrt sind, dann endlich einmal im Sinne der Diskriminierten umgesetzt werden. Aber erstmal wird bekanntlich gewählt.
* Mit dem Deutschen Corporate Governance Kodex sollen die Regeln für Unternehmensleitung und –überwachung für nationale wie internationale Investoren transparent gemacht werden, um das Vertrauen in die Unternehmensführung deutscher Gesellschaften zu stärken. Die Mitglieder sind:
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