02.06.2008 - von V. Beck + I. Schewe-Gerigk
Antidiskriminierungsbeauftragte des Bundes macht sich zum Büttel der Kaczynski-Politik der Bundesregierung
Zur Warnung der Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, Martina Köppen, vor einer Ausweitung europäischer Antidiskriminierungsregeln erklären Volker Beck, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer und Irmingard Schewe-Gerigk, Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen im Bundestag:
Es ist ein unglaublicher Vorgang: Die oberste Wächterin des Bundes über den Schutz vor Diskriminierung wendet sich öffentlich gegen einen wirksameren Schutz vor Benachteiligung auf europäischer Ebene. Damit handelt Frau Köppen gegen die Interessen der Betroffenen und macht sich zur Erfüllungsgehilfin der Bundesregierung, die in der EU in Kaczynski-Manier jeden Fortschritt in Sachen Antidiskriminierungspolitik zu blockieren versucht.
Die Äußerung von Frau Köppen kommt just zu der Zeit, in der die Kommission einen neuen Richtlinienvorschlag vorbereitet, der Lücken im europäischen Antidiskriminierungsrecht schließen soll. Gegen Benachteiligung auf Grund von Alter, Behinderung, Religion, Weltanschauung und sexueller Orientierung soll künftig europaweit auch bei zivilrechtlichen Vertragsverhältnissen (z.B. Mietverträgen) vorgegangen werden können. Das deutsche Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) sieht dies bereits vor. Aus Rücksicht auf ideologische Vorbehalte der CSU will die Bundesregierung aber verhindern, dass dies auch im EU-Recht verankert wird.
Es liegt letztlich auch im Interesse der deutschen Wirtschaft, wenn europaweit gleiche Antidiskriminierungsregeln gelten. Es grenzt daher an verantwortungslose Panikmache, wenn Frau Köppen über den noch gar nicht vorliegenden Richtlinienvorschlag von einem "Schlag für die Wirtschaft" spricht. Wenn es in der deutschen Wirtschaft Ängste vor Antidiskriminierungsrecht gibt, ist es Frau Köppens Job, diese mit sachlichen Informationen auszuräumen.
Die Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes sollte sich verstärkt um das kümmern, was ihr gesetzlicher Auftrag nach dem AGG ist. Dazu gehört ganz sicher nicht der Widerstand gegen eine Annäherung des europäischen Rechts an das AGG.
Weitere Artikel, nach dem Datum ihres Erscheinens geordnet, zum Thema
Justiz:
02.06.2008: Antidiskriminierung: EuGH in Schranken verweisen
22.05.2008: Invaliditätsrente muss in allen EU-Mitgliedstaaten ausgezahlt werden
17.05.2008: Berlin will AGG nicht nachbessern
Alle Artikel zum Thema
Justiz
Zurück zur Suche nach Antidiskriminierungsstelle