
Foto: H.S.
27.10.2025 - von German Foreign Policy
Ökonomen kritisieren die Fokussierung Deutschlands und der EU auf die Rüstungsindustrie als wirtschaftlich nachteilig und weisen darauf hin, dass sie auf lange Sicht zum Abstieg eines Landes beitragen kann.
BERLIN/PARIS (Eigener Bericht) – Die Fokussierung einer Regierung auf die Rüstungsindustrie bringt ökonomisch ernste Nachteile mit sich und kann auf lange Sicht zum Niedergang eines Landes beitragen. Dies bestätigt der französische Ökonom Claude Serfati im Gespräch mit german-foreign-policy.com.
Wie Serfati konstatiert, der am Pariser Institut de recherches économiques et sociales (IRES) tätig ist, ist es leicht nachvollziehbar, dass Rüstungsausgaben weniger Wachstum und weniger Arbeitsplätze generieren als Investitionen etwa in zivile Infrastruktur oder in das Gesundheitswesen: Während letztere Vorteile für die Produktion anderer Güter brächten oder auch die menschliche Arbeitskraft stärkten, hätten Waffen keinerlei produktives Potenzial.
Serfati weist darauf hin, dass Frankreich trotz – bzw. wegen – seiner traditionellen Fokussierung auf Rüstung sowie auf militärische Technologie längst ökonomisch zurückfällt: Der Gedanke, Paris könne „auf Dauer“ dank seines Militärs seinen ökonomischen Rückstand gegenüber Deutschland ausgleichen und „Großmacht“ bleiben, habe sich als Irrtum erwiesen. Ein ähnlicher Plan treibt gegenwärtig die Versuche Berlins an, der Wirtschaftskrise zu entkommen.
In der Krise
Die Krise der deutschen Wirtschaft dauert an. Der Kfz-Industrie gelingt es nicht, sich aus ihrer desolaten Lage zu lösen; aktuell droht der Konflikt um den chinesischen Chipproduzenten Nexperia, über den vor kurzem die Regierung der Niederlande in einem bislang beispiellosen Verfahren die Kontrolle übernommen hat, die Versorgung der Branche mit Halbleitern empfindlich einzuschränken und damit die Krise noch weiter zu verschärfen.[1]
Auch die Chemiebranche kämpft mit heftigen Problemen, die zur Zeit durch den Zolldeal der EU mit den Vereinigten Staaten weiter verschlimmert werden: Weil US-Chemikalien aufgrund des Deals zollfrei in die EU gelangen, konkurrieren sie nun mit deutschen Chemikalien, die wegen der hierzulande höheren Erdgas- bzw. Energiepreise unter Druck geraten.[2]
Die Bundesregierung hofft für kommendes Jahr auf ein Wachstum von wenigstens 1,3 Prozent; dabei beruht die Hoffnung vor allem auf den milliardenschweren Infrastrukturausgaben, die der Wirtschaft einen kleinen Schub verleihen sollen. Mit langfristigen Effekten rechnen Experten allerdings nicht, da die Infrastruktur lediglich instandgesetzt und nicht um neue Elemente erweitert werden soll. Wachstum verzeichnet gegenwärtig lediglich die Rüstungsbranche, die von Berlin gleichfalls gezielt mit Milliardenbeträgen gefördert wird.[3]
weiterlesen bei German Foreign Policy unter: Link
Weitere Artikel, nach dem Datum ihres Erscheinens geordnet, zum Thema
Finanzen:
16.10.2025: Sozialpolitik in Zeiten der Kriegsvorbereitung / Herbst der Gegenwehr
13.10.2025: Staatliche Altersdiskriminierung: Wirtschaftsministerium will dämpfen, abkoppeln, streichen
02.10.2025: Entwurf des 7. Armuts- und Reichtumsberichts
Alle Artikel zum Thema
Finanzen